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Was "Betroffene" über das Frauenvolksbegehren denken

Sabrina Lang, 26.02.2018 13:54

GRIESKIRCHEN/EFERDING. Das Frauenvolksbegehren trifft nicht bei jeder Frau auf Zustimmung. Manche sehen die Forderungen skeptisch, während für andere das Volksbegehren ein wichtiger Schritt zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist. Tips hat mit führenden Politvertreterinnen aus Eferding und Grieskirchen über ihre Meinung zum Volksbegehren gesprochen. Noch bis 12. März kann das Volksbegehren auf jeder Gemeinde unterschrieben werden.

Die Einkommensschere von Mann und Frau ist ein Punkt im Volksbegehren, dennoch stößt es nicht bei allen Frauen auf Zustimmung. Foto: Wodicka

Von verbindlichen Frauenquoten in der Politik bis hin zur 30-Stunden-Woche für Frauen, Abtreibung auf Krankenschein und kostenlose Kinderbetreuung handelt das Frauenvolksbegehren. Insgesamt stehen neun Punkte im Forderungskatalog, die nicht bei jeder Frau auf Zustimmung stoßen. Für andere wiederum ist das Volksbegehren die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben der Frau und Gleichberechtigung.

 

Überzogene Forderungen

Die Bürgermeisterin der Stadt Grieskirchen und ÖVP-Bezirksfrauenvorsitzende Maria Pachner wird das Volksbegehren nicht unterschreiben. Obwohl sie viele Themenbereiche unterstützen könne, machen es ihr Forderungen wie die verpflichtende Geschlechterquote, die 30-Stunden-Woche, der Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung und die Abtreibung auf Krankenschein unmöglich, das Volksbegehren zu unterstützen. „Als Bezirksleiterin der ÖVP Frauen empfehle ich, die Forderungen genau zu überdenken und selbstbestimmt zu entscheiden. Ich persönlich werde das Volksbegehren nicht unterschreiben, weil ich die total überzogenen Forderungen im Hinblick auf Arbeitszeit und Kinderbetreuung in der Form nicht mittragen kann und weil für mich neues Leben schützenswert ist“, so Pachner. Ähnlich kritisch sieht Sabine Binder, die stellvertretende FPÖ-Bezirksobfrau, das Volksbegehren. Sie kann vor allem der Forderung nach „querer Pädagogik“ an den Schulen und Kindergärten nichts abgewinnen. „Damit soll die ominöse Gendertheorie, welche vom geschlechtlosen Menschen träumt, dort Einzug halten. Ich sage klar, dass das in den Schulen nichts verloren hat und wir Buben auch Buben sein lassen und Mädchen eben Mädchen“. Auch ist für Binder eine Arbeitszeitverkürzung auf eine 30 Stundenwoche nicht leistbar. „Der geforderte Mindestlohn von 1.750 Euro brutto ist derzeit weit von der Realität entfernt. Wichtiger wäre eine Lohnneben­kostensenkung“, meint Binder.

Veraltetes Frauenbild

Klar für das Volksbegehren spricht sich SPÖ-Bezirksfrauenvorsitzende Eva Fohringer aus. „Ich sehe, dass die jetzige Regierung sehr viele rückschrittliche Maßnahmen setzt. Man hat das Gefühl, dass alles gefördert wird, was dem Wunsch nach „Frauen zurück an den Herd“ und der Abhängigkeit der Frauen vom Gehalt der Männer zugutekommt“, kritisiert Fohringer. Jahrelang sei es ein Prestigezeichen des Mannes gewesen, wenn die Frau zuhause bleiben „durfte“, weil er genug verdient. „Dass er dabei die Kinder nicht aufwachsen sah, die Frau danach kaum Pension bekam und allzu oft in die Altersarmut schlitterte und viele andere negative Nebenerscheinungen, nahm die Familie in Kauf“, so Fohringer.

Nicht unter Wert verkaufen

Frauen und Männer sollen für Fohringer gleichermaßen arbeiten gehen können, die Familie betreuen und auch die Hausarbeit teilen. „Für mich gibt es keinen Grund, das Frauenvolksbegehren nicht zu unterschreiben, außer ich hänge einem veraltetem Bild über die Rolle der Frau, des Mannes und der Familie nach. Wenn jemand meint, dass die Forderungen zu hoch gesteckt sind: Ich gehe ja auch nicht Lohnfordern und verkaufe mich dabei unter meinem Wert, sondern pokere höher, um das zu bekommen, was ich mir wünsche“.

Keine Zwangsmaßnahmen

Für die Grieskirchner Nationalratsabgeorderte der NEOS, Karin Doppelbauer, ist das Volksbegehren nicht unterschreibbar, denn es würden wichtige Maßnahmen, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, fehlen. „Eine Forderung, die ich persönlich neben anderen kritisch sehe, ist jene nach Quoten. Insbesondere im privatwirtschaftlichen Sektor ist hier meiner Meinung nach eine Zwangsmaßnahme der falsche Weg“, so Doppelbauer. „Der Staat muss nicht nur für den qualitativen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sorgen und diesen vorantreiben, sondern sich auch um die Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle für Frauen und Männer kümmern, die eine gelungene Kombination aus Familie und Beruf für Frauen und Männer ermöglichen“.

„Ich habe unterschrieben“

Sabine Mader, stellvertretende Bezirkssprecherin der Grünen Grieskirchen, hat das Volksbegehren unterschrieben, denn: „Österreich hat einen der höchsten Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau in der EU“, so Mader. „Zum Erschrecken vieler sind sexistische Aussagen und abfällige Bemerkungen Frauen gegenüber auch mit einem Präsidentenamt vereinbar – wie in den USA sichtbar. Das Volksbegehren fordert daher das Verbot von Werbe- und Medieninhalten, die Menschen in abwertender, klischeehafter oder in sexistischer Weise dargestellt. Es setzt sich ein für eine bessere Arbeitszeitverteilung, indem bezahlte Erwerbsarbeit reduziert werden soll. Somit gibt es mehr Zeit für Mann und Frau, sich der Haus- und Sorge­arbeit zu widmen“, findet Mader. „Die weitgefassten humanistischen und frauenpolitischen Forderungen, die durch das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden müssen, gefallen mir, denn sie sind der Gegenwind zu der gegenwärtigen Politik“, so Mader. „Das Frauenvolksbegehren ist umfangreich und auch wenn man sich nicht mit allen Punkten vollends identifizieren kann, ist es wert, unterschrieben zu werden.


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