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Pfarrer Johann Gmeiner über Krisen in der Kirche: „Wir schwächeln, keine Frage“

Sabrina Lang, 14.02.2019 10:21

GRIESKIRCHEN. Die Kirche steckt in der Krise. Mehr Kirchenaustritte, weniger Gottesdienstbesucher. Pfarrer Johann Gmeiner spricht im Tips-Interview über Fehler in der Kirche, das Zölibat und warum es nichts mit Masochismus zu tun hat, dass er sich für das Priesteramt entschieden hat.

Grieskirchens Pfarrer Johann Gmeiner spricht im Interview über die Kirchenkrise und warum er eigentlich Priester wurde.Foto: LangS

Tips: Die Kirchenaustritte sind im vergangenen Jahr wieder mehr geworden – steckt die Kirche in der Krise?

Johann Gmeiner: Freilich, wir schwächeln, keine Frage. Aber man darf das Ganze natürlich nicht auf den Priestermangel reduzieren, den es natürlich gibt. Bei einem gläubigen Leben ist aber auch nicht der Sonntagsgottesdienst am wichtigsten. Das Wichtigste ist, wenn ich Christ sein will, dass ich mir jeden Tag Zeit für das stille Gebet nehme. Ich glaube, dass das viele tun, weiß es aber nicht. Der Gottesdienstbesuch wäre aber auch wichtig, denn ohne ihn würde sich alles auflösen, wie bei einem Verein, wenn sich die Mitglieder nie treffen.

Tips: Was macht die Kirche falsch?

Gmeiner: Die Kirche besteht aus Menschen. Niemand ist perfekt. Jeder hat Fehler und manche begehen nicht duldbare Fehltritte. Der Maßstab wird bei den Priestern höher gelegt, weil wir die hohen Standards ja auch predigen. Leider passieren auch kriminelle Missgriffe. Bei der Kirche ist es umso schlimmer, weil wir das Gegenteil predigen. Es schadet unserem Image und der Seelsorgertätigkeit und es entsteht ein Generalverdacht auf alle Seelsorger. Es ist nicht zu bedauern, dass diese kriminellen Vorfälle an die Öffentlichkeit gelangen, allerdings wäre es auch wichtig, nicht das Gute an der Kirche zu übersehen. Wenn eine Institution 2.000 Jahre existiert, dann sicher nicht deshalb, weil sie ständig Mist baut.

Tips: Muss die Kirche etwas anders machen? Ist es mit einer Strukturreform getan? (Details zur Kirchenreform siehe Infobox unten, Anm.)

Gmeiner: Natürlich nicht. Wir müssen unseren Inhalt verständlich rüberbringen und glaubwürdig sein. Mir ist schon bewusst, dass ich ein wichtiges Werkzeug bin, das hoffentlich brauchbar ist. Global gesehen sind wir im Wachsen, die Anzahl der Priester ist weltweit im Steigen.

Tips: Wie viele Menschen kommen am Sonntag in Grieskirchen zum Gottesdienst?

Gmeiner: Wir feiern insgesamt vier Sonntagsgottesdienste: in der Familienkirche Schlüßlberg, in der Krankenhauskapelle und in der Pfarrkirche. Von 6.600 Katholiken kommen ca. 600 zu den Gottesdiensten, also eine kleine Minderheit.

Tips: Heiß diskutiert wird immer wieder das Thema Zölibat – wie stehen Sie dazu?

Gmeiner: Mein Gott (lacht). Jesus hat erstens selber ehelos gelebt, aber nicht beziehungslos. Er hatte ein sehr unverkrampftes Verhältnis zu Frauen. Wenn jemand auf so etwas Schönes wie Ehe und Familie verzichtet, muss etwas anderes noch erfüllender sein. Wir verzichten ja nicht aus Masochismus. Mein Beruf bringt so viel Erfüllung, dass ich so leben kann. Ich wurde im Gymnasium oft von Schülern gefragt: „Wie kann man ohne Liebe leben?“ Ich sagte dann: Ohne Liebe kann man nicht leben, auch ich habe sehr viele liebevolle Beziehungen, vor allem zu Frauen, weil die für die Mitarbeit viel bereiter sind.

Tips: Warum sind Sie eigentlich Priester geworden?

Gmeiner: Ich bin schon als Volksschulkind in der Mittagspause alleine in die Kirche gegangen, um zu beten. Und ich habe ja viele schöne Erlebnisse, neben all den frustierenden. Ich kann beistehen bei Schicksalsschlägen oder bei Feierlichkeiten von schönen Ereignissen dabei sein. Das Gebot der Liebe zu predigen und für andere da zu sein, ist schön.

Kirchenstatistik:

Im Bezirk Grieskirchen/Eferding gibt es mit Stichtag 1. Jänner 2019 73.124 Katholiken.

Im Jahr 2018 traten aus der Katholischen Kirche im Bezirk Grieskirchen/Eferding 543 Personen aus (2017: 454 Personen).

2018 traten im Einzugsgebiet der Kirchenbeitrag-Beratungsstellen Eferding und Grieskirchen 53 Personen wieder bzw. neu in die Kirche ein (2017: 51).

Strukturreform der Katholischen Kirche:

Die 487 Pfarren bleiben als selbstständige Einheiten erhalten. Der Name ändert sich in Pfarrgemeinden. Die Grundfunktionen (Verkündigung, Liturgie, Caritas, Gemeinschaft) bleiben gleich. Jede dieser Pfarrgemeinden verfügt über eigenständige Vermögensverwaltung und Selbstständigkeit. Geleitet werden sie von Seelsorgeteams, denen Priester, hauptamtliche Seelsorger sowie ehrenamtlich Engagierte angehören. Aus den bisherigen 39 Dekanaten werden rund 35 Pfarren gebildet, denen durchschnittlich 14 Pfarrgemeinden angehören. Diese Pfarren werden von einem Pfarrvorstand geleitet, der sich aus dem Pfarrer als Gesamtleiter und zwei Vorständen für pastorale und wirtschaftliche Angelegenheiten zusammensetzt.


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