Igelpflegerinnen: "Am meisten ärgert uns, wie der Mensch mit der Natur umgeht"
PEUERBACH. Zwei Frauen aus Peuerbach, Regina (52) und Silvia (66) kümmern sich bereits jahrelang um die Pflege von kranken Igeln. Die beiden ärgern sich darüber, dass der Lebensraum dieses Tieres immer weiter zurückgedrängt wird.
Alles begann mit einem Igelbaby, das Silvia vor 20 Jahren gebracht wurde. Die Mutter des kleinen Igels habe auf eines ihrer Kinder vergessen, erinnert sich die 66-Jährige, die derzeit zehn Igel zuhause beherbergt. Damals hatte sie freilich noch längst nicht das Wissen von heute, doch sie probierte es einfach und holte sich in Salzburg bei einem Profi Ratschläge für die optimale Versorgung eines kleinen Igels. Hierzulande gab es damals niemanden, der sich damit auskannte, so Silvia, die aufgrund ihrer Tätigkeit als Biologie-Lehrerin zumindest ein bisschen Vorwissen aufweisen konnte.
Lebensraum zurückgedrängt
Das Überwintern und Aufpäppeln von Igeln ließ Silvia nie mehr los, ihre Freundin Regina startete mit ihr gemeinsam dieses Hobby, das sie mitunter über das Verhalten der Leute ärgern lässt. „Am meisten ärgert uns, wie der Mensch mit der Natur umgeht“, so Regina. Denn: Durch überaufgeräumte Gärten mit Robotern, die den Rasen mähen, werde der natürliche Lebensraum des Igels zurückgedrängt. Die Igel werden laut Regina von Jahr zu Jahr kränker, weil die Insekten aufgrund der kurzgeschnittenen Wiesen immer weniger werden. Stattdessen ist der Igel auf Nacktschnecken angewiesen. „Diese sind aber von Parasiten befallen und machen den Igel krank“, schildert Regina die Ursache. Die Tiere zahlen den höchsten Preis für die Bequemlichkeit der Gartenbesitzer. Die beiden wünschen sich mehr Mut von den Leuten, Teile ihres Gartens auch mal wilder zu lassen. „Es darf auch mal unaufgeräumt sein im Garten“, sagt Silvia. Damit gebe man dem Igel Möglichkeiten, sich zu verstecken. Sie selbst haben beide einen Naturgarten.
Verletzte Igel
Igel aus der Region, die von Rasenrobotern oder Motorsensen verletzt wurden oder aufgrund des dauergeschnittenen Rasens zu wenig zu essen finden, landen meist bei Regina und Silvia. Die zwei Frauen pflegen die Tiere, geben sie einzeln in Boxen und reinigen diese jeden Tag in der Früh. Mehrere Stunden pro Tag gehen dadurch drauf. „Es ist eine sehr zeit- und kostenintensive Angelegenheit“, sagt Regina, die jeden Tag um fünf Uhr in der Früh aufsteht und als Erstes in das Zimmer zu den Igeln geht.
Analyse des Kotes
Die Pflege von einem Igel ist keine einfache Sache. Das Tier benötigt einen geheizten Raum und Tageslicht. Bis sie ein gewisses Gewicht erreicht haben, werden sie tagtäglich gefüttert und gewogen. Den Igelkot verschicken die beiden freiwilligen Igel-Pflegerinnen nach Tirol zu einer Spezialistin, um die Tiere nach einer Analyse richtig zu behandeln. Das alles kostet jeweils 2.000 Euro pro Jahr. Normales Igelfutter aus dem Zoomarkt sei übrigens nicht geeignet. „Es sollte ungefähr zu 70 Prozent aus Fleisch bestehen und kein Getreide beinhalten“, betonen die beiden. Das große Ziel sei immer, den Igel gesund in den überwachten Winterschlaf zu schicken und danach auszuwildern, da es ein Wildtier ist und kein Kuschel- oder Haustier, sind sich Silvia und Regina einig.
„Schlaflose Nacht“
Doch was fasziniert die zwei Peuerbacherinnen so besonders am Igel? „Der Igel wurde in den letzten Jahren zum gefährdeten Tier, weil ihr Lebensraum weniger wurde, dem wollen wir entgegensteuern“, sagen die beiden und ergänzen: „Unsere Männer müssen eine große Toleranz mitbringen, denn gerade in diesen Zeiten dreht sich alles um den Igel“, sagt Silvia, die sogar in der Nacht aufsteht, um nachtaktive Igel-Babys zu füttern. Doch trotz der intensiven Bemühungen sterben manche Tiere. Gewöhnt haben sich die beiden immer noch nicht daran. „So ein toter Igel sorgt manchmal für eine schlaflose Nacht“, erzählt Regina.
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