
Pollham/Gallspach/Wels. Christiane Forst zog vor drei Jahren der Liebe wegen von Deutschland nach Pollham. Damals ahnte sie nicht, wie nahe sie so ihrer Familiengeschichte kam. Durch ihren Onkel fand sie nicht nur Neues über die Vergangenheit ihres Vaters Helmut heraus, sondern auch neue Familienmitglieder.
Christiane Forst wusste, dass ihr verstorbener Vater während den Kriegswirren nach Oberösterreich zur Verwandtschaft kam, dass er in Kremsmünster zur Schule ging und in Schärding maturiert hatte. Was sie jedoch nicht wusste, erfuhr sie durch die Recherchen ihres 82-jährigen Onkels Reinhard aus Deutschland. „Als ich vor drei Jahren nach Oberösterreich gekommen bin, habe ich den Dialekt ganz gut verstanden, weil ich mit einem böhmisch-österreichischen Vater aufgewachsen bin und mein Vater während seiner Krankheit wieder in seinen österreichischen Dialekt zurückfiel. Also war es für mich eine unglaublich intensive Erfahrung, als ich mit meinem Onkel und meinen beiden Cousins in die Familiengeschichte eintauchte“, erzählt Forst.
Die Geschichte
Wegen den Unsicherheiten der Nachkriegszeit schickte das damals in Prachatitz (Tschechien) lebende Ehepaar Forst ihre 18 und 15 Jahre alten Söhne Ulf und Helmut – allein und zu Fuß – im Januar 1945 zu ihrer Tante, die in Vornwald bei Gallspach lebte. Der vierjährige Reinhard blieb bei den Eltern zurück und seine Brüder schlugen sich in knapp drei Wochen nach Vornwald durch. Die Kälte und die Anstrengungen führten bei Helmut aber zu einer schweren Lungen- und Rippenfellentzündung und er kam nach Wels ins Krankenhaus. Dort wurde man damals noch nicht mit Essen versorgt, doch zum Glück lebte in Wels eine Cousine von Christiane Forsts Großvater, Justine Vogl. Sie brachte dem Jungen Milch und Semmeln und rettete ihm so möglicherweise das Leben.
Auf den Spuren der Vergangenheit
Mit dieser Geschichte hatte sich Reinhard Forst bereits 2022 an die Welser Tips gewandt und um einen Aufruf nach Verwandten gebeten. Auf den Tips-Beitrag hin meldete sich Isabella Neubauer, eine Enkelin von Justi Vogl, bei ihm und schließlich begegneten Christiane sowie Reinhard Forst und zwei Söhne Ulfs ihren oberösterreichischen Verwandten bei einem Treffen in Wels zum ersten Mal. „Wir waren in Wels, haben Verwandte getroffen, von denen ich überhaupt nicht wusste, dass ich sie habe“, ist Christiane Forst gerührt. Nach dieser Begegnung suchten die Forsts in Vornwald nach dem „Jagerhaus“, in dem 1945 die Familie Steinbrener lebte, zu der sich die beiden Brüder gerettet hatten. Durch Zufall fanden sie auf Anhieb die Besitzerin des Jagerhauses und diese zeigte Christiane Forst und ihren Cousins, wo ihre Väter 1945 Zuflucht gefunden hatten. Die Pollhamerin ist überwältigt von den vielen Zufällen, die sie hierher geführt haben: “Von allen Orten, wo mein Vater mit seinem Bruder hin fliehen konnte, war es Vornwald – ein Ort der nur ungefähr acht Kilometer von dort entfernt ist, wo ich jetzt wohne. Das war für mich ein bisschen wie Schicksal, da schließt sich ein ganz großer Kreis. Wir haben in Vornwald das Haus besichtigen dürfen, das das Ziel der ganzen Fluchtgeschichte war, weil wir durch einen großen Zufall die Frau fanden, der das gehört. Das war ein sehr intensives Erlebnis für mich.“