Yvonne Gili ist die starke Frauenstimme in einer Männer-Domäne
WAIZENKIRCHEN. Tischlerin, Gewerkschafterin und starke Frauenstimme in einem Männerberuf: Yvonne Gili ist seit 2019 Bundesfrauenvorsitzende in der Gewerkschaft Bau-Holz. Mit Tips hat die 31-Jährige darüber gesprochen, wie es sich als Frau in einer Männer-Domäne leben lässt.
Tips: Sie haben den Tischlerberuf gelernt – was hat Sie daran fasziniert?
Yvonne Gili: Ich komme aus einer Tischler-Familie. Mein Urgroßvater väterlicherseits hatte eine Tischlerei in Inzing, Waizenkirchen. All seine Söhne und zwei Geschwister meines Vaters, sowie mein Vater selbst haben den Tischler-Beruf erlernt, so auch meine Schwester. Schon in der ersten Klasse der Volksschule stand für mich fest: Ich werde Tischlerin. Ich liebte den Geruch von Holz und war fasziniert, was man alles aus diesem Werkstoff machen kann.
Der Tischlerberuf ist eher männlich besetzt – war es schwierig, sich als Frau da durchzusetzen?
Durchsetzen lernte ich sehr früh am Fußballplatz, wo ich einen großen Teil meiner Kindheit verbrachte. Ich hatte das Glück, dass es zu meiner Zeit zwar selten, aber schon üblicher war, als junge Frau Tischlerin zu lernen. Weiters war ein wichtiger Schritt für mich schon in der Hauptschule, wo ich mich entschied, statt textilem Werken technisches Werken zu wählen. Da ich hier schon immer eher mit männlichen Kollegen beisammen war, war es für mich einfacher, sich unter den vielen Jungs Gehör zu verschaffen.
Welche Aufgaben haben Sie als Bundesfrauenvorsitzende und stv. Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz?
Meine Aufgabe ist, ein Sprachrohr für die Frauen in unserer Gewerkschaft zu sein. Die Anliegen der Frauen decken sich sehr oft mit denen der Männer. Digitalisierung, altersgerechtes Arbeiten sind nur zwei von vielen gemeinsamen Themen. Jedoch sind nach wie vor gleicher Lohn bei gleicher Arbeit oder eben auch Diskriminierung am Arbeitsplatz Themen, die Frauen beschäftigen. Ich versuche diese Dinge, die hier an mich herangetragen werden, weiterzuleiten und mit dem Bundesfrauenvorstand Lösungen auszuarbeiten.
Welche Anliegen/Sorgen/Probleme haben Frauen in Männerberufen?
Sehr oft ist der Umgangston in manchen Firmen sehr rau. Das kann schwierig sein für Frauen. Weitere Probleme sind der Wiedereinstieg nach der Karenz, da es sehr oft nur Vollzeitstellen gibt. Mir selbst ist es in meiner Lehrzeit auch passiert, dass man auch wegen körperlicher Defizite aufgezogen wird. Meldungen wie Sicherheits-“High Heels“, sind zwar lustig gemeint, können aber auch verletzend bei dem Gegenüber ankommen, zumal die Größe nicht nur ein Thema ist, welches Frauen betrifft.
Was können die Männer in solchen von ihnen dominierten Sparten von Frauen lernen?
Ich denke, man kann immer voneinander lernen. Schubladendenken hilft niemandem. Am besten ist es, hier immer alles offen anzusprechen. Wenn mich als Frau etwas stört, darf ich das ansprechen. So können wir voneinander lernen, was uns an dem Gegenüber stört.
Was sind die positiven Ereignisse als Frau in Männerberufen?
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass manchmal Arbeitsplätze mit anderen Augen betrachtet werden, wenn Frauen darauf arbeiten. Dies ist nicht nur ein Vorteil für Frauen, sondern oft auch für Männer. Da hier Arbeitshilfen angebracht werden, die es auch für Männer sowie Frauen leichter machen, zu arbeiten.
Welche Schattenseiten gibt es?
Als ich eine Lehrstelle suchte, war ein großes Thema, ob denn Toilettenräume für Frauen vorhanden sind. Das macht es schwerer, eine Arbeitsstelle zu finden. Sehr oft sind es auch Vorurteile, die ein Problem darstellen. Schafft es das vermeintlich „schwache Geschlecht“ überhaupt, der Arbeit gerecht zu werden? Diese Vorurteile machen es für Frauen schwierig, ihren Traumberuf auszuüben. Rollenbilder sind hier ein großes Thema, doch ich denke, im 21. Jahrhundert sollte jeder dem Beruf nachgehen können, den er/sie sich wünscht. Egal, ob ein Mann Friseur oder eben eine Frau Tischlerin werden will.
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