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Endlich angekommen in ihrem "recycelbaren" Vollholzhaus

Katharina Vogl, 22.02.2019 19:10

HARRUCK. Ein recycelbares Haus zu bauen, das war schon seit jeher ihr Traum. Esther Hörl und Jonathan Mollner haben sich diesen mit einem Vollholzhaus erfüllt. Mit viel Herzblut gingen sie an die Planung, um ihr Zuhause möglichst nachhaltig zu gestalten. Sogar der ein oder andere Baum, der ihnen ihren wichtigsten Baustoff lieferte, ist ihnen bekannt.

  1 / 3   Esther Hörl und ihre kleine Familie freut sich nun Wurzeln schlagen zu können - in ihrem behaglichen Vollholzhaus in Harruck. Foto: KaVo/Tips

Mmh - ein herrlicher Holzgeruch kommt einem schon beim ersten Eintreten entgegen. Man könnte meinen, man steht mitten im Wald. Aber nein, wir befinden uns im Vollholzhaus von Esther Hörl und Jonathan Mollner in Harruck (Gemeinde Groß Gerungs), das sie selber durchdacht, geplant und mit Hilfe einer regionalen Firma umgesetzt haben. „Nachhaltig zu bauen, das hatten wir schon immer in unserem Kopf“, meinen die beiden, die beruflich zuvor in Wien angesiedelt waren. Ihr Herz war allerdings im Waldviertel zuhause, wo auch Jonathan seine Wurzeln hat.

Als sich 2014 Nachwuchs mit Sohn Benjamin ankündigte, wurde der Entschluss gefasst, das jahrelange Pendeln sein zu lassen und endgültig auf das Land zu ziehen, etwas Eigenes sollte her.

Informieren und recherchieren

Der Entschluss war gefasst, nun hieß es informieren und recherchieren, vieles wurde besichtigt. Neben der nachhaltigen Bauweise sollte es regional sein, dazu sollte möglichst viel Wertschöpfung in der Region bleiben. „Schon bald entschieden wir uns für ein Vollholzhaus, wir wollten nicht in einem dichten Plastikcontainer wohnen“, meint Esther. Schließlich seien sie umgeben vom nachwachsenden Rohstoff Holz, jede Sekunde wächst im Wald ein Kubikmeter nach. Recycelbar sollte es sein, und zudem „möglichst wenig an Eisen, Stahl oder Beton enthalten“, betont Jonathan, vom Beruf Bildhauer. Als Partner stand ihnen Familie Zainzinger aus Lichtenau (Schönbach) mit ihrem Naturi®-Haus zur Seite.

Der Einreichplan stand, der Brunnen wurde gebohrt, die Baggerarbeiten begannen, das Streifenfundament wurde gemacht. Auf den Estrich wurde bewusst verzichtet, so musste auch nichts trocknen. „Die ganze Holzkonstruktion steht 20 Zentimeter in der Luft, es liegt eine Dübeltramdecke darauf, isoliert wurde mit Holzspänen“, erklärt Jonathan den Unterbau. Diese Art und Weise stammt aus Skandinavien und sei in der Waldviertler Region noch ziemlich unbekannt, erzählen die zwei.

Am 21. März 2017 startete der eigentliche Holzbau, bis auf wenige Einheiten wurde alles vor Ort zusammengebaut, Ende April stand das zweigeschossige Haus in seiner vollen Pracht. Die Kosten der Konstruktion mögen auf den ersten Blick die eines Massiv-Rohbaus übertreffen, „aber was nicht vergessen werden darf, man erspart sich diverse Innenarbeiten“, betont Jonathan.

300 Festmeter verbaut

„Insgesamt wurden 300 Festmeter Holz verbaut, während es sich außen um eine Lärchenschalung handelt, finden sich im Hausinneren hauptsächlich Fichte und Kiefer wieder“, erläutert der bald 30-Jährige. Lackierte Flächen sucht man hier vergeblich, viel mehr Wert wird auf ein atmungsaktives Haus, „die natürliche Klimaanlage“, gesetzt. Dank intelligenter Stecksysteme und Verkeilungen der Holzstäbe, die – stehend verarbeitet – das natürliche Schwind- und Quellverhalten des Holzes nutzen, entsteht eine winddichte Wand, das Holz kann sich nicht verdrehen und Verleimungen oder Folien sind überflüssig.

Mit der Sonne arbeiten

Des Weiteren weist der Rohstoff Holz sehr gute Dämmwerte auf, nur im Dachboden wurde auf eine Schafwolldämmung zurückgegriffen. Was den Brandschutz betrifft, bekommen Massivholzkonstruktionen die besten Noten, da sie als äußerst schlechte Wärmeleiter gelten. „Alles ist so angelegt, dass wir bestmöglich mit der Sonne arbeiten“, erläutert Esther. So fällt der niedrige Sonnenstand im Winter direkt ins Haus und sorgt für Wärme, im Sommer liefern die Vordächer die dementsprechende Beschattung. Für behagliche Wärme, Warmwasser und Strom sorgen neben Infrarotpanelen auch ein großer Kachelofen in der Mitte des Hauses, ein wasserführender Küchenofen sowie die Photovoltaikanlage am Dach.

Ein Bad mit viel Holz

Im Inneren des Hauses wurde da und dort auf atmungsaktiven und klimaregulierenden Lehmputz gesetzt. „Dieser nimmt - wie auch Holz - irrsinnig viel auf und gibt wieder ab, so laufen unsere Spiegel im Bad beispielsweise nicht an“, freut sich Bauherrin Esther. Staunen lässt viele Besucher das Waschbecken aus Holz, das Jonathan aus einem dicken Pfosten anfertigte und mit zig Schichten an Leinöllack ummantelte, „darum perlt das Wasser so schön ab“. Geputzt wird dieses nicht mit kratzigen Bürsten sondern mit schonenden Lappen.

Eine Badewanne aus Holz steht als nächstes auf der To-do-Liste von Jonathan. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Rückwände und der Boden in der Dusche ebenfalls aus Holzplatten bestehen. Ein Steinmosaik oder eingearbeitete Holzelemente im Fußboden werten das Bad optisch weiter auf. „Es ist toll, einen geschickten Mann zu haben, ich glaube er hatte jedes einzelne Teil vom Haus schon mindestens einmal in der Hand“, schmunzelt Esther. Dieser hat in der kommenden Zeit noch alle Hände voll zu tun.

Neben der besagten Badewanne müssen unter anderem noch die Innentüren angefertigt werden, die Stiegen sowie der Kachelofen verputzt werden. Auch die Terrasse rund um das Haus fehlt noch. „Es wächst nach und nach mit uns, zuerst haben wir gecampt, dann haben wir gehaust und jetzt wohnen wir schon“, lacht Esther.

Wurzeln schlagen

Nichts desto trotz sind die beiden endlich angekommen. Fast zwei Jahre nach der Baugenehmigung konnte nun die Fertigstellung auf der Gemeinde bekanntgegeben werden. Ein Meilenstein, insbesondere für Esther Hörl, die bereits 17 Übersiedlungen in ihrem Leben hinter sich hat. „Länger als ein Jahr an einem Ort zu sein, hat mir früher Angstschweiß verursacht, heute ist es schön, wirklich heimkehren zu können. Wir können uns definitiv vorstellen hier alt zu werden“, strahlt Esther und meint in Richtung ihres Partners: „Du kommst zurück und ich komme an.“


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