Gefangen vom eigenen Körper: wenn Zellen entarten
HORN. Der 4. Februar rückt alljährlich als internationaler „Weltkrebstag“ eine der häufigsten Todesursachen in das Bewusstsein der Bevölkerung. An diesem Tag stehen die Vorbeugung, Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen im Mittelpunkt. Die Diagnose „Krebs“ löst bei den Betroffenen in der Regel einen großen Schock und enorme Angstgefühle aus. Maria Fehringer von der Krebs-Beratungsstelle Horn steht Tips Rede und Antwort zu diesem hochemotionalen Thema.
Krebserkrankungen sind in Österreich für etwa ein Viertel aller Todesfälle verantwortlich. Jedes Jahr sterben rund 20.000 Menschen an der heimtückischen Krankheit.
Die Diagnose trifft meist wie ein Blitz, ohne „Vorwarnung“, löst eine Art Schockzustand aus. Angst, Wut, Verzweiflung, Ungewissheit – für die meisten eine emotionale Achterbahn. Oft wird dieses Gefühl des Ausgeliefertseins durch zu wenig Wissen um die Krankheit verstärkt. Nicht nur für den Erkrankten selbst, sondern auch für dessen Angehörige bedeutet dies einen tiefen Lebenseinschnitt. Es gehört viel Mut, Kraft und Liebe dazu, diese schwierige Zeit zu meistern. Die Österreichische Krebshilfe hilft dabei, mit dieser Situation umzugehen. In den Beratungsstellen werden Erkrankte und Angehörige betreut - persönlich, kostenlos und anonym - so auch in Horn.
Tips: Statistisch betrachtet häufen sich mit der steigenden Lebenserwartung auch die Krebserkrankungen. Ist das auch in Ihrer Arbeit in der Beratungsstelle zu spüren?
Maria Fehringer: Ja, in allen unseren Beratungsstellen ist die Tendenz kontinuierlich leicht steigend. Das gilt auch für meine Region im Waldviertel. Im Mai werden es fünf Jahre, dass ich die Beratungsstelle in Horn übernommen habe. Zuvor hat meine Kollegin bereits zwei Jahre mit geringfügigen Stunden in Horn begonnen. In den ersten Jahren in Horn war es zudem auch einmal wichtig, unsere jüngste Beratungsstelle (von sechs in ganz Niederösterreich) etwas zu etablieren.
Tips: Welche Infos sind in der Beratungsstelle besonders gefragt?
Maria Fehringer: Wir bieten psychosoziale beziehungsweise psychoonkologische Beratung und Begleitung für Krebspatienten, aber auch für deren Angehörige kostenlos und wenn gewünscht, anonym an. Von der Diagnoseverarbeitung, während der Therapie, bis zur Nachsorge oder auch Trauerarbeit. Weiters geben wir sozialrechtliche Auskünfte, wie etwa über Krankengeld oder Pflegegeldantrag, und vielem mehr und/oder verweisen weiter an andere Stellen. Meist stehen in der Beratung die Ängste und Sorgen, wie wird es weitergehen, wie rede ich mit meinem Umfeld über meine Erkrankung, wie kann ich es meinen Kindern beibringen, oder auch die große Angst vor dem Sterben, im Vordergrund. Hier ist es für uns Berater in erster Linie sehr wichtig, einfühlsam zuzuhören, den geschützten Rahmen und Sicherheit zu geben, damit die Patienten ihren Gefühlen Raum geben können und für sie die nächsten Schritte klarer werden können. Aber auch die Partner oder Kinder von Krebspatienten stehen unter großer Anspannung und sind oft sehr verzweifelt. Sie wollen natürlich den geliebten Menschen helfen und für ihn da sein. Dabei müssen sie oft an ihre Grenzen gehen und brauchen meist selbst Unterstützung.
Tips: Wie sieht das Angebot in der Beratungsstelle aus, wie viele Personen nehmen dieses Service in Anspruch?
Maria Fehringer: Unser Angebot umfasst Präventionsarbeit, Aufklärung und Infos über Vorsorge und Früherkennung. Hauptaugenmerk ist die Beratung und Begleitung von Krebspatienten und deren Angehörigen mit allen Fragen zum Thema Krebs. Weiters bieten wir finanzielle Unterstützung für Patienten an, wenn sie aufgrund ihrer Erkrankung in eine finanzielle Notsituation kommen. In Niederösterreich findet ungefähr jeder zehnte Krebspatient der jährlichen Neuerkrankungen zu uns in die Beratungsstelle (ungefähr 3.500 Beratungen jährlich).
Tips: Wie gehen Sie persönlich mit den Schicksalsschlägen Ihrer „Klienten“ um? Nimmt man vieles von diesen Geschichten mit nach Hause?
Maria Fehringer: Grundsätzlich habe ich bereits während meiner psychosozialen Ausbildung, bei meinen ersten Praktikumserfahrungen gemerkt, dass es für einen sozialen Beruf sehr wichtig ist, mitfühlen zu können, jedoch auch zu lernen, nicht mit zu leiden. Und ich kann damit soweit gut umgehen. Jedoch habe ich auch in den Jahren erkannt, dass es mit den zunehmenden Beratungen von großer Wichtigkeit ist, laufend Supervisionen in Anspruch zu nehmen.
Tips: Was schätzen Sie am meisten an Ihrer Arbeit und was ist für Sie am schwierigsten?
Maria Fehringer: Ich beginne mit dem Schwierigen: Natürlich oft die Erkenntnis hinnehmen zu müssen, nur beschränkt helfen zu können, und die Erkrankung nicht wegzaubern zu können. Oder wenn ich Krebspatienten berate, die Kinder haben, ich selbst bin Mutter von drei Kindern. Ich bin oft viel dankbarer für alles, denn ich erlebe immer wieder, wie schnell so eine Diagnose ein Leben auf den Kopf stellt. Ich nehme nicht mehr alles als selbstverständlich. Das „Helfen können“ ist das Besondere und Schöne: wenn man zum Beispiel in der Beratung einfach „nur“ zuhört, und die Tränen fließen dürfen. Und der Mensch dann erleichtert und zuversichtlicher den Beratungsraum wieder verlässt, dann weiß ich, warum ich diesen doch auch sehr anstrengenden Beruf mache.
Tips: Wofür werden die Spendengelder verwendet?
Maria Fehringer: Unser gemeinnütziger Verein lebt zum überwiegenden Teil von Spendengeldern. Ich war sehr überrascht, als ich zu Beginn meiner Tätigkeit erfahren habe, dass wir nur eine Förderung vom Land – und um die müssen wir jährlich kämpfen – bekommen. Ebenso erstaunt bin ich über die Tatsache, dass wir uns mit Spendengeldern die Jahre über halten können - und dass ist wirklich nicht einfach. Es hat natürlich jede gemeinnützige Organisation ihre Berechtigung und natürlich wird überall das Geld gebraucht. Aber wo wird leider sehr schnell und oft gespart? Im sozialen Sektor, leider dort, wo es um Menschenschicksale geht. Doch ich muss auch sagen, dass es wunderschön ist, wenn ich erleben darf, wie sich Menschen für Menschen engagieren: wie etwa der „Wunschlauf“ in Pleissing (Tips berichtete) oder kurz vor Weihnachten in Moorbad Harbach, wo wir Geld aus einer Punschstandaktion erhielten.
Das Geld wird nicht nur zur Aufrechterhaltung unserer Beratungsstellen verwendet, wobei die Erweiterung wünschenswert/notwendig wäre, sondern auch für den Soforthilfefond (finanzielle Unterstützung von Krebspatienten bei Eintreten eines Notstandes), Unterstützung der Forschungsarbeit (aufgrund unserer Vereinsstatuten sind wir verpflichtet, einen Teil der Spendeneinnahmen der Krebsforschung zur Verfügung zu stellen) sowie für die wichtige Präventionsarbeit, Aufklärung und Info über Vorsorge und Früherkennung.
Beratungsstelle Horn
Montag von 8.30 bis 11.30 Uhr
Gebietskrankenkasse Horn, Stephan-Weykerstorffer-Gasse 3
Tel.: 050899-0889
Dienstag von 8.30 bis 11.30 Uhr
Landesklinikum Horn, Spitalgasse 10
Voranmeldung unter:
0664/886 235 86
Spendenkonto:
IBAN: AT90 5300 0032 5560 0590BIC: HYPNATWWXXX
Spenden sind steuerlich absetzbar!
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