Donnerstag 28. März 2024
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BEZIRK HORN. Es ist ein Thema, das stark polarisiert und äußerst kontrovers diskutiert wird. Gerade das trägt dazu bei, dass die Verunsicherung wächst. „Impfen - ja oder nein?“ Spätestens als frischgebackene Eltern steht man vor dieser wichtigen Entscheidung und der schier unendlichen Informationsflut in Fachmagazinen- und büchern sowie dem World Wide Web mit seinen unzähligen Foren. Tips hat sich bei der Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Christine Saahs, über Vor- und Nachteile von Impfungen informiert.

Dr. Christine Saahs setzt auf individuelles Impfen: „Ein Arzt hat die Aufgabe, aufzuklären und zu beraten. Die Entscheidung liegt aber beim Patienten.“      Foto: LenO
photo_library Dr. Christine Saahs setzt auf individuelles Impfen: „Ein Arzt hat die Aufgabe, aufzuklären und zu beraten. Die Entscheidung liegt aber beim Patienten.“ Foto: LenO

Selbst Mutter von zwei Kindern praktiziert die Medizinerin in ihren Praxen in Horn und Krems Anthroposophisch erweiterte Medizin, eine ganzheitliche komplementärmedizinische Richtung.

Aufgrund ihrer Einberufung als erste österreichische Ärztin in den Vorstand von Europas führender Gesundheitsallianz EPHA in Brüssel wird sie die Praxis in Horn allerdings nur noch bis Ende Juni führen können. „Die Zeit erlaubt es mir leider nicht mehr. Ich bin darüber auch sehr traurig, denn ich habe sehr gerne in Horn ordiniert“, erzählt Saahs einleitend.

Ihre Rolle bei Patientenfragen zu Impfungen definiert sie ganz klar: „Mein Anliegen ist vorrangig eine umfangreiche Aufklärung. Hier spielt der Zeitfaktor eine große Rolle. Ärzte mit Kassenvertrag haben in der Regel einfach gar nicht die Zeit, jeden Patienten individuell aufzuklären“, gibt die Privatärztin zu Bedenken.

Fakt ist, Impfungen zählen zu den wirksamsten Maßnahmen, um Infektionskrankheiten zu verhindern. Schutzimpfungen haben nicht nur eine Wirkung auf die geimpften Personen selbst, sondern können indirekt auch nicht geimpfte Menschen vor einer Erkrankung schützen, da sie die weitere Verbreitung einer Infektionskrankheit stoppen oder verringern (Herdenschutz).

Niedrige Durchimpfungsrate

Aktuell gibt es etliche Berichte über eine Ausweitung der Masernerkrankung. So berichtet etwa das österreichische Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, dass laut nationalem Meldesystem im Jahr 2017 in sieben Bundesländern insgesamt 95 Masernfälle (Stand 5.1.2018) gezählt wurden. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2016.

Grund für diese Ausweitung sieht Saahs in der Verschiebung des Erkrankungsalters: „Früher kamen die Menschen trotz Impfung häufig in Kontakt mit der Erkrankung und holten sich dadurch sozusagen nochmal einen „Booster“. Heute fehlt das und immer mehr Jugendliche und Erwachsene erkranken. Der „Nestschutz“ fehlt: Weil die Mütter die Erkrankung nicht durchgemacht haben, können diese auch keine Antikörper weitergeben.“

„Impfen ist kein „Für und Wider“ sondern vor allem eine Frage von „alles zu seiner Zeit“.“

Zitat, Dr. Christine Saahs

Interessant zu wissen ist auch, dass Lebendimpfungen (wie eben auch die Masern-Schutzimpfung) nicht aufgefrischt werden können. Warum sind dann aber zwei Impfungen im Impfpass vorgesehen? „ Die erste Impfung schützt bis zu 87 Prozent der Geimpften. Mit der zweiten Impfung werden gerade mal zwei weitere Prozent abgedeckt“, klärt die Kinderärztin auf. „Masern sind deshalb ein so großes Thema, weil die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Ausrottung erreichen möchte. Dazu aber wäre eine Durchimpfungsrate von über 98 Prozent nötig.“

Persönlich gibt sie die Empfehlung einer deutlich später angesetzten Impfung als bereits mit neun Monaten, wie im österreichischen Impfplan empfohlen (siehe: www.bmgf.gv.at).

„Mein größter Wunsch wäre, dass bei Impfungen sowohl wirtschafts- als auch studienunabhängig ganz individuell auf den Menschen eingegangen wird - mit ausreichender Aufklärung! Die Interessen der Menschen müssen im Vordergrund stehen. So kann auch wieder das Vertrauen der Menschen gewonnen werden.“

Zitat, Dr. Christine Saahs

„Impfungen werden deshalb so früh empfohlen, um eine gute Durchimpfungsrate zu erreichen - das erzielt man am besten bei Säuglingen“, so die Ärztin, „Impfungen wie Hepatits B, Tetanus, Diphterie und Kinderlähmung (sechsfach Impfung) sind aber sehr früh angesetzt - so wäre etwa ein Tetanusschutz erst bei Verletzungsgefahr angezeigt - ein Säugling wird diesen Schutz im Normalfall nicht benötigen. Zudem ist Österreich seit Jahren frei von Diphterie- und Kinderlähmungserkrankungen.“

Im Gespräch erläutert sie, dass Impfstoffe bei Kleinstkindern deutlich höher dosiert verabreicht werden müssen um einen Schutz gewährleisten zu können, da das Immunsystem noch nicht ausgereift ist. Das „unspezifische Immunsystem“, das zu dieser Zeit aktiv ist, ist der erste Schutzschild des Körpers. Erst mit der Zeit wird der Körper sich merken, was er durchgemacht hat und daraus „lernen“ um im Ernstfall Antikörper gegen Erreger bilden zu können.

Vom Spiel mit der Angst

„Leider arbeiten sowohl die massiven Impfbefürworter, als auch die strikten Impfgegner sehr stark mit Angst – und das ist nie sachlich. Angst ist auch für eine Entscheidung nicht hilfreich. Alleine dass es europaweit keine zwei Länder gibt, die die gleiche Impfempfehlung aussprechen zeigt, dass es hier nicht nur einen richtigen Weg gibt und verdeutlicht die große Diskrepanz und die unterschiedlichen Studienergebnisse.“ Klare Worte findet Saahs für den österreichischen Impfplan: „Der gehört deutlich reduziert und angepasst. Altersentsprechend und situationsbedingt muss hier auf jeden einzelnen Patienten und sein Umfeld eingegangen werden. Der Arzt soll sich ja an die Impfempfehlungen halten - aber brauchen wir wirklich eine Impfung gegen Diphterie/Tetanus im ersten Lebensjahr?“

Impflicht in Österreich

Von einer gesetzlichen Impfpflicht, wie kürzlich in Italien beschlossen, hält die Medizinerin nichts: „Pflicht ist nie ein guter Weg. Man darf den Eltern nicht ihre Kompetenz absprechen und muss auf Aufklärung setzen.“

„Es gibt Risiken auf beiden Seiten - wichtige Schutzimpfungen, die vor Erkrankungen schützen ziehen oft Nebenwirkungen nach sich. Diese sind allerdings schwer nachweisbar. Folgeerscheinungen von Impfungen können kindlicher Diabetes, Autismus, Epilepsie, Allergien und Autoimmunerkrankungen sein. Leider gibt es dazu keine Langzeitstudien und so stehen nach wie vor Diskussionen im Raum, ob Impfungen damit in Zusammenhang stehen“, sieht Saahs noch deutlichen Forschungsbedarf.

Sinnvolles Impfen

Auf die Frage, welche Impfungen sie persönlich als vernachlässigbar erachtet, nennt Saahs den Rotavirus: „Diese Impfung kann man mit ruhigem Gewissen weglassen. Nach der Durchimpfung ist die Rate der Erkrankungen sogar um sieben Prozent gestiegen. In Frankreich wurde sie nach zwei gerichtlich bewiesenen Todesfällen (Darmverschluss) bereits wieder abgesetzt.“

Auch auf die Keuchhusten-Impfung kann nach ihrer Einschätzung verzichtet werden. Grund dafür ist die schlechte Wirkung des Impfstoffes - so kann eine Erkrankung, trotz Impfung, sehr stark verlaufen. Bei der Grippeschutzimpfung verhält es sich ähnlich. Nachdem das Virus jährlich modifiziert, ist die Entwicklung des Impfstoffes eher ein „Ratespiel“. Trotzdem wird die Impfung weiterhin empfohlen. „Hier spielt der wirtschaftliche Faktor eine große Rolle“, bringt es die Ärztin auf den Punkt. Auch zum Thema HPV-Impfung hat sie eine klare Meinung: „Eine bessere Vorsorgeuntersuchung samt detaillierter Aufklärung für Frauen ab 30 Jahren wäre besser als die Impfung.“

Generell gilt, mittels Titer-Bestimmung (Blutabnahme) kann jeder individuell überprüfen lassen, ob ein Impfschutz noch gegeben ist oder nicht.

Mehr Infos zum individuellen Impfen: www.individuelle-impfentscheidung.de

Wie erwartet hat unser Artikel zu diesem brisanten Thema sehr stark polarisiert.

Auch Kinderarzt Dr. Heinz Eggenbauer hat sich sehr ausführlich zu Wort gemeldet.

Hier geht's zum Artikel: https://www.tips.at/news/horn/leben/430756-impfdebatte-2-0


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