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Wo sich Jäger und Hirsch „Gute Nacht“ sagen

Susanne Winter, MA, 04.02.2020 19:34

ROSENAU AM HENGSTPASS. Dort, wo sich sprichwörtlich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen, lebt Michael Kirchweger mit seiner Frau Erni. Der 60-Jährige ist Ranger im Nationalpark Kalkalpen und betreut das Gebiet rund um das Forsthaus Bodinggraben. Tips war bei einer Rotwildfütterung dabei.

Die Hirsche lassen sich von der Beobachtungs-Plattform gut beobachten. Foto: Winter
  1 / 6   Die Hirsche lassen sich von der Beobachtungs-Plattform gut beobachten. Foto: Winter

Bereits die Anfahrt in den Bodinggraben ist ein kleines Abenteuer. 30 Minuten mit dem Auto – rund 20 Kilometer – geht es von Molln aus entlang der Krummen Steyrling und durch die Breitenau immer tiefer hinein in den Talschluss im Bodinggraben. Handyempfang? Fehlanzeige!

Vier Leute wohnen im Bodinggraben

Bei der Jausenstation „Jagahäusl“, die sich bereits im Gemeindegebiet von Rosenau befindet, angelangt, wartet Michael Kirchweger schon auf die Besucher. Einst wohnten 30 Leute im Bodinggraben. Das älteste noch bestehende Haus ist bereits 1757 in der Pfarre Windischgarsten erwähnt. Michael Kirchweger, seine Frau und Tochter bewohnen seit 2008 eine Dienstwohnung im Forsthaus und ein Wirt das Jagahäusl.

Kapelle für Rosalia und Anna

Auch eine Kapelle befindet sich im Bodinggraben. Diese errichtete der Sensenwerksbesitzer Zeitlinger 1843 für seine Tochter Rosalia. Ab 1878 gehörte sie den Grafen Lamberg. Nach Anna von Lamberg wird die Kapelle auch Annakapelle genannt.

Forsthaus der Fürsten

Zu Fuß geht es weiter, vorbei am Forsthaus Bodinggraben, das einst den Grafen Lamberg als Jagdhaus diente. Es werden auch Führungen durch das Haus angeboten. Michael Kirchweger hat sich für ein Leben mitten in der Natur entschieden. Als Gebietsbetreuer des Nationalpark Betrieb Kalkalpen der Österreichischen Bundesforste AG ist er für das Forstrevier Bodinggraben mit einer Größe von rund 1.200 Hektar – großteils im Nationalpark Kalkalpen – zuständig. Der Forstfacharbeiter, Berufsjäger, Tischler, Hobby-Biologe, Naturbeobachter, Touristenführer und Achtfach-Vater kennt den Bodinggraben wie seine Westentasche.

Von Außenwelt abgeschnitten

Aufgrund der extremen Schneefälle und einer Lawine im Jänner 2019 war die Straße zum Bodinggraben mehrere Wochen gesperrt – und Michael Kirchweger von der Außenwelt abgeschnitten. Besorgt hat ihn aber nur, dass der Diesel für das Notstromaggregat nicht ausreichen könnte. Mittels Hubschrauber verließ Erni Kirchweger damals das Haus. Doch Michael Kirchweger entschied sich dafür, bei den Wildtieren im Bodinggraben zu bleiben. Einmal täglich bekommt das Rotwild Futter.

Fütterung im Winter

Um die Strapazen der Wintertage besser überstehen zu können, reduziert Rotwild seine Bewegungen auf das absolut erforderliche Ausmaß. Als die Nationalpark Kalkalpen Region noch wenig besiedelt war, wanderte das Rotwild bis nach Molln. Durch menschliche Besiedelung wurde ihm diese natürliche Wandermöglichkeit entzogen. Deshalb wird das Wild seit 1890 im Winter im Bodinggraben gefüttert.

Wild beobachten

Neben Jagd und Arbeit im Wald begleitet Michael Kirchweger Touristen bei der Rotwildfütterung. Von der beheizten Beobachtungs-Plattform haben Besucher den besten Blick auf die Futterstellen und sie können die frei lebenden Hirsche, Muttertiere und ihre Kälber aus nächster Nähe erleben. Nach und nach schreiten sie anmutig aus dem Wald. Rund 80 Stück Rotwild kommen zu den Fütterungen, je nachdem wie kalt es ist. „Wenn das Wild wieder genug zu fressen findet, meistens so im April, ist die Fütterung vorbei“, erklärt Michael Kirchweger.

Friedliches Rudeltier

Mit Zuckerrüben lockt er die Tiere näher heran, damit sie die Besucher besser beobachten können. Überraschend ruhig frisst das Rotwild, während der Ranger von der Lebensweise erzählt. „Grundsätzlich ist das Rotwild ein sehr friedliches Rudeltier, nur bei der Brunft ist alles anders. Da gibt es auch den Platzhirsch“, schmunzelt der Ranger. Die Brunft ist im September. Eine Hirschkuh bekommt insgesamt bis zu elf Jungtiere im Leben. Sie trägt acht Monate, dann setzt sie das Junge – immer nur eines.

Hirsch verliert jedes Jahr sein Geweih

Ein Hirsch wird zirka 18 Jahre alt. Jedes Jahr verliert er sein Geweih, das wieder nachwächst. Im gesamten Nationalpark Kalkalpen werden die Hirsche nicht bejagt. Der Bestand der Hirschkühe hingegen wird auf 40 Prozent der Fläche mittels Jagd reguliert.

Nach dem Fressen legen sich einige Tiere bei der Futterstelle noch gemütlich nieder oder tauchen wieder im Wald unter. Die Besucher machen sich in der Dämmerung wieder auf den Rückweg und sind sich einig: ein empfehlenswerter Ausflug dorthin, wo sich Jäger und Hirsch „Gute Nacht“ sagen.

Geführte Touren finden noch bis Ende Februar jeden Donnerstag bis Samstag statt (Nachmittags ca. 2,5 Stunden).

Weitere Infos unter https://www.kalkalpen.at/de/Rotwildfuetterung


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