Immer mehr Kinder im Bezirk Kirchdorf werden zuhause unterrichtet
BEZIRK KIRCHDORF. Die Schulabmeldungen im Bezirk Kirchdorf haben sich gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Immer mehr Eltern entscheiden sich dazu, ihre Kinder zuhause zu unterrichten – so auch eine Familie aus der Pyhrn-Priel Region. Tips sprach mit der Mutter über die Beweggründe, die beiden Kinder zuhause zu unterrichten und wie sich der Familienalltag seit Schulbeginn verändert hat.
„Die Entscheidung, die Kinder zuhause zu unterrichten, trifft man nicht einfach so“, sagt sie mit bestimmter Stimme, bevor sie auf den Teich hinaus blickt. Seit Schulbeginn am 13. September werden ihre beiden ältesten Kinder zuhause unterrichtet – von ihr, ihrem Mann und einem Netzwerk an hilfsbereiten Freunden und Verwandten. Wie es dazu kam? „Corona“, sagt sie, und weicht dem Blick nicht aus. „Die Lehrer leisten wahnsinnig tolle Arbeit und die Kinder waren auch gerne in der Schule. Aber die aktuellen Corona-Maßnahmen waren ausschlaggebend für unsere Entscheidung, die Kinder lieber aus der Schule zu nehmen.“ Schnell gefallen sei das letzte Urteil jedoch nicht. „Wir haben lange darüber nachgedacht, die Kinder dafür sensibilisiert und uns mit vielen Gleichgesinnten ausgetauscht“, erzählt sie.
Zeit für Veränderung
Nun, über eine Woche nach Schulbeginn, habe sich die Entscheidung, die beiden Kinder zuhause zu unterrichten, als richtig herausgestellt. Das neue Lebenskonzept biete nämlich Freiheiten, mit denen die Familie vorher gar nicht gerechnet hatte. „Dadurch, dass wir die Lerneinheiten zeitlich selber einteilen, können wir viel besser auf den Biorhythmus der Kinder Rücksicht nehmen. Wenn die beiden ausgeschlafen sind und wir erst gegen 9 Uhr mit dem Lernen starten, sind sie viel aufnahmefähiger“, sagt sie lachend. Auch seien die Pausen nicht mehr an die üblichen 50-Minuten-Intervalle gekoppelt. Vielmehr werden diese an die Bedürfnisse der Kinder angepasst.
Der neue Alltag
Die eigenen Bedürfnisse und auch Projekte stünden derzeit hinten an, sagt sie. Auch sei sie derzeit nicht berufstätig, um mit den Kindern den neuen Alltag zu meistern. Dieser sieht dabei wie folgt aus: Gestartet wird um 9 Uhr – und bis um 12 Uhr wird konzentriert gearbeitet. Auf dem Programm stehen etwa drei Fächer pro Tag. Lese- oder Textaufgaben machen die beiden Kinder dann oftmals abends. Auch gebe es viel praxisorientiertes Lernen mit dem handwerklich begabten Papa. „Derzeit sind wir noch sehr strukturiert, um den Übergang so leicht wie möglich zu gestalten“, sagt sie. Ziel sei aber, dass die Kinder selbstbestimmt arbeiten und selber entscheiden, mit welchen Themen sie sich noch intensiver beschäftigen sollten. „Ich bin keine Lehrerin und kann meine Kinder in dem Sinn auch nicht 'unterrichten'. Vielmehr begleite ich ihre Bildung.“ Das beinhaltet auch das Zusammenstellen von Wochenarbeitsplänen, die Unterstützung bei Fragen und das Korrigieren von Texten.
Volle Verantwortung
„Die Verantwortung trägt man zur Gänze. Da gibt es keine Lehrer mehr, die man für schlechte Noten oder erschöpfte Kinder verantwortlich machen kann“, überlegt sie. Herausfordernd sei es auch, dass man sich als Elternteil in kürzester Zeit viel Eigenkompetenz aneignen müsse. „Zeit für mich bleibt da recht wenig“, sagt sie. Auf die Frage, ob das neue Lebenskonzept nun für die Ewigkeit sei, zuckt sie mit den Schultern. „Dieses Schuljahr ziehen wir das jetzt mal durch, soviel steht fest.“ Gegen Ende des Schuljahres wartet dann auch die abschließende Herausforderung auf die Familie: die Externistenprüfung. Diese behördlich angeordnete Prüfung für alle Schüler mit häuslichem Unterricht wird zeigen, ob das neue Lebenskonzept hält, was es verspricht.
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