
MOLLN. Mit seiner einzigartigen Waldwildnis, den fünf Luchsen und der Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe hat sich der Nationalpark Kalkalpen weit über die Landesgrenze hinaus einen Namen gemacht. Anlässlich des 25-jährigen Nationalpark-Jubiläums sprach Tips mit Geschäftsführer Volkhard Maier über die Entstehungsgeschichte, Meilensteine und Pläne.
Tips: Vorab einmal herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum, Herr Maier! Wurde der 25. Geburtstag des Nationalparks schon gebührend gefeiert?
Volkhard Maier: Danke! Ja, anlässlich des Jubiläums gab es einen Festakt im Nationalpark Besucherzentrum Ennstal und ich habe gemeinsam mit Persönlichkeiten aus der Region zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem Kajak das Nationalpark-Gebiet umrundet. Es wird aber den ganzen Sommer über und in den Herbst hinein verschiedene Aktivitäten geben.
Tips: Die Gründung des Nationalpark Kalkalpen ist eine ziemlich aufregende Geschichte. Können Sie diese kurz erzählen?
Maier: Gerne. Ausschlaggebend für die Gründung des Nationalparks war die Besetzung der Kraftwerksbaustelle im Reichraminger Hintergebirge im Juli 1984. Gegen die Pläne rund um das Pumpspeicherkraftwerk in der Mollner Breitenau, den Kanonenschießplatz und den Kraftwerksprojekte der Ennskraftwerke im Hintergebirge gab es massive Widerständen seitens der Bevölkerung, den alpinen Vereinen und Naturschutzorganisationen.
Diese Dynamik hat schlussendlich zum Umdenken geführt und die Entscheidung bewirkt, die Kraftwerksbaustelle einzustellen und das Gebiet weiterführend als Schutzgebiet festzulegen. 1989/90 forderten dann NGOs in der „Mollner Erklärung“ die Errichtung eines Nationalparks. Das war der Grundstein der Nationalpark-Gründung 1997.
Tips: 25 Jahre ist es jetzt her, dass der Nationalpark Kalkalpen gegründet wurde. Welche Meilensteine sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Maier: Meilensteine waren sicherlich die zwei Erweiterungen des Nationalpark-Gebiets: Zur Gründung wurden 16.509 Hektar festgelegt. 2002 wurde das Gebiet auf 18.000 Hektar vergrößert – und jetzt sind wir bei 20.850 Hektar.
Auch die Eröffnung der Besucherzentren im Ennstal, in Molln, der Villa Sonnwend in Roßleithen und des Panoramaturms am Wurbauerkogel in Windischgarsten waren wichtige Schritte.
Ein bedeutendes Ereignis war 2017 auch die Anerkennung unserer alten Buchenwälder und Buchenurwälder als UNESCO Weltkulturerbe. Diese Auszeichnung hat uns als „Der Wald-Nationalpark Österreichs“ weiter bestärkt.
Tips: Sind die alten Buchenwälder das Markenzeichen des Nationalparks?
Maier: Innerhalb Österreichs auf jeden Fall. Wir sind Alpenweit der größte Waldnationalpark – das ist bei uns vielleicht selbstverständlich, aber im Vergleich mit anderen Nationalparks sind wir in Bezug auf die Waldausstattung sehr gut aufgestellt. Ein Viertel der Nationalpark-Fläche ist Weltnaturerbe, wo es wirklich sehr natürliche Strukturen gibt. Und seit der Gründung 1997 hat sich der Totholz-Anteil im Nationalpark-Gebiet verdoppelt.
Tips: Haben sich die Aufgaben des Nationalparks im Laufe der Zeit verändert?
Maier: Es wird natürlich auf ökologische Entwicklungen Rücksicht genommen, aber grundsätzlich sind für uns nach wie vor die vier Säulen Naturschutz, Forschung, Bildung und Erholung aktuell.
Tips: Im Zuge der Gründung 1997 wurde festgelegt, dass das Nationalpark-Gebiet einmal auf die Haller Mauern und das Tote Gebirge erweitert werden soll. Wie geht es da voran?
Maier: Da gibt es derzeit keinen Auftrag. Für eine Erweiterung würde es eine Zusage von Bund und Land brauchen, die es im Moment nicht gibt. Aber unser aktuelles Trittstein-Projekt ist aus meiner Sicht ein guter Zwischenschritt.
Tips: Trittstein-Projekt?
Maier: In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Naturwald werden zwischen dem Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal und dem Nationalpark Gesäuse Flächen außer Nutzung gestellt, sogenannte „Trittsteine“, um gewissen Arten Vernetzungsmöglichkeiten zu bieten.
Tips: Derzeit gibt es fünf Luchse im Nationalpark. Der erhoffte Nachwuchs bleibt seit Jahren aus. Ist das Projekt der Luchs-Wiederansiedlung gescheitert?
Maier: Noch nicht. Ob es heuer Nachwuchs geben wird, wissen wir erst im Herbst. Derzeit sind die Jungen, wenn es welche gibt, noch in der Wurfhöhle und lassen sich erst blicken, wenn sie mit der Mutter auf Jagd gehen. Die Hoffnung auf Nachwuchs besteht aber, denn in der Ranzzeit war einmal ein männlicher Kuder auf Besuch.
Tips: Der Oö. Landesrechnungshof übte 2021 in seinem Bericht Kritik an der Führung und der Sinnhaftigkeit der Villa Sonnwend Nationalpark Lodge. Was sagen Sie dazu?
Maier: Wie es mit der Villa Sonnwend weitergeht, wird sich erst zeigen. Derzeit wird eine Empfehlung von externen Beratern ausgearbeitet. Die Villa Sonnwend ist für uns jedenfalls eine wichtige Einrichtung, in der sehr viel positive Bewusstseinsbildung für Nationalparkthemen betrieben wird. Im Oktober werden wir mehr wissen.
Tips: Wenn Sie im Namen des Nationalparks Kalkalpen einen Zukunftswunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Maier: Mein Zukunftswunsch wäre, dass wir uns noch stärker als „Der Wald-Nationalpark Österreichs“ positionieren.