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Schluss mit Rasern: Einige Gemeinden im Bezirk Kirchdorf beantragen Senkung von Tempolimits

Susanne Winter, MA, 08.08.2023 19:08

BEZIRK. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ermöglichte es Bürgern, Straßenabschnitte zu nennen, an denen sie sich eine Verkehrsberuhigung wünschen. Im Bezirk Kirchdorf gab es 19 Anmerkungen, die meisten davon in Grünburg, Ried und Micheldorf. Tips hat bei den Gemeinden nachgefragt.

  1 / 2   Vor der Volksschule in Ried ist aktuell eine 50er Beschränkung. Ob Tempo 30 während der Schulzeiten kommt, wird derzeit geprüft. (Foto: Winter)

„Wo in Ihrem Wohnort braucht es Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung?“ – Diese Frage hat die Mobilitätsorganisation VCÖ den Oberösterreichern gestellt. Auf einer digitalen Karte wurden auch Straßen in fünf Gemeinden im Bezirk Kirchdorf markiert. Der VCÖ leitete die Einträge anschließend an die jeweils zuständige Gemeinde weiter.

Als häufigste Ursache für den Wunsch nach Verkehrsberuhigung wurde ein zu hohes Tempo genannt. Die Gemeinde kann für die Senkung von Tempolimits die Erlassung einer entsprechenden Verordnung bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) Kirchdorf beantragen. Entscheiden muss es die BH als Verkehrsbehörde, die sich wiederum auf Sachverständige beruft.

Heuer bereits 19 Anträge

Im Jahr 2022 sind 22 Anträge bei der BH Kirchdorf eingegangen. 2023 hat die BH bis Ende Juli schon 19 Anträge erhalten. Es waren hauptsächlich Wünsche nach einem Ortsgebiet, Fahrverbote, Tonnagebeschränkungen, Überholverbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Schutzwege. Etwa 70 Prozent davon wurden abgewiesen. „Abweisungen erfolgen, wenn keine Verbesserung der Verkehrssicherheit zu erwarten ist, wenn ausreichende Sichtverhältnisse nach den Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau vorliegen, wenn aufgrund der Anlageverhältnisse nicht möglich, zum Beispiel bei Ortsgebieten oder Schutzwegen, und wenn die öffentliche Straße nicht mehr für alle Verkehrsteilnehmer zu den gleichen Bedingungen benutzbar wäre“, erklärt Bezirkshauptfrau Elisabeth Leitner.

30er vor der Schule in Ried

Eine Verkehrsberuhigung wünschen sich die Rieder Bürger, laut VCÖ, im Bereich der Schule. Die Gemeinde Ried stellte einen Antrag, um während der Schulzeiten eine Tempo-30-Beschränkung auf der L562 durch das Ortszentrum zu erwirken. Das Verfahren läuft noch. Dem Ansinnen, das Ortsgebiet auf der L562 in Richtung Kremsmünster bis ans Ende der Ortschaft Pesendorf zu verlängern, konnte der Sachverständige aus verkehrstechnischer Sicht nicht beipflichten.

Sicherheitsbedenken haben die Rieder Bürger, laut VCÖ, auch entlang der B138 bei der Ortschaft Großendorf. Tempo 70 sei zu schnell und bei der Kreuzung mit der L1244 sei ein Zebrastreifen notwendig, um die Bushaltestelle gefahrlos zu erreichen. „Betreffend einen etwaigen Schutzweg im unmittelbaren Kreuzungsbereich sind uns aufgrund technischer Gegebenheiten, wie Kreuzungsbereich, Haltestelle und Einmündungen, die Hände gebunden. Ein Schutzweg weiter nördlich würde die Benutzungswahrscheinlichkeit verringern“, sagt dazu Bürgermeister Stefan Schöfberger (SPÖ): „Die Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkung wird von der Bundespolizei zwar immer wieder überwacht, ich werde diese Problemstelle jedoch beim nächsten Termin mit dem Sachverständigen zur Sprache bringen.“

Der Rieder Bürgermeister betont: „Im Sinne der Rechtsstaatlichkeit der Verwaltung muss immer eine Abwägung der einzelnen Interessen durchgeführt werden. Hier stehen sich gerade bei Geschwindigkeitsbeschränkungen die Schutzinteressen der einzelnen Verkehrsteilnehmer und das Interesse auf zügiges Vorankommen der Verkehrsteilnehmer diametral gegenüber.“

50er bei der Querung des Steyrtalradwegs in Grünburg

Im Gemeindegebiet von Grünburg schlugen Bürger unter anderem vor, die B140 bei starkem Schneefall für den Schwerverkehr zu sperren und die Kontrollen möglicher Mautflüchtlinge zu verschärfen. Bei den Straßenkilometern 20,6 bis 21,3 ist beidseits eine Bushaltestelle und der Steyrtalradweg quert die Bundesstraße. Statt der derzeitigen 70 km/h werden eine 50 km/h Beschränkung sowie zusätzliche Bodenmarkierungen und Hinweisschilder gefordert. „Die Anfrage wurde an die Sachverständigen des Landes weitergeleitet. Den Wunsch nach Bodenmarkierungen mit dem Hinweis ,Achtung Kinder‘ haben wir bei der Landesstraßenverwaltung deponiert“, sagt der Grünburger Amtsleiter Roland Habersack. Dieses Anliegen und eine 30-km/h-Beschränkung von der Mollnerkreuzung bis zur Stefaniebrücke sowie auf der L1325 Mollnerstraße im Bereich Lagerhaus und Firma ETECH werden bei einem Lokalaugenschein mit BH und Sachverständigen im September geprüft.

Eine weitere Anmerkung eines Bürgers ist, dass die Bushaltestellen entlang der B 140 in Leonstein ohne Gehsteig nicht sicher zu erreichen seien. Da diese jedoch, laut Gemeinde, über einen anderen Weg erreichbar sind, wurden die Anliegen aus Kostengründen nicht umgesetzt.

Weiters werde, laut einem Bürger, im Ortsgebiet Leonstein zu schnell gefahren, es gibt bis Kilometer 18 nur einseitig einen Gehsteig und Kinder müssen am Weg zur Schule die B140 ohne Schutzwege überqueren. Dazu Amtsleiter Roland Habersack: „Grundsätzlich haben wir in Grünburg sehr viel Individualverkehr, welcher auch von Einheimischen erzeugt wird. Würden sich hier alle an die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten halten, hätte das auch Auswirkungen auf die nachfahrenden Lenker. Die Errichtung eines zusätzlichen Gehsteigs ist sehr kostenintensiv und es ist immer eine Frage des Willens einzelner Grundbesitzer, sollten Privatgrundstücke in Anspruch genommen werden müssen. Aus heutiger Sicht wird ein zweiter Gehsteig nicht errichtet. Ein Schutzweg über die B140 wurde aus straßenrechtlichen Gründen abgelehnt.“

30er-Zone in Micheldorfer Siedlung „Atzelsdorf“

In Micheldorf gab es zwei Anmerkungen wegen möglicher Unfallgefahren, eine davon in der Siedlung Atzelsdorf. Dem Anliegen, das Siedlungsgebiet mit 30 km/h verkehrsmäßig zu beruhigen, wird jetzt nachgekommen. „Ein Sachverständiger hat eine 30er-Zone mit Rechtsregel befürwortet, einzelne Bescheide sind allerdings noch ausständig“, berichtet Bürgermeister Horst Hufnagl (SPÖ).

Entlang der Ziehberglandesstraße im Ortsteil Ottsdorf wird ein Gehsteig gefordert. „Das ist leider baulich nicht möglich, da es aufgrund der Grundstücksbreite neben der Landesstraße keinen Platz dafür gibt“, erklärt Hufnagl: „Ich werde jedoch die Exekutive bitten, vermehrt Kontrollen durchzuführen.“

Appell an die Disziplin der Autofahrer in Schlierbach

Eine Anmerkung erreichte die Redaktion auch bezüglich der Hofernstraße in Schlierbach. In der 30er-Zone werde viel zu schnell gefahren und das Aufstellen einer visuellen Geschwindigkeitsanzeige habe an der Situation nichts geändert. Zu den Vorschlägen zählen ein Zivilfahrzeug mit Radar sowie Geschwindigkeitsboller oder geschickt platzierte Blumentröge. „Wir haben hier bereits eine 30er-Beschränkung verordnet und ein ,No Trucks, no GPS'-Schild aufgestellt. Auch eine Geschwindigkeitsanzeige stellen wir immer einmal wieder auf, um zu zeigen, wie schnell man eigentlich fährt. Es liegt allerdings an der Disziplin der Autofahrer. Bauliche Maßnahmen wie Boller und Bodenschwellen sind nicht geplant. Für viele Lastwagen und landwirtschaftliche Fahrzeuge ist das die Zufahrt nach Oberschlierbach“, erklärt Bürgermeisterin Katharina Seebacher (ÖVP).

Initiative zur Änderung der Straßenverkehrsordnung

Bei zu hoher Geschwindigkeit des Straßenverkehrs ist bei der Problemlösung oft die Straßenverkehrsordnung (StVO) ein Hindernis. Derzeit ist es ein aufwändiger und kostspieliger Prozess mit vielen Hürden, wenn eine Gemeinde auf einer Straße Tempo 30 umsetzen möchte. „Immer wieder gibt es Fälle, wo Gemeinden eine Temporeduktion möchten, jedoch die übergeordnete Behörde das Ansinnen der Gemeinde unter Berufung auf die Straßenverkehrsordnung aber ablehnt“, erklärt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer.

Deshalb hat der VCÖ eine Initiative für eine Änderung der StVO gestartet. Es soll Gemeinden und Städten erleichtert werden, Tempo 30 in ihrem Gemeindegebiet dort einzuführen, wo die Gemeinde das für wichtig hält. Die Initiative wird von 56 oberösterreichischen Gemeinden und Städten unterstützt, darunter Hinterstoder, Molln, Pettenbach, Ried im Traunkreis und Steinbach am Ziehberg.

Nun liegt ein Entwurf des Verkehrsministeriums vor, der in der Bundesregierung verhandelt wird. Der Gemeinderat soll in besonders sensiblen Zonen, wie bei Kindergärten, Schulen oder Pflegeeinrichtungen, eine Reduktion des Tempos eigenständig verhängen können.

Der Rieder Bürgermeister Stefan Schöfberger (SPÖ), der vor seiner Amtsübernahme als Polizist arbeitete, betont: „Gerade in Ortsgebieten, wo Fußgänger- und Fahrzeugverkehr teilweise auf engstem Raum aufeinandertreffen, wäre es aus meiner Sicht ganz wichtig, das allgemeine Geschwindigkeitsniveau zu senken. Fußgänger und Radfahrer besitzen keine Knautschzone, welche sie bei einem Anprall wie in einem Fahrzeug schützt. Außerdem ist der Reaktions- und Bremsweg bei Tempo 30 um ein Vielfaches niedriger als bei Tempo 50.“

Alle markierten Straßen sind unter hier zu finden.

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