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Tierschutzverein Angsthund: Auch traumatisierte Hunde haben Liebe verdient

Susanne Winter, MA, 01.10.2024 18:10

RIED IM TRAUNKREIS. Am 4. Oktober ist Welttierschutztag. Rund um diesen Tag wird auf Tierleid aufmerksam gemacht. Ein großes Herz für Tiere hat Nina Draxler aus Ried. Mit ihrem Tierschutzverein Angsthund kümmert sie sich um traumatisierte und misshandelte Hunde und Katzen.

Die Therapie besteht aus einem Parcours, so werden die Hunde spielerisch, mit Geduld und viel Liebe von Nina Draxler resozialisiert. (Foto: Winter)
Die Therapie besteht aus einem Parcours, so werden die Hunde spielerisch, mit Geduld und viel Liebe von Nina Draxler resozialisiert. (Foto: Winter)

Mit freudigem Bellen und ausgiebigem Beschnuppern begrüßen die Hunde von Nina Draxler ihre Besucher. Der eine oder andere lässt sich noch kraulen, bevor er sich – wie seine Artgenossen – brav in sein Körbchen legt. In diesem Moment ist es schwer vorstellbar, dass diese Tiere in ihrem Leben bereits so Grausames erlitten haben, dass sie Menschen fürchteten und als Angsthunde bezeichnet wurden.

„Die Schicksale solche Hunde sind unfassbar“, sagt Nina Draxler, die mit Tierschutz-Tieren aufgewachsen ist und sich seit 15 Jahren im Tierschutz engagiert. Durch Futtertransporte sowie Kastrationen in Griechenland und Rumänien hat sie viele verängstigte Tiere gesehen. „In Griechenland gibt es extrem viele Katzen, die dort misshandelt und getötet werden. Als ich vor 15 Jahren das erste Mal in Rumänien war, war das die schlimmste Reise meines Lebens. Ich habe viele kranke, ausgehungerte und auch tote Hunde gesehen.“

Solche misshandelten Tiere gebe es, laut Draxler, auch in Österreich: „In Oberösterreich haben wir beispielsweise sehr viele Streunerkatzen. Obwohl seit 2005 Kastrationspflicht besteht, halten sich viele nicht daran. Doch diese Gesetze gibt es aus einem guten Grund.“

„Ich sehe auch die Hunde in der Tierheim-Ecke“

Besonders traurig findet Nina Draxler, dass Angsthunde oft in Tierheimen bleiben müssen, weil sie niemand haben will. „Ich möchte die Stimme für solche Hunde sein, die im Tierheim im Eck kauern und die niemand sieht. Aber ich sehe sie und bin von ihnen fasziniert. Angsthunde sind für Menschen nicht zugänglich, aber für mich schon“, sagt die Tierschützerin.

Holt sie ein Tier zu sich, muss dieses zuerst in die Quarantänezone, bis der Vereinsfacharzt von der Tierklinik Wels bestätigt, dass das Tier gesund ist. Er bestimmt den Zeitpunkt, wann die Vergesellschaftung mit den anderen Tieren stattfindet. Aktuell leben elf Hunde aus Österreich, Griechenland und Rumänien auf dem Hof in Ried, den Nina Draxler und ihr Lebensgefährte gemietet haben. „Irgendwann war es als Privatperson nicht mehr stemmbar“, so Draxler. Deshalb habe sie vor sechs Jahren die Betriebsstätte und den Tierschutzverein Angsthund e.V., mit mittlerweile 50 Mitgliedern, gegründet.

Nina Draxler, die beruflich als Therapeutin arbeitet, dokumentiert ihr Arbeit sehr genau, sie veröffentlicht auch Rechnungen. Auf Facebook hat der Tierschutzverein Angsthund bereits 50.000 Follower.

Sanfte und spielerische Therapie

Die 46-Jährige erklärt, wann ein Hund zum Angsthund wird: „Beispielsweise, wenn er von Menschen terrorisiert und misshandelt wird oder – meist im Ausland – wenn er als Welpe von einer Streunerhündin, die selbst schlechte Erfahrungen gemacht hat, lernt, dass man sich von Menschen am besten fernhält.“

Spielerisch, mit Geduld und viel Liebe wird ein Angsthund von Nina Draxler resozialisiert, „damit man als Mensch Bestandteil seines Lebens wird. Ein Angsthund ist durch gewisse Erlebnisse traumatisiert und kann diese alleine nicht verarbeiten. Aber mit einer guten Therapie kann er das Erlebte aufarbeiten. Die Resozialisierung dauert, je nach Charakter des Hundes, drei Monate bis zwei Jahre.“

Die Therapie besteht aus einem Parcours mit Leckerlis, die in Spielsachen oder Hürden versteckt werden. „Ich selbst bin Bestandteil des Parcours“, erklärt Nina Draxler: „Die Hunde sind rund um mich und dabei so in ihr Spiel und die Belohnungen vertieft, dass sie ganz langsam die Angst vorm Menschen verlieren. So erfolgt eine langsame Annäherung und das Vertrauen wird aufgebaut. Erst viel später kommen die Berührungen und das Leinentraining.“

Die Hunde dürfen sich im Haus frei bewegen. Doch jetzt geht es erst einmal raus in den Garten. Alle sind freudig aufgeregt. Ganz zum Schluss schleppt sich auch noch Max, ein ukrainisches Kriegsopfer, hinterher. Er hat zerstörte Hinterpfoten. Doch dank dem Tierschutzverein kann er sich mit einem Rollwagen gut fortbewegen. Schnell ist dieser angebracht und Max kann mit seinen Spielkameraden herumtollen.

Weitere Infos unter https://angsthund.at/


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