BEZIRK KIRCHDORF. Rund zwei Jahre ist es her, dass die ersten Flüchtlinge im Bezirk Kirchdorf eingezogen sind. Der Zustrom wird zwar weniger, doch die Herausforderungen sind längst nicht vorbei. Denn nun flattern die ersten Asylbescheide ins Haus.
Johannes Ebert aus Leonstein begleitet ehrenamtlich Menschen, die sich im Asylverfahren befinden. Ebert erzählt, dass von den rund 50 Asylwerbern in Grünburg, fast alle sind Afghanen, erst zwei zu einem Interview beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) bestellt wurden.
Negativer oder positiver Bescheid
Einer davon hat einen 129 Seiten langen negativen Bescheid erhalten. „Darin ist unter anderem aufgeführt, wo man gegen den Bescheid eine Beschwerde einreichen kann und dass man eine Information zur Verpflichtung der Ausreise abgeben muss. Der Asylwerber muss sich bei der Rückkehrhilfe melden“, erzählt Johannes Ebert. Er unterstützt den Afghanen nun dabei, eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht einzubringen. Mehr Glück hatten einige Asylwerber aus Kirchdorf, die großteils aus Syrien stammen. Manche haben schon einen positiven Asylbescheid erhalten. Für alle anderen heißt es weiter warten.
Langes Warten verkürzen
„Es ist schwer für die Asylwerber, Sozialarbeiter und Ehrenamtlichen, dass die Verfahren so lange dauern und es für sie nicht möglich ist, diese zu beschleunigen. Ich glaube, dass das jetzt die schwierigste Phase ist“, sagt die Sozialarbeiterin Sanela Dzafic vom Regionalen Kompetenzzentrum für Integration und Diversität Bezirk Kirchdorf (ReKI). Das bestätigt auch Johannes Ebert: „Man wird ein bisschen müde zu helfen, weil es schon so lange dauert und man keine Perspektiven sieht.“ Der 62-Jährige empfiehlt, eine Schulung für die Ehrenamtlichen, damit es ihnen leichter falle die Distanz zu wahren: „Es entsteht eine starke persönliche Bindung zwischen den Ehrenamtlichen und den Asylwerbern.“
Psychische Belastung steigt
Der 62-Jährige weiß, dass „die psychische Belastung für die Asylwerber steigt. Für jene, die ihre Familie hier haben, ist es leichter, das gibt Rückhalt.“ Gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen versucht Johannes Ebert, die Wartezeit mit Beschäftigungsangeboten zu verkürzen. Zehn Asylwerber aus Grünburg sind nun beim Leichtathletik-Club Nationalpark Molln angemeldet. Auch die Deutschkurse bieten eine gewisse Abwechslung.
Bildung der Jugendlichen
„Ein Ziel ist es, für jene Jugendliche, die aus dem Schulsystem herausfallen, weil sie zu alt sind, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, dass sie eine Schulbildung erhalten“, so Ebert. Zwei Jugendliche aus dem Flüchtlingscamp in Grünburg besuchen die sogenannte „Brückenklasse“ in der HAK Steyr mit Schwerpunkt für Asylwerber. Außerdem hat sich einer der Flüchtlinge bereits für das „MORE-Projekt“ der Johannes Kepler Universität Linz beworben. Dieses bietet Flüchtlingen mit Matura einen Studienzugang.
Saisonarbeit erlaubt
Asylwerber dürfen lediglich gemeinnützige Tätigkeiten mit Verdienstgrenzen verrichten. „Saisonarbeiten sind zwar möglich, dann entfällt jedoch das Geld aus der Grundversorgung“, weiß Johannes Ebert. „Asylwerber sind als Ersatzkräfte anzusehen. Im Bereich der Gastronomie und Landwirtschaft ist die Nachfrage groß und der Wille diese Arbeit zu machen ist sehr hoch“, berichtet Julia Bauer, Bezirksstellenleiterin des Arbeitsmarktservices (AMS) in Kirchdorf.
Wohnungs- und Jobsuche
Nach der Erteilung eines positiven Asylbescheides stehen die Asylberechtigten vor weiteren Herausforderungen wie Wohnungs- und Jobsuche. Unter dem Motto „Chance und Weg – Zukunft für Asylberechtigte“ arbeiten Caritas, ReKI und Ehrenamtliche bereits an einer möglichst guten Unterstützung.Das Projekt ICE (Integration-Caritas-Express) der Caritas OÖ unterstützt anerkannte Koventionsflüchtlinge und Subsidiär Schutzberechtigte, die vor kurzem einen positiven Asylbescheid erhalten haben, beim Start in ein eigenständiges Leben. Im Büro der Regionalcaritas in Kirchdorf macht der ICE ab 24. März jeden Freitag Vormittag Station.
Deutschkurse nutzen
AMS-Bezirksstellenleiterin Julia Bauer sieht die Arbeitsperspektiven für Asylberechtigte positiv: „Wir brauchen dringend Arbeitskräfte. Mein Wunsch ist es jedoch, dass jeder mindestens den Deutschkurs Teil A2 fertig macht, denn dann ist ein Deutsch-Niveau erreicht, mit dem man gut arbeiten kann.“ Für Julia Bauer ist es auch verständlich, dass ein Asylwerber nach der langen Verfahrensdauer endlich arbeiten möchte doch sie empfiehlt, die Kurse jetzt zu machen, denn „die Fördermittel für Deutschkurse sind jetzt gegeben und mit einem gewissen Niveau ist es einfacher, in den Arbeitsmarkt einzusteigen.“
Derzeit sind bereits 24 Personen mit Asylstatus und fünf Subsidiär Schutzberechtigte im Bezirk Kirchdorf beim AMS vorgemerkt. „Wir versuchen, die Personen bei uns im Bezirk zu halten. Auch Bewerbungen für Lehrstellen gibt es schon“, berichtet Bauer.
Asyl positiv – was nun?
Am Donnerstag, 6. April, um 18.30 Uhr findet im Pfarrheim Micheldorf ein Workshop zum Thema „Asyl positiv – was nun?“ statt. Der Eintritt ist frei. Wer sich gerne als freiwilliger Begleiter für Asylberechtigte engagieren möchte, meldet sich bei Roland Baillon (Tel.: 0676/8776-8089), Sanela Dzafic (Tel.: 0676/8776-2327) oder Julia Postl (Tel.: 0676/8776-2015).
Daten und Fakten
- 527 Asylwerber (Stand: 7. Februar 2017) im Bezirk Kirchdorf, 33 beziehen die bedarfsorientierte Mindestsicherung
- Asylwerber erhalten aus der Grundversorgung, finanziert von Bund und Land, in einem Selbstversorger-Quartier täglich 5,50 Euro Lebensmittelgeld
- Die Caritas bezahlt keine Handys, Gesprächsgebühren und verteilt auch keine Gutscheine für Mobiltelefone.
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