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Wie barrierefrei ist der Bezirk Kirchdorf: Tips hat es getestet

Susanne Winter, MA, 29.11.2017 11:23

BEZIRK KIRCHDORF. Anlässlich des Tages der Behinderung, am 3. Dezember, hat Tips gemeinsam mit Ingrid Wiesbauer vom Oberösterreichischen Zivil-Invalidenverband (OÖZIV) aus Molln die Barrierefreiheit im Bezirk Kirchdorf unter die Lupe genommen.

Der grün markierte Rad- und Gehweg in Grünburg hat keinen Randstein. Foto: Egelseder
  1 / 7   Der grün markierte Rad- und Gehweg in Grünburg hat keinen Randstein. Foto: Egelseder

Beim Betreten des Drogeriemarktes dm in Micheldorf fällt Ingrid Wiesbauer sofort etwas positiv auf: der Teppich im Eingangsbereich. „Vorallem, wenn es nass ist, rutscht man nicht so leicht aus“, sagt Ingrid Wiesbauer, die selbst aufgrund einer angeborenen Hüftluxation mit Krücken unterwegs ist. Das Geschäft ist, laut der Mollnerin, gut gebaut. Die Gänge sind breit und die Regale nicht zu hoch.

Alles in Reichweite

Die Toilette für Behinderte ist ein großer Raum. Bürste und Klopapier sowie Händetrockner sind in Reichweite für Rollstuhlfahrer. Ein Haltegriff ist vorhanden.

Ähnlich sieht das WC im Supermarkt Merkur in Micheldorf aus. Die Türe geht nach innen auf und alles ist in Reichweite. „Als ich einmal angemerkt habe, dass die Vorrichtung mit den Handtüchern nicht in Reichweite für Rollstuhlfahrer war, wurde das sofort behoben“, lobt Wiesbauer die rasche Behebung.

Absenkung von Randsteinen

In der Bezirkshauptstadt gibt es zwei öffentliche und behindertengerechte Toiletten. Diese befinden sich bei der Post und beim Bus­terminal.

In der Innenstadt fällt Ingrid Wiesbauer auf, dass die Randsteine an manchen Stellen besser abgeflacht werden müssten. Bereits kleine Stufen von zwei bis drei Zentimetern sind für Rollstuhlfahrer schwierig. „Absenkungen machen wir dort, wo Kreuzungsbereiche sind, ausgenommen es stehen noch Straßensanierungen an“, sagt Bürgermeister Wolfgang Veitz (SPÖ): „Aufgrund des Niveauunterschiedes vom östlichen zum westlichen Bereich des Hauptplatzes ist eine Absenkung oft nicht möglich.“

Gehwege ohne Randsteine

Als gutes Beispiel nennt Ingrid Wiesbauer Grünburg. Im Ortszentrum gibt es Gehwege ohne Randsteine, die mit grünen Streifen gekennzeichnet sind.

Rollstuhltreppenlift in Molln

Auch in Molln wird an der Barrierefreiheit gearbeitet. Beim Aufgang zur Volksschule wird ein Rollstuhltreppenlift errichtet. Die beauftragte Firma arbeitet bereits daran. Die öffentliche Toilette muss noch behindertengerecht umgebaut werden. „Wir sind dabei, die Finanzierung dafür abzuklären“, berichtet Bürgermeister Friedrich Reinisch (ÖVP).

Sehbehinderte und Gehörlose

Ingrid Wiesbauer weiß, wenn es um Menschen mit Handicap geht, denken die meisten an Rollstuhlfahrer. Viele vergessen auf die Sehbehinderten und Gehörlosen. „Ein taktiles Leitsystem, also Pikto­gramme am Boden, die mit dem Blindenstock ertastbar sind, habe ich im Bezirk noch nirgends gesehen“, meint die Mollnerin. In diesem Punkt sieht auch der Kirchdorfer Bürgermeister Wolfgang Veitz noch Handlungsbedarf und betont: „Wir sind noch lange nicht fertig mit einem barrierefreien Kirchdorf. Bei der nächsten Sanierung wird man auch diesen Aspekt der Barrierefreiheit bedenken.“

Alte Gebäude problematisch

Vor allem in alten Gebäuden ist die Barrierefreiheit oft nicht gegeben. Als Beispiel nennt Ingrid Wiesbauer die Toiletten im Gasthaus Schöllhuber in Kirchdorf. „Man kommt mit dem Rollstuhl nicht aufs WC“, so die Mollnerin. „Mein Hauptproblem ist das alte Haus. Es müsste viel umgebaut werden. Die Kosten für den Umbau der Toiletten würden rund 80.000 Euro betragen. Das kann ich nicht finanzieren“, erklärt der Wirt Johannes Schöllhuber. Er habe zwar ein schlechtes Gewissen betont jedoch, das ihm Möglichste zu tun: „Ich muss auch an die Zukunft denken, das Gasthaus wird wahrscheinlich nach mir nicht weitergeführt.“ Über eine mobile Rampe gelangt man jedenfalls barrierefrei ins Gasthaus.

„Da ist nichts zu machen“

Ein altes Gebäude ist auch das Gemeindeamt in Steinbach an der Steyr. Das Stiegenhaus ist eine Hürde für Rollstuhlfahrer. „Wir haben ein denkmalgeschütztes Gebäude, das zur Hälfte in den Hang gebaut wurde. Aufgrund der unterschiedlichen Niveaus kommt man nicht ebenerdig hinein. Auch der Platz für einen Lift fehlt. Verschiedenste Überlegungen waren bisher alle nicht zielführend“, erklärt Bürgermeister Christian Dörfel (ÖVP). Auch Landessachverständige haben bestätigt, dass in diesem Fall nichts zu machen sei. Das öffentliche WC beim Gemeindeamt soll jedoch nächstes Jahr behindertengerecht umgebaut werden.

Im Bezirk Kirchdorf wird somit verstärkt auf die Barrierefreiheit geachtet und – sofern es die Gegebenheiten zulassen – auch etwas dafür unternommen.

Weitere Infos

Der OÖZIV ist die größte Interessensvertretung für Menschen mit Behinderung in Oberösterreich

Der OÖZIV Bezirksgruppe Kirchdorf hat zwischen 150 und 170 Mitglieder. Ingrid Wiesbauer, die seit 60 Jahren Mitglied beim OÖZIV ist, hält jeden ersten und dritten Montag im Monat Sprechtage in der Arbeiterkammer Kirchdorf.


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