Von Cloth-Hosen, „Häuselleut“ und einer aufregenden Kindheit in Molln
MOLLN. Stille Winterabende und motivierende Neujahrsvorsätze laden dazu ein, in ferne, erdachte oder vergangene Zeiten einzutauchen. Mit dem neu erschienenen Buch „Mollner Jahre – Eine Sozialgeschichte meiner Familie“ von Franz Steinmaßl gelingt dies bereits ab der ersten Seite.
Mit der Großmutter lange Zeit ein Bett geteilt und das Vieh durch den Hausflur nach draußen getrieben – das sind nur zwei der zahlreichen Begebenheiten, die einem nach der Lektüre von Franz Steinmaßls neuem Buch „Mollner Jahre – Eine Sozialgeschichte meiner Familie“ hartnäckig im Gedächtnis hängen bleiben. Die 17 Kapitel erstrecken sich über knapp 250 Seiten, die jedoch keinesfalls abschrecken sollten. Immerhin weiß der 1952 in Molln geborene Franz Steinmaßl Anekdoten, Fotos, Recherchen und Gedanken geschickt miteinander zu verbinden. So findet man sich nach Beginn der Lektüre schnell inmitten der Geschichte, ohne es zu merken. Auch das völlige Eintauchen in die Kindheit des Mollner lässt nicht lange auf sich warten: Wie ein Film spielen sich die Szenen von Steinmaßls jungen Jahren vor dem inneren Auge ab. Der Duft von Heu, das schallende Lachen der Kameraden über unmodische Kleidung und die gut nachvollziehbaren Streits zwischen Steinmaßls Mutter Hermine und Großmutter Theresia scheinen schnell allgegenwärtig.
Am Anfang der Geschichte stand die Großmutter
Steinmaßls Großmutter Theresia war überhaupt erst der Grund für das knapp 250 Seiten starke Buch. „Am Anfang war die Großmutter“, schreibt der gebürtige Mollner in seiner Einleitung und verweist im selben Atemzug darauf, dass die kommenden Seiten zum Teil auf Erzählungen der redseligen Großmutter Theresia beruhen. Abend für Abend habe der junge Steinmaßl den Geschichten der Oma mal mehr, mal weniger aufmerksam gelauscht, um diese gemeinsam mit seinen eigenen Kindheitserinnerungen schlussendlich mehr als 60 Jahre nach dem Tod der Großmutter als Buch zu veröffentlichen. Die Lebensgeschichte der 1891 geborenen Mollnerin erzählt nicht nur von einer für den Leser fast schon greifbaren Persönlichkeit, sondern auch von den damaligen sozialen Verhältnissen, der Umgebung, und was es bedeutete, zu den „Häuselleuten“ zu gehören.
Steinmaßl: „Früher war keineswegs alles besser“
Die „Häuselleut“ lebten zwischen Bauern und Arbeitern – „von beiden ein bisserl, aber nicht so ganz“, beschreibt Steinmaßl die sozialen Zusammenhänge. Reich wurde zwar keiner in der Gegend, aber „man musste nicht fechten gehen und verhungert ist man auch nicht“. Darum waren auch universell einsetzbare Gegenstände wie die Cloth-Hose von unschätzbarem Wert. Egal ob als Pyjama, Bade- oder Turnhose verwendet, die luftige, bis zur Mitte der Oberschenkel reichende Hose war täglich im Gebrauch. „Außer am Sonntag, da gab es dann am Morgen eine frische“, erinnert sich Steinmaßl.
Vater und der Krieg
Steinmaßls Erzählung endet, wie sie begann: mit dem Blick auf ein Familienmitglied – den Vater. Auch er spielt in „Mollner Jahre – Eine Sozialgeschichte meiner Familie“ eine zentrale Rolle. „Obwohl Vater in Krieg und Gefangenschaft viel erlitten hatte, hat er nie davon schwadroniert“, schreibt Franz Steinmaßl. Geschichten über das Soldatenleben des Leander Steinmaßl gibt es dennoch und fesseln den Leser gebannt an die letzten Buchseiten.
„Mollner Jahre – Eine Sozialgeschichte meiner Familie“ gibt einen persönlichen Einblick in vergangene Zeiten, die lange nachhallen.
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