
SCHLIERBACH. Rund 100 Bauern aus dem Bezirk Kirchdorf folgten der Einladung der Landwirtschaftskammer (LK) OÖ, um in der Landwirtschaftlichen Fachschule Schlierbach unter dem Titel „Kammerführung im Gespräch“ mit dem frischgewählten oberösterreichischen LK-Präsidenten Franz Waldenberger und Kammerdirektor Karl Dietachmair über aktuelle landwirtschaftliche Themen zu diskutieren.
Bezirksbauernkammer-Obmann Andreas Ehrenhuber aus Oberschlierbach eröffnete den Abend mit aktuellen Zahlen aus dem Bezirk Kirchdorf und betonte in seiner Eröffnungsrede: „Wir stehen vor großen Herausforderungen, darunter der Klimawandel, die NEC-Richtlinien und das Tierwohl. Auf dem Almen beschäftigt uns auch die Thematik Wolf sehr. Wir hoffen auf ein offenes Ohr dafür beim neuen Präsidenten.“ Der BBK-Obmann berichtete stolz: „Der Bezirk Kirchdorf ist sehr vielfältig aufgestellt und wir haben sehr innovative Landwirte, die den Weitblick nicht scheuen“. Auch der neue LK-Präsident Franz Waldenberger zeigte sich begeistert: „Es ist beeindruckend, wie vielfältig der Bezirk Kirchdorf ist und wie innovativ er immer schon war.“
Erklärungsbedarf steigt
Waldenberger stellte sich persönlich bei den anwesenden Landwirten vor und übermittelte fachliche und aktuelle Informationen. „Das Verständnis für die Landwirtschaft wird immer weniger und der Erklärungsbedarf für Dinge, die für uns Landwirte selbstverständlich sind, wird mehr“, weiß der LK-Präsident, zudem seien dringend höhere Erzeugerpreise erforderlich: „Trotz der massiven Betriebsmittelsteigerung wurden die Produktpreise nicht erhöht. Das ist Existenzbedrohend für die Bauern.“ Eine Strategie sei es, mit Diversifizierung, also beispielsweise anderen Vermarktungsmöglichkeiten (Direktvermarktung) und neuen Betriebszweigen wie Urlaub am Bauernhof dem Handel auszuweichen. „Mir ist bewusst, dass das nicht immer funktioniert“, sagt Franz Waldenberger.
Green Deal und Tierschutz
Zum European Green Deal erklärt der LK-Präsident: „Das Ziel des Green Deals, Klimaneutralität bis 2050, können wir als Landwirte nur begrüßen, da wir vom Klimawandel direkt betroffen sind. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir diese Zielsetzung unbedingt mittragen müssen.“ Weiters will die Landwirtschaftskammer Anreize für ein bodennahe Gülleausbringung schaffen.
In Bezug auf den Tierschutz stelle sich, laut dem Bio-Bauern aus Pennewang (Bezirk Wels-Land), die Frage: „Ist die Gesellschaft bereit, auch die geforderten hohen Tierwohlstandards abzugelten? Aus unserer Sicht kann das jedenfalls nur mit einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel funktionieren. Wir müssen das im heurigen Jahr endlich schaffen.“
Kammerdirektor Karl Dietachmair präsentierte die Schwerpunkte der neuen GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) in der Europäischen Union (EU).
Zahlreiche kritische Fragen
Im Anschluss an die Vorträge gab es ausreichend Zeit für Diskussionen. Dabei äußerten viele der anwesenden Landwirte ihre Bedenken und stellten kritische Fragen, die vom Präsidenten und Kammerdirektor beantwortet wurden. Neben den ungewissen Zukunftsperspektiven, vor allem für junge Landwirte, bewegt die Landwirte derzeit besonders das Thema Herkunftskennzeichnung. Sie wünschen sich mehr Unterstützung seitens der Landwirtschaftskammer bei dieser Forderung gegenüber der Gastronomie. Franz Waldenberger erklärt, dass in einem ersten Schritt die Herkunftskennzeichnung in Handel und Gemeinschaftsverpflegung umgesetzt werden soll und erst im nächsten Schritt in der Gastronomie, da es seitens dieser derzeit noch Widerstände gebe. Zudem werde ein Kontrollsystem gebraucht und da stecke viel Zeit und Geld dahinter.
Konsumentenaufklärung in den Medien
Viele Bauern sehen noch ein großes Potential im Energiethema und wünschen sich dazu Beratungen. Ein weiteres Diskussions-Thema war die Verbreitung von Fake News über die Landwirtschaft mittels Social Media. Hier müsse seitens der LK stärker interveniert werden. Der LK-Präsident meinte diesbezüglich: „Fundierte Konsumentenaufklärung passiert nicht in den sozialen Medien. Der Landwirtschaftskammer ist die Aufklärung in den Medien wichtig. Beispielweise müssen wir darüber informieren, dass in vielen vegangen Produkten Chemie enthalten ist. Mit der Gesellschaft in Diskussion zu treten ist unser Auftrag in der Landwirtschaft. Wir müssen die Konsumenten von unserer Arbeit und Qualität überzeugen.“
Daten aus dem Bezirk Kirchdorf:
Bevölkerung: 56.800 Einwohner
Fläche: 124.000 Hektar
Wald: 70.360 Hektar
Almen: 200, gesamt 1.988 Hektar
1.387 Förderanträge
120 Betriebe in der Direktvermarktung
24.875 Rinder
155.185 Schweine
435.349 Geflügel
6.494 Ziegen
8.354 Schafe