Direkt am Bauernhof statt im Labor: Paradeiser-Züchtung in Allhaming
ALLHAMING. Am Biohof Fairleben wird das praktiziert, was früher eine selbstverständliche Aufgabe auf Bauernhöfen war. Margit und Josef Mayr-Lamm züchten in Allhaming eine eigene Paradeiser-Sorte, die den Ansprüchen ihrer Kunden entspricht – fernab von Laborräumen.
Paradeisersorten, die auch regenreichen Sommern, wie jenem im letzten Jahr, standhalten, werden immer gefragter. Bei den Cocktailparadeisern gibt es hier bereits robuste Sorten. Viele fragen bei Margit Mayr-Lamm jedoch auch nach größeren, standhaften Sorten. Margit Mayr-Lamm erkannte, dass es hierfür eine Nachfrage, jedoch noch keine Sorten am Markt gab. So machte sie es sich selbst zur Aufgabe, eine Sorte direkt am Hof in Allhaming zu züchten, die den Ansprüchen und Wünschen ihrer Kunden entspricht: einem roten, runden, geschmackvollen und samenfesten Salatparadeiser, der mit großer Robustheit gegenüber der Kraut- und Braunfäule ausgestattet ist.
Rolle der Bauernhöfe
Züchtungsarbeit am Hof war jahrhundertelang eine Selbstverständlichkeit für Bauern weltweit, denn so wurden Sorten an die Standortbedingungen auf den Höfen permanent angepasst und vor allem das Saatgut für die nächsten Jahre gesichert. Erst vor etwa 100 Jahren wanderte dieses Wissen in die Labore der Saatgutfirmen und -konzerne. Auf den Bauernhöfen hingegen ist das Know-how um die Weiterentwicklung von Sorten und Saatgutgewinnung vielfach verloren gegangen. Doch Margit und Josef Mayr-Lamm sind überzeugt, dass es die vielen kleinen vielfältigen Höfe sind, die die Saatgut- und Ernährungssouveränität sichern.
Züchtung zurückholen
Der Verein „Arche Noah“ in Niederösterreich, der sich der Erhaltung der Vielfalt verschrieben hat, hat im Jahr 2008 eine Arbeitsgruppe von Vielfaltsbauern aus ganz Österreich gegründet. Darin wird das sogenannte „on farm breeding“, also die Züchtung vor Ort auf den Bauernhöfen, wieder gelernt und verbreitet. Der Biohof Fairleben aus Allhaming ist seit Anfang an in dieser Arbeitsgruppe mit dabei und will damit einen Beitrag leisten, Züchtungsarbeit wieder zurück auf die Bauernhöfe zu holen.
Jahrelange Entwicklung
Mit dem Wissen aus dieser Arbeitsgruppe beziehungsweise aktiver Unterstützung von Mitarbeitern des Vereins „Arche Noah“ wurden in Allhaming im Jahr 2017 Kreuzungen für die Züchtung von robusten, roten Freiland-Salatparadeisern angelegt. Die Nachkommenschaften werden jedes Jahr am Biohof Fairleben selektiert, das heißt die gesündesten Pflanzen, die der Kraut- und Braunfäule gut widerstehen können, ausgewählt und vermehrt. Bis eine Sorte stabil ist und nicht mehr aufspaltet, das heißt als Sorte „fertig“ ist, vergehen sieben bis acht Jahre. Die Züchtungslinie in Allhaming ist heuer in der „F5“, also in der fünften Generation, was bedeutet, dass die neue Sorte noch in Entwicklung ist.
Selbst Teil des Prozesses sein
Um Gärtner am Prozess der Selektion und Züchtung ein Stück weit teilhaben zu lassen, bietet der Biohof heuer diese „fairleben Zuchtlinie“ aus der Arbeitsgruppe „Bauernparadeiser“ erstmalig schon im Verkauf an. So kann man Teil eines Züchtungsprojektes werden. Margit und Josef Mayr-Lamm freuen sich dann im Herbst über Rückmeldungen bezüglich der Pflanzengesundheit und Geschmack der Früchte. Das traditionelle Jungpflanzenfest mit Bio-Essen und vielen jungen Pflanzen am Biohof Fairleben (Lindach 1 / 4511 Allhaming) findet dieses Jahr an drei Wochenenden statt. Am 23. und 24. April, am 30. April und 1. Mai sowie am 7. Mai kann das Fest von 10 bis 17 Uhr besucht werden, eine Führung gibt es immer um 15 Uhr.
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