Zufriedenstellende Herbsternte trotz schwieriger Bedingungen
OÖ. Oberösterreichs Landwirtschaft galt heuer, was die Niederschlagsverteilung betrifft, lange als Insel der Seligen. Während beinahe ganz Europa im Frühjahr und Sommer unter einer anhaltenden Dürre litt und selbst Teile Österreichs mit Hitze und Trockenheit konfrontiert waren, hat es in weiten Teilen Oberösterreichs verlässlich geregnet und zu sehr guten Erträgen bei den Herbstkulturen Mais, Soja, Zuckerrüben und Ölkürbis geführt.
„Leider hielt der Regen, der uns so erfreulich über den Sommer gebracht hat, zur Ernte im Herbst an und endete erst Anfang Oktober. Dies führte zu sehr schwierigen, fast unmöglichen Erntebedingungen verbunden mit hohen Trocknungskosten und der Gefahr von Bodenverdichtungen durch die Erntemaschinen“, zieht Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) OÖ über die heurige Herbsternte Bilanz.
Auch wenn die Erntebedingungen bis Anfang Oktober wegen der laufenden Niederschläge sehr schwierig waren und etwa Soja kaum unter 17 bis 20 Prozent Feuchtigkeit gedroschen wurde, ist die Ernte - was den Ertrag betrifft - für den Kammerpräsidenten sehr zufriedenstellend verlaufen, obwohl es in der Endphase der Ernte zu verstärktem Auftreten von Pilzkrankheiten kam, was wiederum zu Preisabschlägen im Handel führte. Sorge bereiten vielen Landwirten auch beim Mais die hohen Trocknungskosten, die meist vom Gaspreis abhängen. „Der Maispreis, abgeleitet von der Warenterminbörse in Paris, ist zwar mit aktuell 380 Euro pro Tonne brutto hoch, allerdings reduzieren die Trocknungskosten den Deckungsbeitrag um bis zu 1.000 Euro je Hektar“, erläutert Waldenberger.
Top-Bedingungen für subtropische Pflanzen
„2022 ist das Maisjahr schlechthin. Obwohl bereits in den vergangenen beiden Jahren in Oberösterreich gute Produktionsbedingungen für den Maisanbau herrschten, war die heurige Witterung ob der Enns unübertroffen. Mais benötigt als subtropische Kultur hohe Wärmesummen mit ausreichend Wasserversorgung. Genau diese Witterungsbedingungen lieferte der heurige Sommer und beschleunigte die Abreife“, resümiert Helmut Feitzlmayr, Leiter der Abteilung Pflanzenbau in der LK OÖ. Kein Stickstoffdüngerbedarf und eine gute Preissituation führten heuer in Oberösterreich auch zu einer deutlichen Flächenausweitung bei Soja auf über 20.000 Hektar. Die Sojabohnen konnten sich mit der warmen Witterung im Sommer sehr gut entwickeln. Nur die Ernte wurde durch den nassen September etwas erschwert, weshalb die Bohnen oft zu feucht gedroschen werden mussten.
Comeback der Zuckerrübe
Die wirtschaftlich schwierigen Jahre in der Zuckerrübenproduktion dürften überwunden sein. Nach Abschaffung der Zuckerproduktionsquoten kam es 2017 zu einer massiven Flächenausweitung und Überproduktion in der EU, was ein historisches Preistief einleitete. In Österreich kam es daher zu einem Rückgang, weil Rübenbauern aus der Produktion ausstiegen. Daher war bereits 2020 die Schließung der zweiten Zuckerfabrik Österreichs in Leopoldsdorf beschlossene Sache. Mit der Hintertür, diese bei Erreichen von 38.000 Hektar wieder zurückzunehmen, was schließlich auch erreicht wurde.
Oberösterreich hat einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der zweiten österreichischen Zuckerfabrik und somit zur Absicherung der Eigenversorgung geleistet. Die Rübenbauern haben die Fläche im Rahmen ihrer Fruchtfolge ausgeweitet, es wurden aber auch zahlreiche Neueinsteiger gefunden. Heuer bauen in Oberösterreich 1.130 Landwirte auf rund 7.300 Hektar Zuckerrüben an und erwarten eine Ernte von rekordverdächtigen 100 Tonnen pro Hektar. Dies entspricht 21 Prozent der österreichischen Rüben-Anbaufläche bzw. rund 29 Prozent der österreichischen Zuckerrübenproduktion.
Das Durchhalten der letzten Jahre wird heuer durch attraktive Rübenpreise von über 60 Euro pro Tonne belohnt. Einziger Wermutstropfen: Die Zuckergehalte liegen aufgrund der Niederschläge im Herbst unter dem langjährigen Durchschnitt. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass aktuell die Rahmenbedingungen für den Rübenanbau attraktiv sind und eine gute Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Kulturen gegeben ist.
Hohe Düngerkosten - Bauern sparen mit Einsatz
Während weltweit die wichtigsten Nahrungsmittel wieder auf demselben Niveau wie vor einem Jahr liegen, sind die Lebensmittel in der EU im vergangenen Jahr um durchschnittlich 14,3 Prozent gestiegen. Ebenso liegen die Strom-, Gas- und Mineraldüngerkosten in Europa erheblich über jenen außerhalb unseres Kontinents. Die Ammoniakproduktion kostet mit 2.500 bis 3.000 Euro je Tonne mehr als doppelt so viel wie am internationalen Markt.
„Das heißt, wir leben derzeit in einer Preishochburg für Energie-, Lebensmittel- und Produktionskosten. Die im September in Österreich auf 10,5 Prozent gestiegene Inflationsrate und der seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar um 20 Prozent gefallene Euro verschärfen die Situation. Der Import von Energie, Futtermittel, Dünger und Pflanzenschutzmittel aus dem Dollarraum verteuert sich damit erheblich. So führten die hohen Düngerkosten dazu, dass im letzten Wirtschaftsjahr 20 Prozent weniger Stickstoff-, 40 Prozent weniger Phosphor- und 30 Prozent weniger Kalidünger in der österreichischen Landwirtschaft eingesetzt wurden. Wird bei anhaltend hohen Düngerpreisen an der Grunddüngung weiterhin gespart, so wird Oberösterreichs Landwirtschaft das gute und hohe Ertragsniveau auf Dauer nicht halten können“, ist Waldenberger überzeugt.
Klimawandel in Oberösterreich angekommen
Die Landwirtschaft ist als Erstes sowie unmittelbar von den Konsequenzen der Erderwärmung in Form von Naturkatastrophen betroffen und gilt daher als größtes Klimaopfer, hängen doch 80 Prozent des Ertrages vom Wetter ab. In Teilen des Innviertels gibt es aufgrund von Niederschlagsdefiziten von vielerorts 50 Prozent erhebliche Ernteausfälle. Die Konsequenz ist ein Dürreschaden in der Landwirtschaft in Oberösterreich von 30 Millionen Euro. Hinzu kommen noch Frost-, Hagel-, Sturm- und Überschwemmungsschäden in der Höhe von 17 Millionen Euro. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich mittlerweile neun von zehn Ackerbauern gegen Hagel und sonstige Wetterrisken wie Frost, Dürre oder Überschwemmungen versichert haben.
„Faktum ist jedenfalls: Wir müssen Maßnahmen treffen, um den Klimawandel und in Folge die in Häufigkeit und Intensität zunehmenden Wetterextreme zu bremsen. Dazu gehören aber auch Maßnahmen, um den Bodenverbrauch zu bremsen. Andernfalls gefährden wir die Zukunft einer starken und regionalen Landwirtschaft und damit auch die heimische Lebensmittelversorgung“, bilanziert Präsident Waldenberger das Erntejahr.
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