
LINZ-LAND. Am 24. Februar jährte sich der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine zum ersten Mal. Viele Menschen sind aus den Kriegsgebieten geflohen – auch nach Oberösterreich, wo die Plattform „zusammenhelfen in OÖ“ mehr als 100 Initiativen vernetzt und berät. Projektleiterin Andrea Mayrwöger aus Hörsching erinnert sich an die Anfänge und lässt ein herausforderndes Jahr Revue passieren.
„Der 24. war ein Donnerstag, und an diesem Wochenende habe ich dann versucht, so viel Informationen wie möglich zusammenzutragen für die Freiwilligen. Es sind klarerweise sehr viele Fragen aufgetaucht. Immer wenn ich eine gesicherte Information hatte, haben wir sie per Social Media ausgeschickt. Es hat sich dann sehr schnell auch eine riesengroße Welle der Solidarität entwickelt, viele Menschen haben sich engagiert, es wurden Sachspenden gesammelt und noch bevor offiziell dazu aufgerufen wurde, gab es auch schon Menschen, die jemanden bei sich aufgenommen haben. Da haben wir geschaut zu unterstützen und für die Leute da zu sein. Das war so der Anfang des Ganzen“, erzählt Andrea Mayrwöger.
Rasche Informationen für schnelle Hilfe notwendig
Ging es zu Beginn darum, sogenannte „Systemfragen“ zu klären, änderte sich der Bedarf an Hilfestellung und Informationen im Laufe der Zeit: „Wollten die freiwilligen Quartiergeber zunächst wissen, wie das mit einer Registrierung abläuft, ob die Flüchtlinge irgendwo angemeldet werden müssen und wann sie arbeiten gehen können, hat sich das geändert, als sich alles eingespielt hatte“. Danach ging es hauptsächlich um Fragen der Grundversorgung, wann die Leute ihr Geld bekommen. „Darauf ist dann auch mit Vorauszahlungen reagiert worden, aber es waren immer so Hürden zu bewältigen“, so Mayrwöger.
Breite Palette an Engagement
Die Plattform leistete auch einen wichtigen Beitrag bei der Koordinationsarbeit. „Viele haben sich gemeldet, die gerne helfen wollten, aber nicht wussten wie“, hatte Mayrwöger auf alle Fragen eine Antwort. Von Deutschunterricht und Kinderbetreuung über Geld- und Sachspenden waren alle Formen der Unterstützung bei den verschiedensten Initiativen dabei. „Für die Nachhaltigkeit des freiwilligen Engagements ist es sehr wichtig, dass diese Menschen auch eine Initiative haben, die sie zumindest kennen, und wo sie sich hinwenden können bei Bedarf“, weiß Projektleiterin Mayrwöger.
Nachhaltige Unterstützung
Bei der Ukraine-Hilfe gab es ganz viele Menschen, die sich vorher eigentlich noch gar nicht engagiert hatten, aber im Moment ganz akut helfen wollten. „Die waren auch nicht in Initiativen vernetzt und sozusagen alleine. Genau für die wollten wir da sein, und das bedeutet halt, dass du für diese Leute 24/7 Ansprechperson bist.“ Der Plattform ist es natürlich auch ein Anliegen, dass die Freiwilligen ihr Engagement so lange wie möglich fortführen. „Wir unterstützen, dass das Durchhaltevermögen so lange wie möglich dauert, weil es ist eben wirklich sehr anstrengend. Ich glaube aber schon, dass ganz viele Leute, die sich vorher noch nicht engagiert haben, da dranbleiben“, sieht Mayrwöger trotz zahlreicher Herausforderungen einen positiven Effekt.
Treffen zum gemeinsamen Austausch der Freiwilligen
Wenn Gruppen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Gewohnheiten zusammenkommen, die sich nicht kennen und jetzt aber miteinander leben müssen, kommt es auch zu Konflikten, weshalb auch rasch Supervisionen und Coachings für die Freiwilligen eingeführt wurden. Schnell wird klar, dass viele Menschen, die helfen wollen, Ansprechpersonen brauchen. „Beim Infotelefon haben uns die Leute oft erzählt, was bei ihnen schief läuft, was sie ärgert, aber auch was besonders gut gelaufen ist. Da war uns schnell klar, dass etwas gebraucht wird, wo sich die Quartiergeber untereinander zuhören und wo sie sich austauschen können. Wo sie auch merken, dass sie mit diesen Herausforderungen, die gerade aufkommen, nicht alleine sind“. Als bei einem Treffen die Teilnehmer in der Pause untereinander Telefonnummern ausgetauscht haben, war das der Moment für Mayrwöger, als sie gesehen hat „es funktioniert“.
Trotz Rückschlägen wird durchgehalten
Besonders bei den privaten Quartiergebern waren einige dabei, die nach ein paar Wochen nicht mehr konnten oder es mit der untergebrachten Familie nicht so gepasst hat. „In der Supervision sagen sie dann aber schon, dass sie zwar das beenden wollen, aber entweder in einem anderen Bereich tätig sein oder es mit einer neuen Familie noch einmal probieren wollen. Die Leute bleiben auch trotz Enttäuschungen dabei, weil es einem wirklich auch so viel zurückgibt und sie auch weiterhin ihre Tatkraft in das Solidarische einfließen lassen möchten“, kann Mayrwöger bei aller Tragik auch eine positive Seite an den Entwicklungen erkennen.
Daher hat sie auch einen wichtigen Appell zum Abschluss: „Ganz egal mit welchen Themen. Freiwillige können sich mit ihren Anliegen immer bei uns melden, selbst wenn wir das Angebot dafür nicht haben. Wir reagieren da sehr flexibel drauf.“