Outdoor Coaching: Was hat es mit beruflicher Beratung in freier Natur auf sich?
LINZ/LINZ-LAND. Coachingangebote gibt es wie Sand am Meer. Drei Gründer, zwei von ihnen aus dem Bezirk Linz-Land, gehen deshalb einen innovativen Weg: Ihr Startup „Elevaro“ verbindet klassisches Training mit dazu passenden Outdoor-Aktivitäten. Was es mit dieser Form des Coachings auf sich hat, darüber sprach Arbeitspsychologe Alfred Barth von der SFU (Sigmund Freud Universität) Linz mit der Redaktion.
Zum ersten Mal kreuzten sich die Wege von Alexander Brendel-Schauberger, Philipp Hörtenhuber und Thomas Auinger vor etwa zehn Jahren: Sie waren am Aufbau des später sehr erfolgreichen Startup „Runtastic“ beteiligt. Neben ihrem ehemaligen Arbeitgeber eint die drei Männer vor allem eines: Die Leidenschaft für Outdoor-Aktivitäten.
Dies wurde zur Initialzündung für ihr Coaching-Startup „Elevaro“. Das Konzept: Klassische Beratungsansätze werden mit thematisch passenden Teambuilding-Aktivitäten in der freien Natur verbunden. „Wir alle haben jahrelange Erfahrung als Führungskräfte und in der Entwicklung sowie Umsetzung von Coachingmaßnahmen. Somit waren wir auch selber schon oft Teilnehmer von Trainings“, erzählt Brendel-Schauberger.
Dabei habe der Gründer aus St. Marien bemerkt: „Klassisches Training spricht lediglich die kognitive Ebene an. Bei Teambuilding-Aktivitäten im Freien hingegen geht es häufig nur darum, als Gruppe Spaß zu haben. Daher ist beides alleine nicht besonders nachhaltig und spätestens am Montag im Büro wird man vom Arbeitsalltag eingeholt.“
Naturkulisse ist i-Tüpfelchen beim Coaching
Die Kombination aus beraterischen Maßnahmen und Outdoor-Aktivitäten soll das Training wirksamer machen – so zumindest das Ziel der Elevaro-Gründer. Aus Sicht der Wissenschaft ist dies nicht belegt: „Nachweise, dass Coaching in der Natur besser funktioniert als im Seminarraum, gibt es nicht“, stellt Alfred Barth von der Sigmund Freud Privatuniversität (SFU) Linz klar.
Der Organisations- und Arbeitspsychologe ist auf Gesundheitsfragen am Arbeitsplatz spezialisiert, unter anderem forscht er an psychosozialen Phänomenen wie Mobbing oder Burnout im beruflichen Kontext. Barths Einschätzung zufolge habe der Naturaspekt einen motivationalen Charakter: Das berufliche Training in die Berge oder an einen See zu verlegen, kann zu mehr Spaß und Bereitschaft führen. Auch eine beruhigende und fokussierende Wirkung ist möglich. „Zur Lösung von Problemen trägt es aber nicht bei. Da ist eine schöne Umgebung eher das Tüpfelchen auf dem i“, so der SFU-Professor.
Anders sehe es aus, wenn im Rahmen des Coachings Sport gemacht wird, wie es bei Teambuilding-Klassikern wie Bergsteigen oder Kajakfahren der Fall ist. Grund dafür: Erhöht sich der Puls über einen längeren Zeitraum infolge von körperlicher Ertüchtigung, so werden Stresshormone (z.B. Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin) im Körper abgebaut. Dies kann dabei helfen, kleinere Konflikte zu bewältigen oder diesen gar erst vorzubeugen.
Mediation bei verfahrenen Konflikten ratsam
Dass zum Thema Outdoor-Coaching kaum empirisch valide Forschung vorhanden ist, dessen sind sich auch die Gründer von Elevaro bewusst: „Genau deshalb streben wir an, Daten zur Wirksamkeit unseres Coachings zu sammeln“, sagt Brendel-Schauberger. An den Universitäten bestehe laut Barth aktuell kein großes Interesse an weiteren Studien zum Thema: „Coaching im Allgemeinen ist natürlich beforscht. Gerade für Führungskräfte, das kann man gut nachweisen.“
Insgesamt können Kunden von Elevaro aus drei verschiedenen Angeboten wählen: Teams und Organisationen werden in den Programmschienen „Essentials“ und „Excellence“ fündig. Letztere bietet Unterstützung bei konkreten Problemen: „Wenn es jedoch um stark verfahrene Konfliktsituationen geht, wo auch kaum Bereitschaft da ist, aufeinander zuzugehen, eignet sich wohl eine Mediation besser“, betont Brendel-Schauberger.
Keine Lösung bei psychischen Erkrankungen
Mit ihrem dritten Angebot „Experience“ richten sich die Gründer an Einzelpersonen, die etwa an der Stärkung ihrer Resilienz arbeiten wollen. Barth sagt diesbezüglich: „Es ist gut, dass Menschen zu Coaches gehen. Aber man muss sich im Klaren sein, dass dies nur für nicht-psychopathologische Anliegen gedacht ist. Ganz klar ist, dass es da Grenzfälle gibt, vor allem beim Thema Stress.“ Psychische Krankheiten zu erkennen, sei oftmals kein leichtes Unterfangen – vor allem bei fehlender psychologischer Vorbildung.
Hier appelliert Barth an das Verantwortungsbewusstsein der ausübenden Trainer. Ob und welche Form von Coaching sinnvoll ist, bleibe laut dem Professor letztlich eine Zeit- und Kostenfrage. Aber: „Wenn das Training mit einer körperlichen Ertüchtigung einhergeht, dann hat man mehrere Fliegen auf einen Schlag: Einerseits die Beratung und andererseits den Stressabbau durch Sport – das kann sich schon potenzieren, meine ich.“
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