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"Neuer Tiefpunkt": Ansfeldner Jugendumfrage sorgt für Kritik (Update: 25.04., 12 Uhr)

Marlis Schlatte, 25.04.2023 12:04

ANSFELDEN. Seit 18. April können Jugendliche in Ansfelden an einer Jugendumfrage teilnehmen. Kritik gab es nun an den Fragestellungen. Darin sollte man Aussagen wie „Ein gutes Paar besteht aus einem Mann und einer Frau“, „Ich finde es ekelhaft, wenn zwei Männer sich küssen“ oder „Mädchen und Jungen sollten sich ihrem Geschlecht entsprechend verhalten“ bewerten. Die Fragen wurden online nun bereits entfernt. UPDATE: Nun äußerten sich auch die JKU sowie der Ansfeldner Bürgermeister zum Vorfall.

  1 / 2   Die SPÖ Ansfelden und die Hosi Linz kritisieren, dass in der Jugendumfrage suggeriert werde, dass sich küssende Männer "ekelhaft" seien. (Foto: Krakenimages.com/stock.adobe.com)

Die SPÖ Ansfelden reagiert schockiert auf diese Jugendumfrage. „Neben den moralisch höchst verwerflichen Aspekten, stellen wir uns schon auch die Frage, was die Stadtgemeinde in weiterer Folge mit diesen Informationen anfängt“, so Parteivorsitzender und Vizebürgermeister Thomas Unger, „warum die JKU als Umfrageinstitut hier mitmacht ist uns schleierhaft.“ An der Umfrage können Gemeindebürger zwischen 14 und 21 Jahren teilnehmen. Ziel sei es, „Einblicke in die Lebensrealitäten der Jugendlichen zu generiere, wie sie ihren unmittelbaren Lebensraum wahrnehmen, welche Themen ihnen wichtig sind und wo sie Handlungsbedarf sehen“, so die Stadtgemeinde bei der Promotion der Umfrage auf der Gemeindehomepage.

„Vorgestriges Weltbild“

Auch die Hosi Linz (Homosexuelle Initiative Linz) meldet sich zu Wort. „Wir von der HOSI Linz engagieren uns seit Jahrzehnten, um Jugendlichen an den Schulen, dass es in Ordnung ist, LGBTIQ* zu sein und dass es auch für Heteros keinen Grund gibt, sich vor LGBTIQ*-Personen zu fürchten. Und dann kommt – mal wieder wenig überraschend – die FPÖ mit einem neuen Tiefpunkt und lässt durch die JKU in einem Bündel an Suggestivfragen ihr mehr als vorgestriges Weltbild in Sachen Sexualität & Geschlechterrollen abnicken“, so Vereinssprecher Richard Steinmetz. „Gerade in einer sensiblen Altersphase, in der LGBTIQ*-Jugendliche Unterstützung brauchen, richtet Ihnen die FPÖ mit Unterstützung der JKU von Amts wegen aus, dass sie ekelhaft und falsch sind. Die FPÖ hat damit einmal mehr bewiesen, dass sie lieber auf Seite derer steht, die LGBTIQ*-Jugendliche mobben, statt ein Klima zu schaffen und zu fördern, das alle Jugendliche wertschätzend auf ihrem Weg unterstützt, ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung oder Identität.“

Fragen entfernt

Die SPÖ Ansfelden forderte sogleich von Bürgermeister Christian Partoll (FPÖ) und seinem Parteikollegen Stadtrat Christian Gegenhuber (FPÖ), der federführend bei der Durchführung der Umfrage ist, Verantwortung zu übernehmen und die Umfrage umgehend aus dem Internet zu entfernen. Die genannten Fragestellungen sind nun nicht mehr in der Online-Umfrage zu sehen. Kulturgemeinderätin Renate Heitz, LGBITIQ-Sprecherin der SPÖ im Oberösterreichischen Landtag, zeigt sich wenig überrascht: „Die FPÖ zeigt einmal mehr, welch intolerantes und antiquiertes Weltbild sie vertritt. Das sie dieses Weltbild nun auch im Deckmantel einer Jugendumfrage für 14-21-jährige verpacken, ist aber selbst für die Freiheitlichen ein neuer Tiefpunkt.“

Laut „Oberösterreichische Nachrichten“ verwies Bürgermeister Partoll bei der Kritik an der Fragestellung auf die JKU, die die Umfrage erstellt habe. Er sehe einen „Angriff auf die Wissenschaft“.

Update (24.04., 16.30 Uhr)

Seitens der JKU gab es am Montag eine Stellungnahme zu diesem Vorfall. Es seien „bedauerlicherweise methodische Fehler passiert“, da Aussagen in einer solch empirischen Umfrage immer ausgewogen formuliert werden sollten, so Johann Bachner, Universitäts-Professor am Institut für Soziologie, Abteilung Empirische Sozialforschung der JKU. Demnach hätte es etwa auch eine Aussage wie „Ich finde es richtig, dass Ehen zwischen zwei Männern erlaubt sind“ neben „Ich finde es ekelhaft, wenn zwei Männer sich küssen“ geben müssen. „Es war aber in keiner Phase von den verantwortlichen Mitarbeiter*innen beabsichtigt, bestimmte sexuelle Orientierungen zu bewerten. Sollte das Fehlen einer explizit positiven Aussage zu persönlichen Verletzungen geführt haben, möchte ich mich im Namen des Instituts für Soziologie sowie persönlich bei allen Betroffenen aufrichtig entschuldigen. Das Institut für Soziologie ist sich der sensiblen Thematik bewusst und wird daher in Zukunft stärker auf eine methodische Qualitätssicherung achten“, so Bachner.

Notwendige Lehren ziehen

Auch JKU-Rektor Meinhard Lukas betont, dass das Leitbild und die Werte der JKU von Diversität und Inklusion geprägt seien. „Die konkrete Umfrage in Ansfelden wird indes den sozialwissenschaftlichen Standards nicht gerecht, weil – wie von Univ.-Prof. Bachner dargestellt – leider methodische Fehler passiert sind. Die JKU bedauert daher außerordentlich den in der Öffentlichkeit entstandenen Eindruck. Wir führen daher seit dem Wochenende intensive Gespräche mit den beteiligten Akteur*innen sowie der Abteilungs- und Institutsleitung, um den bisherigen Prozess kritisch zu reflektieren und daraus die notwendigen Lehren zu ziehen“, so Lukas.

Partoll: „Sind konservativ und liberal genug“

„Niemand in Ansfelden und schon gar nicht ich und meine Fraktion haben ein Problem mit persönlicher Lebensgestaltung. Ich mache für mich und meine Fraktion ein für alle Mal klar: Wir sind freiheitlich und das heißt: konservativ genug, um die klassische Familie mit Kindern zu fördern, um so die Gesellschaft zu stärken, und liberal genug, um alle anderen, von erwachsenen Menschen freiwillig gewählten, Lebensmodelle zu akzeptieren!“, stellt Ansfeldens Bürgermeister Christian Partoll in der Diskussion rund um die Jugendumfrage klar. Ein klarer Auftrag an den Jugendausschuss sei gewesen, eine Umfrage zu gestalten, die sichtbar macht, was Jugendliche bewegt. Die Diskussion um die von der JKU erstellte Ansfeldner Jugendumfrage sei nun leider in eine sehr emotionale, anfeindende politische Diskussion abgeglitten, bedauert Partoll. Er wolle alle Fraktionen dazu einladen, sich im Rahmen ihrer politischen Verantwortung in die anschließenden politischen Diskussionen und Arbeitsschritte in der Erweiterung und Umgestaltung der Jugendarbeit einzubringen.

Auch Grüne Jugend äußert sich (Update: 25.04., 12 Uhr)

Auch seitens der Grünen Jugend Oberösterreich wurde Kritik laut. Unter der Verantwortung des FPÖ-Stadtrates Christian Gegenhuber seien suggestive Fragestellungen verwendet worden, die wissenschaftlichen Standards nicht entsprechen und Jugendlichen ein negatives Bild von Homosexualität vermitteln würden. „Das Ziel muss eine geschlechtergerechte Gesellschaft sein, in der es egal ist, wen man liebt”, führt Landessprecherin Dana Stachl aus. „Das erreichen wir nur mit einem weltoffenen Zugang, indem wir Kindern und Jugendlichen von Anfang an vermitteln, dass es das Normalste auf der Welt ist, wenn sich etwa zwei Männer küssen. Mit dieser Umfrage wird ihnen im schlimmsten Fall von der FPÖ ausgerichtet, dass sie ekelig, andersartig oder minderwertig sind, wenn sie queer sind.” Die Politik in Ansfelden, insbesondere FPÖ-Bürgermeister Christian Partoll und FPÖ-Jugendstadtrat Christian Gegenhuber, seien nun am Zug, Verantwortung für die „homophoben Fragestellungen“ zu übernehmen, so Stachl.


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