Thomas Quasthoff im Interview: ein glückliches Leben - frei von roten Teppichen
LINZ. Thomas Quasthoff gastiert am 15. Juli vor dem Linzer Mariendom. Gemeinsam mit Jocelyn B. Smith und der Big Band der Volksoper Wien bringt er ein Tribute to Frank Sinatra. Tips hat sich mit dem deutschen Starbariton unterhalten ...
Tips: Eigentlich hatten Sie sich ja schon von den großen Konzertbühnen verabschiedet. Jetzt sind Sie für vereinzelte Konzerte zurück – darunter Linz. Wie kam´s dazu?
Quasthoff: Ich habe einfach Spaß daran, zu singen - mit meinem großartigen Trio, mit drei der besten deutschen, ich würde sogar sagen europäischen Jazzmusiker an meiner Seite. Es macht einfach Spaß, wenn ich sehe, etwa beim Jazzfest in Wien, dass die ganze Staatsoper aufsteht. Das ist wunderbar.
Tips: Was hat sich für Sie in Ihrem Leben verändert, seit Sie Ihren Abschied bekannt gegeben haben?
Quasthoff: Es ist ruhiger geworden - das ist sehr angenehm. In Zürich, Moskau, Petersburg oder Wien spiele ich auch jetzt noch mit meinem Jazztrio. Das ist nicht wenig, dazwischen gebe ich Lesungen, spiele Theater, bin Hochschulprofessor, Ehemann und Papa. Mein Leben ist ausgefüllt. Es sind halt nur nicht mehr 80, sondern jetzt 30 Konzerte im Jahr. Das reicht aber. Ich muss nicht mehr überall in der Welt rumreisen, um mir und anderen etwas zu beweisen.
Tips: Sie unterrichten, Sie sind Kabarettist, Schauspieler – ein Allrounder. Würden Sie sagen, Sie sind für die Bühne geboren?
Quasthoff: Ich finde, das ist ein blöder Satz. Ich glaube, bei mir war einfach relativ früh klar, dass es ein künstlerischer Gang wird. Mit einer 100-prozentigen Körperbehinderung wie bei mir kann ich den Satz „für die Bühne geboren“ für mich nicht gelten lassen. Wenn es dann aber funktioniert, dann ist es umso schöner.
Tips: Gibt es etwas, von dem Sie sagen: Auch das möchte ich noch probieren?
Quasthoff: Nein – das gibt“s nicht. Ich habe Echos, Grammys, den europäischen Kulturpreis - so ziemlich alles, was man in der Klassikbranche gewinnen kann. Das Allerwichtigste, was ich aber gewonnen habe, ist eine fantastische Frau im Leben. Mehr brauch ich nicht – ich brauche keine drei Wohnungen, kein fettes Auto. Mein Leben ist wesentlich unspektakulärer als man denkt! Ich führe ein ganz normales Leben, relativ frei von roten Teppichen – und da bin ich sehr glücklich darüber.
Tips: Man hört es raus – und Sie sagen es auch von sich selbst: Sie sind ein glücklicher Mensch. Was treibt Sie zur Wut?
Quasthoff: Wut – ja, da könnte ich gerade in Ihr Land gucken – oder wenn in Deutschland die AfD aufläuft. Wenn mit Ängsten Politik gemacht wird, Intoleranz, Engstirnigkeit, Dummheit, Rachegelüste. So etwas macht mich wütend. Das find ich dumm. Undiplomatisch bin ich ja selber – ich sage sehr klar, was ich denke und an was ich glaube. Das hat mir nicht immer Freunde eingebracht, das sind die Menschen nicht gewohnt. Aber ich bin für mich am besten damit gefahren.
Tips: In Linz geben Sie ein Frank Sinatra-Tribute: Ist Sinatra ein Vorbild für Sie?
Quasthoff: Ich glaube, wenn man diese Art von Literatur singt, kommt man an Sinatra nicht vorbei. Natürlich ist er aber ein Vorbild – nicht nur als Sänger, sondern auch als Schauspieler. Wenn Sie mich fragen, ob ich gern sein Leben gehabt hätte, kann ich das sofort verneinen. Immer in der Öffentlichkeit – ich habe es lieber kleiner.
Tips: Sie interpretieren Sinatra aber auf Ihre ganz eigene Art?
Quasthoff: Ich will ja keine Imitation sein – das wäre furchtbar für mich. So sehr ich Sinatra liebe - dafür verehre ich ihn zu sehr, dass ich ihn nachmachen möchte. Sinatra war einzigartig. Ich glaube, dass ich die Schönheit und Lässigkeit seiner Musik auf meine Art rüberbringen kann.
Tips: Es wird ein Konzert mit Freunden - die großartige Sängerin Jocelyn B. Smith ist mit dabei. Die Big Band der Volksoper Wien – wie haben Sie für das Konzert zusammengefunden?
Quasthoff: Ja, Jocelyn B. Smith ist wirklich großartig. Das ist eine einmalige Sache mit ihr in Linz. Mit der Big Band der Volksoper habe ich ja schon beim Jazzfest Wien gespielt – dann kam die Frage, ob wir so etwas nicht auch in Linz machen können. Natürlich gerne! Mit Jocelyn bin ich befreundet – ich verehre sie sehr und sie ist auch menschlich ganz besonders.
Tips: Können Sie schon den ein oder anderen Sinatra-Song verraten, der in Linz mit dabei sein wird?
Quasthoff: Wir machen sicher „When I was seventeen“ – eines meiner Lieblingslieder. Mit Jocelyn kann ich mir vorstellen, dass „Summertime“ dabei ist. Mehr will ich nicht verraten, das Publikum darf sich überraschen lassen!
Hinweis
Thomas Quasthoff gastiert am Freitag, 15. Juli, 20 Uhr am Domplatz Linz. Karten gibt“s bei Tips, unter www.klassikamdom.at, im Domcenter Linz, Ö-Ticket und bei allen bekannten Vorverkaufsstellen.
Tips verlost 5x2 Freikarten für das Konzert!
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