Saso Avsenik im Interview: "Ich habe diese Verantwortung gespürt"
LINZ. Seit zehn Jahren ist Saso Avsenik mit seinen Oberkrainern schon auf den Bühnen unterwegs, um die Musik seines Großvaters Slavko, dem Gründervater der Oberkrainer-Musik, hochleben zu lassen. Tips hat sich mit Saso über das Avsenik-Erbe unterhalten – und verlost 6x2 Freikarten für sein Jubiläumskonzert am 10. Mai im Brucknerhaus.
Tips: Die Musik ist dir ja in die Wiege gelegt worden, aber es war trotzdem nicht immer klar, dass du Berufsmusiker wirst.
Avsenik: Ja, mein Opa war wahnsinnig gut drauf in Sachen Musik und auch als Mensch besonders. Er hat einen Titel gehört und konnte ihn sofort nachspielen. Meine Großmutter hat mich in einer Musikschule angemeldet, da war Oberkrainer-Musik eigentlich nicht erlaubt. Wir haben alles andere gespielt, und es war mit immer peinlich dann vor Opa, dass das nicht seine Musik war. Zu hause haben wir ein Wirtshaus, ich habe Tourismus studiert, aber nebenbei ein bisschen Musik gemacht. Wir haben Beatles-Cover gespielt. Ich habe dann mit meinen Freunden ein paar Feste besucht, und die haben gemeint, dass ist ja Musik von deinem Großvater und das ist ja super. Und dann habe ich gesagt: dann machen wir doch das. Und wir haben Schlagzeug und E-Gitarre zur Seite gelegt und haben Oberkrainer-Musik gespielt. Bis das mein Vater gehört hat und gemeint hat, wir sollen bei ihnen im Programm spielen, in den Pausen von anderen Gruppen. Das war unser Start.
Tips: Und dann kam 2009 der Auftritt beim damaligen Musikantenstadl ...
Avsenik: Ja, das war im gleichen Jahr. Und es war ein Auftritt vor acht Millionen Zuschauern. Gleich im nächsten Jahr hatten wir 100 Auftritte. Ich habe die Schule nur mehr zu 60 Prozent besucht, habe aber trotzdem gute Noten bekommen, weil ich mich wirklich bemüht habe, damit die Schule nicht leidet. Aber es war für uns alle ein großer Zufall, keiner hat das erwartet, dass wir das zehn Jahre machen. Und es schaut von Jahr zu Jahr besser aus.
Tips: War es eine leichte Entscheidung für dich persönlich, Profi-Musiker zu werden?
Avsenik: Ich hatte Angst, ich habe diese Verantwortung gespürt. Ich habe gewusst, Opa war hier der Beste. Weil ich wusste, was er den Leuten gegeben hat, habe ich mir schon gedacht, ich möchte nicht nur ein Trost sein sondern ich möchte es auch so wie er professionell machen. Ich habe dann auch begonnen, vier bis sieben Stunden pro Tag zu üben. Und natürlich, wenn man live spielt, nicht nur auf Zeltfesten sondern bei richtigen Konzerten wo die Leute Eintritt bezahlen, da war die Verantwortung zu Beginn noch größer. Und heute wissen wir, was die Leute von uns erwarten.
Tips: Es ist dir persönlich auch wichtig, seine Tradition und die der Oberkrainer-Musik fortzuführen?
Avsenik: Ich habe mir diese Frage so oft gestellt: möchte ich anders sein, ohne Tracht, einfach mit dem Namen Avsenik etwas anderes spielen? Für mich war dann aber klar: Seine Musik gefällt mir am Besten. Die Leute lieben es, wenn wir in Tracht auftreten. Die Leute lieben es, wenn wir alte Stücke spielen. Die Leute freuen sich aber auch über die neuen Titel. Deswegen haben wir dann den mittleren Weg genommen. Wenn auf einem Plakat „Avsenik“ steht, ist das wie Milka Schokolade. Es muss diese Vollmilch-Schokolade sein. Es gibt dann aber auch Platz für Erdbeere und Keks (lacht).
Tips: Avsenik ist eine Marke.
Avsenik: Ja, und da muss man nicht viel philosophieren, sondern einfach das Beste nehmen und probieren, live so gut wie möglich zu spielen.
Tips: Mittlerweile komponierst du auch selbst.
Avsenik: Ja, es ist eine neue CD entstanden zum Jubiläum. Ich habe ein Jahr lang meine Ideen gesammelt und die besten drei nach meinem persönlichen Geschmack auf diese neue CD gebracht. Ich möchte nicht nur weil ich Avsenik heiße daran glauben, dass ich auch komponieren kann. Ich habe gesagt ich versuche es langsam. Und wenn das geht dann machen wir es, wenn es nicht geht, bin ich noch immer happy, dass ich beruflich mit Oberkrainer-Musik unterwegs sein darf.
Tips: Wie viele Termine spielt ihr so im Jahr?
Avsenik: Abwechselnd ein Jahr mit 160 Terminen und dann ein Jahr mit 200. Heuer sind wir in einem 200er-Jahr (lacht).
Tips: Eure Tracht ist auch etwas ganz typisches und die gehört dazu.
Avsenik: Ja das stimmt. Opa hat zuerst einen schwarzen Anzug getragen. Sie haben es, als sie begonnen haben, sehr schwer gehabt, weil die Musik nicht im Radio gespielt wurde und alle ausgebildeten Musiker haben gesagt das ist Volksmusik, vom Land, das ist viel zu billig, wir brauchen Kultur, mehr Klassik und mehr Jazz. Aber dann war plötzlich auch das Thema: Was haben wir Eigenes? Deswegen haben die Oberkrainer wirklich diese Elemente gesucht und sind zu dieser Tracht gekommen. Sie haben gesagt: Es ist ein neuer Sound und - das können wir schon sagen - es ist eine slowenische Erfindung. Und trotzdem brauchen wir ein Kostüm, das für unsere Region typisch ist. Als Kind habe ich mich geschämt, wollte ich mich nicht in Tracht zeigen, meine Schulkameraden fanden das doof und komisch. Inszwischen weiß ich, immer wenn ich diese Tracht anziehe, bin ich ein Teil von etwas. Von einer Kultur und von einer Denkweise, die Musik, Familie, Landschaft und Freunde verbindet.
Tips: Wie würdest du selbst die Oberkrainer-Musik in ein paar Worten beschreiben?
Avsenik: Organisch, das heißt, das wir jeden Titel ein bisschen anders spielen - anderes Tempo, andere Akustik in den Hallen. Vielseitig: Es gibt Balladen, die wir langsam spielen wie das Hirtenlied, es gibt komische Nummern, und es gibt Konzertstücke wo man sagt, man kann die Augen zumachen und zuhören. Und Tanz: Diese Musik ist durch Tanz entstanden und hat so viele Elemente drinnen, und wenn wir von Tanzmusik sprechen, dann waren damals zwei Rhythmen: Polka und Walzer. Das konnte man am Land tanzen und das hat sich bis heute erhalten.
Tips: Viele junge Leute kommen vermehrt wieder zu Konzerten von euch, von Oberkrainer-Gruppen. Woran glaubst du liegt das?
Avsenik: In Slowenien ist meine Generation noch in die Discos gegangen. Auf dem Land war das ganz ganz populär. Man geht ins Dunkle, trinkt heimlich was. Und heutzutage gibt es diese Festzelte, wo man alle sieht. Man kann tanzen, es sind gemütliche Leute und wenn wir Feste spielen bei uns machen wir immer so vier Stunden Volksmusik und dann ein bisschen Cover gemischt mit Volksmusik. Deswegen sind bei uns die Discos fast alle Pleite gegangen, weil inzwischen so viele Oberkrainer-Gruppen selber musizieren und junge Gruppen bringen auch junge Zuhörer, glaube ich. Wir haben natürlich eher die Leute gewonnen, die Fans von Opa waren, und den jüngeren Leuten gezeigt: diese Musik gehört nicht ins Museum. Gute Musik überlebt immer glaube ich. So wie Klassik, Jazz, so wie guter Rock.
Tips: Du spielst in großen Konzerthallen, bei großen Festivals, aber auch bei kleineren Veranstaltungen. Ist dir persönlich etwas lieber?
Avsenik: Ich persönlich mag die intimen Sachen. Große Sporthallen sind natürlich super fürs Image. Ab und zu ist das super, dieses Adrenalin, vor so vielen Leuten zu spielen. Aber wenn man die Zuschauer näher bei sich hat, bei kleineren Bühnen, da weißt du, jeder passt auf, und wir spielen dann ab und zu auch unplugged. Wir haben jetzt diesen mittleren Weg, so wie im Brucknerhaus. Das ist eine tolle Mischung, wir können beides machen.
Tips: Man merkt auch: Es ist alles live gespielt.
Avsenik: Das kann auch Scheisse sein (lacht). Wir haben einmal in einer Barockhalle gespielt, das war eine super Idee, aber es waren viel zu viele Lautsprecher drinnen. Oft ist für uns die Technik eher ein Nachteil als ein Vorteil, weil es den Glanz und diese natürliche Farbe verliert.
Tips: Jetzt ist es soweit - ihr feiert Zehn-Jahr-Jubiläum. Was bekommen die Fans denn zu hören?
Avsenik: Diese Mal wird es das Beste der zehn Jahre, plus einige neue Titel. Man weiß, die Leute freuen sich auf Hits. Es ist etwas anderes, einen Hit zu hören, wenn die Leute tanzen, Wurst essen und Bier trinken, oder wenn man im Konzertsaal wirklich Ruhe hat und die Musik genießen kann.
Tips: Wird dein Vater dabei sein?
Avsenik: Ja, er ist dabei. Ich habe auch meine Schwester mit. Wir haben zu wenig Platz im Bus für alle Termine aber für die große Tournee darf sie mitkommen (lacht).
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