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Große Melodien, große Geschichte, große Emotionen: "Der Hase mit den Bernsteinaugen" beeindruckt

Karin Seyringer, 07.04.2019 00:27

LINZ. Ein Weltbestseller erobert die Musicalbühne: Mit „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ feierte im Landestheater-Schauspielhaus eine Geschichte nach einer wahren Begebenheit Uraufführung. Eingängige Melodien, viel Witz, ein Wechselbad der Gefühle, eine große Geschichte verständlich auf die Bühne gebracht: Den Machern Henry Mason und Thomas Zaufke ist ein kleines Meisterwerk gelungen.

In Höchstform: Das Linzer Musical-Ensemble Foto: Reinhard Winkler
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Henry Mason (Buch und Gesangstexte) und Thomas Zaufke (Musik) haben sich den gleichnamigen literarischen Weltbestseller von Edmund de Waal vorgenommen. Ein lang gehegtes Herzensprojekt, für das das Landestheater die exklusiven Aufführungsrechte erlangen konnte.

De Waals Familiensaga umfasst eine Zeitspanne von 150 Jahren, er schildert in „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ das Leben, den Aufstieg und den Fall seiner Vorfahren: der Familie Ephrussi, einst einer der reichsten und mächtigsten Clans jüdischer Geschäftsleute in Europa. Alles hat man über die Jahre verloren, nur eines hat die Schrecken der Weltkriege und der Judenverfolgung überdauert: eine Sammlung von „netsuke“, kleinen japanischen Schnitzereien.

150 Jahre verständlich erzählt

Nach „In 80 Tagen um die Welt“ ist es die zweite Uraufführung der Musical-Sparte am Landestheater Linz. Und das braucht viel Vorarbeit. Vor fast 2,5 Jahren haben Henry Mason und Thomas Zaufke begonnen, sich damit auseinanderzusetzen. 150 Jahre jüdische Familiengeschichte auf die Musical-Bühne zu bringen – zum Scheitern verurteilt, möchte man meinen. Mason gelingt es aber, die große Geschichte auf das Wesentliche zu reduzieren: Die Familie und die Themen Heimat, Vertrieben sein und Identität.

Auch wenn gleich mehrere Generationen der Familie auf der Bühne zu sehen sind – anhand dem „roten Faden“ in Form des Protagonisten Edmund de Waal gelingt es, die Geschichte einer Dynastie leicht verständlich zu erzählen. „Er hat eine Doppelfunktion: Er ist der Held, der die Lücken in der Biografie schließt, aber auch Erzähler, der durch die Geschichte durchführt“, erklärt Mason. In Höchstform zeigt sich Darsteller Christof Messner – als de Waal ist er jede einzelne Minute des Stücks auf der Bühne. 

„Danke Anna“

Zweiter roter Faden sind natürlich die „netsuke“ – jene kleinen japanischen Figuren, die als einzige die Schrecken der Kriege und der Judenverfolgung überdauert haben. Anhand dieser Figuren wird die Familiengeschichte erst aufgerollt und erzählt, wie sie die Zeit überstehen konnten.

Tiefe Emotionen

Von Russland über das künstlerische Paris zum Bankenimperium Wien und Japan führt die Reise, und gerade der Schauplatz Wien ist es schließlich, wo die Tragik ihren Lauf nimmt. Es mag noch nicht einmal jene Szene sein, in der die Nazis den Palais am Ring plündern – auf die Bühne sarkastisch mit Charleston-Musik hinterlegt. Vor allem ist es der tief emotionale weitere Verlauf der Geschichte, an dessen Ende fest steht: Es sind die kleinen Dinge, die zählen.

Große Hymnen

Musikalisch konnte sich Komponist Thomas Zaufke durch 150 Jahre Musikgeschichte wühlen und sich unterschiedlichster Musikstile bedienen. Und das machte er mit Begeisterung. Die Zwölf-Mann-Band – im Schauspielhaus in fünf Metern Höhe spielend – bringt schwungvolle, spritzige Melodien, ohrwurmtaugliche Hymnen aus der Feder Zaufkes zum erklingen, von russischen Klängen bis zum Swing.

Zig Rollen, zig Kostüme

Aber nicht nur die Musik, auch die Kostüme sind eine Modenschau durch mehrere Generationen. In unglaubliche 150 Rollen müssen die Darsteller schlüpfen, was natürlich auch hinter der Bühne zu einer riesigen Aufgabe wird. Das Linzer Musical-Ensemble - allen voran Christof Messner, Anais Lueken, Myrthes Monteiro, Riccardo Greco und Ariana Schirasi-Fard - zeigt einmal mehr, dass es keine Vergleiche scheuen braucht. Großartig unterstützt wurde das Ensemble von Gastdarsteller – und gleichzeitig Vater des Regisseurs, William Mason.

Fazit

Ist der erste Teil des Musicals noch ein spritziges, mit viel Wortwitz gespicktes, fast leichtes Musical-Stück, ist es gerade der zweite Teil von „Der Hase mit den Bernsteinaugen“, der bleibenden Eindruck hinterlässt und teils den Hals zuschnürt. In sich stimmig, tief emotional und Melodien, die auch lange nach Ende gesummt werden wollen.

Standing Ovations sowohl bei Preview als auch Premiere. Unbedingt empfehlenswert!

Zum Musical erscheint auch eine CD. Zu sehen ist das Musical im Linzer Schauspielhaus bis 3. Juli, alle Termine und Karten: www.landestheater-linz.at


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