Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Roland Düringer: "Männer in meinem Alter bekommen plötzlich Panik und wollen schnell noch ein Abenteuer erleben"

Valerie Himmelbauer, 06.11.2019 13:22

LINZ. Von Schauspieler Roland Düringer gibt es Neuigkeiten: Am 15. November um 20 Uhr präsentiert der Benzinbruder, Wutbürger, und Häuslbauer der Nation sein neues, 13. Soloprogramm: Africa Twinis im Linzer Posthof.

Roland DüringerF: Andrea Sojka
Roland DüringerF: Andrea Sojka

Tips: Kann es sein, dass Sie mit ihrer Geschichte über zwei befreundete Motorrad-Kumpels, die alten Benzinbrüder-Fans wieder ins Publikum locken wollen?

Düringer: Benzinbrüder war in der Zeit, wo man an einem Herrn Düringer nicht vorbei gekommen ist, weil ich überall war. Ich spiele jetzt ein Stück, das ist kein Kabarettprogramm, kein Schenkelklopfhumor. Das ist eine spannende, berührende Geschichte des Scheiterns, ähnlich wie damals Hinterholz 8. Das war ja auch keine lustige Geschichte. Wenn du selbst gerade hausgebaut hast, dann hast du dir nach dem Film überlegt, ob du dir das wirklich antun willst.

Tips: Der Benzinbruder an ihrem Rücken hält sich dennoch konstant...

Düringer: Mich belastet das nicht, ich finde es nur witzig. Das ist alles so lang her. Ich habe drei Sachen, die als Überbegriff über meiner Person schweben: Der Benzinbruder, Der Herr Breitfuss und der Wutbürger. Aber ich bin ein Schauspieler, der Stücke selbst schreibt, und in den Geschichten in Figuren schlüpft.

Tips: Die Story von Africa Twinis klingt nach Biker-Midlife-Crises?

Düringer: Die Geschichte handelt von zwei Jugendfreunden aus dem Waldviertel - einer Risikomanager, der keine Ahnung von Risiko hat, und einer Resilience-Trainer, der dann, wenn, aus Riskio Wirklichkeit wird, weiß, wie man reagiert. Die zwei haben schon im 86er Jahr versucht mit selbst geschraubten Motorrädern nach Dakar aufzubrechen, und sind kläglich gescheitert. 30 Jahre später versuchen sie es erneut. Menschen über 50, vorzugsweise Männer bekommen plötzlich Panik, dass sie gewisse Dinge nicht mehr erleben werden. Sie suchen das Abenteuer und wollen sich, wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Ehe eh schon geschieden ist, noch etwas beweisen, was sie schon immer in der Jugend machen wollten.

Tips: Klingt fast ein bisschen nach Spiegel vorhalten?

Düringer: Ja, es ist auch eine Gesellschaftskritik drinnen, ich habe das Gefühl, dass wir an Systeme angestückelt sind. Die uns das Leben angeblich erleichtern. Und in Wirklichkeit aber in unglaubliche Abhängigkeiten zwingen. Ein Beispiel: Das Smartphone, ist uns immer zu Hilfe. Aber was ist, wenn der Akku leer ist, dann ist alles weg. Keine Navigation, nichts geht mehr. Und darum geht es. Was ist mit einer Gesellschaft, die angesteckt ist an Systemen, wenn der Stecker irgendwann gezogen wird? Wie reagieren dann die Menschen, und dann sind wir in einer unschönen Situation. Nämlich im Kleinhirnmodus. Und wenn Panik aufkommt, dann gibt es kein nüchternes, vernünftiges Agieren mehr. 

Tips: Wie schaffen sie es sich selbst vom System herauszunehmen?

Düringer: Ich bin sowieso so gebaut, seit meiner Schulzeit schon, dass ich mir gedacht habe, was machen die hier alle rund um mich eigentlich? Drum hab ich auch den Beruf ergriffen. Bei mir war es so, da war ich 14, durften wir im Musikunterricht, letzte Stunde vor dem Zeugnis, Musik mitbringen, die wir gern hörten. Damals noch Schallplatten und Kassetten. 90 Prozent haben das mitgebracht, was eh aus jedem Radioloch ständig herausgetönt hat. Und ich hab halt Deep Purple mitgebracht, alle anderen waren entsetzt. Und so habe ich immer funktioniert: Ich bin ihnen immer am Arsch gegangen mit meinem Musikgeschmack, und das zieht sich durch mein Leben bis heute durch. (lacht) Und ich frage mich heute noch: Warum machen die das alle so? Aber das Gute ist: Du erkennst dann irsinnig viel Freiräume, wenn du dort bist, wo sonst keiner ist. Ein Beispiel vom Motorradfahren: Es gibt hauptsächlich für unsere deutschen Nachbarn eigene Motorradkarten, auch in den Nawis. Das zeigt die besonders schönen Straßen durch Österreich. Und wenn der Herr Düringer sowas sieht, dann fährt er dort ganz bestimmt nicht. Weil ich weiß, was dort ist, keine schöne Straße, dort fahren holländische Wohnmobile, Mountainbiker, hunderte Motorradfahrer mit dickem BMW angepackt, und dort ist Stau, weil alle fahren dort. Das ist das was mein Systemausstieg ist. Es ist ein Ausstieg aus einem Verhalten, nämlich das Hinterhertrotten und Nachmachen von Sachen. Darum geht es, auch in dem Stück natürlich. Nicht so direkt, dass ich es anspreche, aber es wird dann eh jeder merken.

Tips: Mir hat gut gefallen, dass einer der beiden Freunde „Risikomanager“ ist bei einer Bank, der „gar keine Ahnung von wahrem Risiko hat“

Düringer: Das sind zwei unterschiedliche Typen. Der eine war bei der Fremdenlegion bei Sicherheitsdiensten in der Weltgeschichte unterwegs. Und er behauptet in der Geschichte, dass er am Schluss Resilience-Trainer in der Schweizer Armee war. Das sind jene, die die Menschen, die im Einsatz sind darauf vorbereiten, dass wenn etwas arges passiert, sie darauf vorbereiten, wie sie damit umgehen können. Das ist anders als beim Risikomanager, der überlegt sich am Papier, was alles sein könnte, hat aber keine Ahnung, was er dann wirklich macht, wenn etwas passiert. Resilience bedeutet, dass du in dem Moment noch funktionierst, das ist nämlich das Schwierige. Diese Diskrepanz zwischen dem einen, der glaubt, er kann eine Motorradreise durch die Wüste am Papier mit Excel-Listen durchplanen, und dem anderen, der sagt, es ist vollkommen wurscht, was du planst, weil wenn wir in der Wüste ein Problem haben, schaltet dein Hirn auf Kleinhirnmodus und dann gibt es nur mehr Angriff, Flucht oder Tot stellen. Worum es überhaupt nicht geht, sind Motorräder.

Tips: Worum geht es dann?

Düringer: Motorräder sind nur das Mittel zum Zweck: Sie kommen zwar vor, aber darum geht es nicht. Bei mir geht es um zwei essentielle Dinge: Menschen in meinem Alter, vorzugsweise Männer bekommen plötzlich die Panik, dass sie gewisse Dinge nicht mehr erleben werden und bekommen dann die Panik, weil sie noch ein großes Abenteuer erleben wollen. Sich noch etwas beweisen wollen. Was sie schon immer in der Jugend machen wollten. Dann kamen die Sachzwänge wie Verheiratet, Kinder, Kredit abzahlen müssen, dann Kinder aus dem Haus, eh schon geschieden und dann denken sie: jetzt könnte ich endlich das machen, was ich immer wollte. Das ist die eine Komponente, aber dann ist man oft in einer körperlichen Verfassung, dass die Dinge, die damals mit 20 noch gut gegangen sind, plötzlich nicht mehr gehen. Das ist das eine. Das heißt man muss eine lauwarme Version von dem machen, was man eigentlich damals machen wollte.

Tips: Sie haben jetzt auch öfter angesprochen, „In meinem Alter, in meiner Generation“, wie geht es gerade in ihrer jetzigen Lebensphase?

Düringer: Mir geht“s gut, man muss halt nur sagen: Gut ich bin 56, gewisse Dinge gehen, gewisse Dinge gehen nicht mehr. Das ist einfach so. Diese Generation, ich bin ein 63er Jahrgang. Das ist eine außergewöhnliche Generation, die er erlebt, das immer alles besser wird, es immer mehr Möglichkeiten gibt, immer mehr Wohlstand. Das ist aber auch die Generation, die dafür gesorgt hat, dass durch ihr Verhalten der nächsten Generation es nicht mehr so gut geht. Wir sind die Generation, die es eigentlich geschafft hat, den ganzen Planeten zu beeinflussen, aber die Generation, die die Folgen nicht zu tragen hat. Wir konnten uns austoben, müssen aber die Folgen nicht tragen.

Tips: Sie wurden zweimal mit dem Publikumspreis Romy ausgezeichnet, wo steht sie bei Ihnen zu Hause?

Düringer: Die habe ich gar nicht mehr, die habe ich irgendwem geschenkt. Solche Dinge interessieren den Düringer gar nicht. Wenn man ein bisschen durchschaut, wie das Showbusiness funktioniert, dann weiß man, dass das alles Unsinn ist. Das was für mich zählt, ist, die direkte Rückmeldung vom Publikum, wenn ich das direkt erlebe. Wie gestern  in Linz, wo ich vor den Lions gespielt habe. Leute, die sonst einfach nur sehr wenig mit mir anfangen können, sind dann eingetaucht in meine Geschichte. Es ist das was im Moment passiert bei den Leuten, das ist das warum ich das mach, was ich mach.

Tips: Bahnt sich bei Ihnen persönlich eine Midlife-Crises an?

Düringer: Gibt es bei mir nicht. Ich habe keinen Zustand zu meinem Alter, aber ich habe einen Zustand zu meinem Zustand. Ich weiß genau, was geht, was geht nimma, was sollte man bleiben lassen. Das was ich nicht mehr kann ist vielleicht wie vor 10 Jahren, Motorcross-Fahren bei 195 Puls, weil dann bin ich drei Tage abgemeldet, und das brauche ich nicht mehr. Das geht vielleicht als Junger. Mir tut auch das Runterfallen vom Motorrad viel mehr weh als mit 16. Mit 16 hat es dich drei Mal überschlagen, runtergeschmissen und wieder raufgesetzt und erst zu Hause geschaut, was hin ist. Jetzt ist schon ein leichter Ausrutscher ein Au. Das ist so. Die Beweglichkeit lässt nach, man braucht mehr Ruhe. Das hat nichts mit einer Midlife-Crises zu tun. Das ist ein Zustand, den hat man zu akzeptieren. Wobei das ja auch wieder so ist, weil es einem so vorgegeben wird, gegen dieses Altwerden arbeitet: Es gibt Anti-Aging-Pulverl, Konzepte, was man Essen muss, Haarefärben, irgendwann kommt der Chirurg und muss wegschneiden wo zu viel da ist und muss Nachspannen. Man probiert einen Schein zu wahren, der nichts mit dem zu tun hat, was wirklich ist.

www.posthof.at

https://dueringer.at/

Posthof-Premiere: Africa Twinis am 15. November um 20 Uhr im Posthof Linz


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden