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„Fanny und Alexander“: Bergmans berühmte Familiengeschichte erstmals als Musical

Nora Heindl, 22.04.2022 13:34

LINZ. Dass Musical noch so viel mehr sein kann als eine musikalische Untermalung, glitzernde Kostüme und überwältigende Bühnenbilder, beweist das Linzer Musicalensemble mit seiner vierten Uraufführung. Eigens für das Landestheater adaptierte das Erfolgsduo von „In 80 Tagen um die Welt“, Gisle Kvemdokk und Øystein Wiik, Ingmar Bergmans berühmte Familiengeschichte „Fanny und Alexander“ erstmals als Musical.

Matthias Körber und Aurelia Naveau in den Rollen von Alexander und Fanny. (Foto: Reinhard Winkler)
  1 / 2   Matthias Körber und Aurelia Naveau in den Rollen von Alexander und Fanny. (Foto: Reinhard Winkler)

Schweden 1907: Die Welt der Familie Ekdahl gerät aus den Fugen, als Theaterleiter Oscar Ekdahl stirbt. Seine Witwe Emilie heiratet Bischof Edvard Vergérus und zieht mit den Kindern Alexander und Fanny in dessen Residenz, in der er mit eisiger Strenge regiert. Als klar wird, wie sehr die Kinder leiden, setzt der Rest der Familie alles daran, sie zurückzuholen. Es braucht eine spektakuläre Rettungsaktion inklusive Zauberei und viel Fantasie, bis Emilie mit den Kindern in den Schoß der Familie zurückkehrt.

Untypisches Liebespaar

„Wenn eine Idee gut ist, trägt sie eine gewisse Harmonie in sich. Ich kann es nicht anders ausdrücken, es ist ein Gefühl, das man bekommt“, erzählt Øystein Wiik von den Anfängen, die schon in 2018 liegen. Auch Gisle Kvemdokk bestätigt: „Ich wundere mich, warum das nicht schon früher als Musiktheater gemacht worden ist. Es ist so voller Musik, Fantasie, Magie, Komödie und auch viel Drama. Ich hatte sofort Ideen für die Musik.“

Spannend für beide war die Arbeit etwa mit Bischof Edvard Vergérus und der Witwe Emilie Ekdahl als eher untypischem Musical-Liebespaar, deren Scheitern schon beim Liebesduett zu erahnen ist. „Ich denke, das ist eine der größten Stärken von Musiktheater. Mit zärtlicher Musik, die dem Publikum zu Herzen geht, kann man eine viel größere emotionale Bindung zu so einem Liebespaar erzeugen, das eigentlich ja so unglücklich wird. Man fällt danach von einer Höhe, die man nur mit Wörtern ohne Musik nicht erzeugen könnte“, so Wiik.

Es seien auch die Kontraste, die man zeichnen könne. So wird der Eintritt des Bischofs mit strahlender, optimistischer Musik begleitet, „weil wir möchten, dass das Publikum ihn ins Herz schließt“, erklärt Wiik: „Wir bewegen das Publikum in eine Richtung, in der es später dann bedauert, dass es den Charakter einmal bewundert hat.“ Kvemdokk: „David Ansperger, der den Bischof spielt, sagt selbst, dass der glaubt, alles richtig zu machen. Und das war auch mein Gedanke in der Musik. Er glaubt an das, was er macht, bis zum letzten Moment.“ Wiik, der selbst Krimis schreibt: „Jede Person, wie böse sie auch ist, glaubt, dass sie gut ist. Und das ist auch beim Bischof so. Erst im dunkelsten Moment des Stücks durch die Dramatik mit Emilie sieht er ein, dass er kein guter Mensch ist.“

Kinderrollen neu besetzt

Nicht selbstverständlich in Adaptionen des Stücks ist, dass die Kinderrollen tatsächlich mit Kindern besetzt sind. Da die Uraufführung eigentlich schon für 2020 geplant gewesen wäre, mussten die Rollen neu gecastet werden.

Neben der musikalischen Sicherheit, denn „für Kinder ist es extrem kompliziert zu singen“, erklärt Matthias Davids, der sich für die Inszenierung verantwortlich zeigt, müsse ein Kind auch verstehen, was es spielt: „Es reicht nicht aus, alles auswendig zu lernen und süß auszusehen. Die Geschichte ist sehr komplex, brutal und mit Erotik beladen, da werden die Kinder bei den Proben auf Themen gestoßen, auf die sie mit ihren elf, zwölf Jahren nicht gekommen wären. Und dann ist da natürlich der Ausdruck. Alexander lebt in seiner eigenen Welt und das muss dieser Junge auch spielen können. Das kann man auch nicht anerziehen, das muss als Talent verankert sein. Ich bin heilfroh, dass wir Gabriel und Matthias gefunden haben, die tatsächlich sehr unterschiedlich spielen, aber beide unglaublich glaubwürdig rüber kommen.“

Neben den Kindern und dem fixen Musicalensemble finden sich in „Fanny und Alexander“ noch andere interessante Gesichter, die man in Linz schon gesehen hat. So schlüpft Franziska Stanner, die man aus dem Operettengenre kennt, in die Rolle der Helena Ekdahl. Alois Mühlbacher als Countertenor findet sich in der Rolle des Ismael wieder. Birgit Zamulo spielt die böse Mutter des Bischofs.

Insgesamt ist „Fanny und Alexander“ eine Hommage an das Theater, eine Feier des Lebens und ein Bekenntnis zu einer offenen Gesellschaft.“

Spieltermine: 
23., 29., 30. April; 11., 15., 26. Mai; 5., 14., 16., 25. Juni 2022
Schauspielhaus, Landestheater Linz
Karten: www.landestheater-linz.at

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