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LINZ. Mit einem Festakt im Brucknerhaus Linz wurde am Sonntag, 10. September 2023, das Internationale Brucknerfest Linz 2023 offiziell eröffnet. Es steht unter dem Motto „Aufbruch. Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan!“ und bietet noch bis zum 11. Oktober zahlreiche Konzerte und Veranstaltungen, in denen heuer die Rolle der Frau in der Musik, speziell der Komponistin, im Mittelpunkt steht.

  1 / 10   Landeshauptmann Thomas Stelzer, Kultur-Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer, Alt-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Bundesministerin Karoline Edtstadler, Festrednerin Anna Baar, Alt-Bundespräsident Heinz Fischer, Bürgermeister Klaus Luger und Brucknerhaus-Intendant Dietmar Kerschbaum. (Foto: LIVA/Oliver Erenyi)

In seiner Festansprache griff Bürgermeister Klaus Luger den Begriff „Aufbruch“ im diesjährigen Motto auf. Analyse sei das eine, ihr aber müsse ein Aufbruch hin zu einer offenen Gesellschaft folgen. „Das starre Festhalten am Tradierten, die Blockade gegenüber Veränderungen, weil das Neue als Verunsicherung empfunden wird, kann für eine Gesellschaft negative Folgen haben.“ Er erläuterte dies an zwei Beispielen: Allein aufgrund der natürlichen demografischen Entwicklung werden Linz spätestens im Jahr 2032 15.000 Arbeitskräfte fehlen. Zugleich aber gibt es Asylsuchende, die zwar einen negativen Bescheid erhalten, trotzdem aber nicht ausgewiesen werden können. Schon allein aus ökonomischen Gründen plädierte er dafür, diese Menschen möglichst rasch zu integrieren. Im zweiten Beispiel sprach Klaus Luger die künstliche Intelligenz (KI) an. Österreich sei einmal Vorreiter bei der Erforschung der KI in Europa gewesen. Irreale Ängste aber hätten zuletzt eine Diskussion entfacht, die genau dieser Erforschung hierzulande erschweren. Luger plädierte dafür, die mittlerweile zersplitterten Kräfte in der Erforschung der KI in diesem Land zu bündeln, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Stelzer: Künstlerinnen geben heuer Ton an

Oberösterreichs Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer räumte ein, dass es in Sachen Gleichstellung zwischen Mann und Frau immer noch Defizite gäbe. Beim Brucknerfest seien es „heuer die Künstlerinnen, die den Ton angeben. Damit geht nicht nur künstlerisch ein starkes Signal vom Brucknerfest 2023 aus: Noch immer sind wir gesellschaftlich in puncto Gleichberechtigung und Chancengleichheit nicht überall dort, wo wir sein wollen. Das Kulturland Oberösterreich hat den Anspruch, ein möglichst fruchtbares kulturelles Biotop zu sein, wo vieles lebendig ist, weil vieles Platz hat“, so der Landeshauptmann.

Bundesministerin Karoline Edtstadler verwies, in Anspielung auf das diesjährige Brucknerfest-Motto, auf die Europapolitikern Catherin Ashton, die – aus einfachen Verhältnissen kommend – viele hohe Funktionen als erste Frau überhaupt erobert hat. Sie sei das beste Beispiel dafür, dass Frauen jede Position erreichen können. Wichtig sei aber die wechselseitige Unterstützung der Frauen wie auch jene von starken Männern.

Schriftstellerin Anna Baar hielt die Festrede

Große Begeisterung löste die Festrede der Schriftstellerin Anna Baar aus, der das Publikum mit langanhaltendem Applaus dankte. Ein Auszug aus der Rede:

„Mich gruselte es, als ich kneißte, dass es eine Funktion gab, die alle Frauen einte, ob beruflich erfolgreich, ob Meisterin oder Hausfrau: Sie verdingten sich – still und ehrenamtlich – als Zuarbeiterinnen der patriarchalen Herrschaft, die 'unweibliches' Verhalten mit Ächtung sanktionierte. […“ Ich habe mich Geschlechterfragen bisher trotzig verweigert. Vielleicht, um nicht einzusehen, wie weit auch ich dem System unbewusst zuarbeite und in der vorschnellen Hoffnung, das alte Vorurteil, wonach im Körper mit Penis stets ein potenterer Geist haust, sei lange überwunden. Jetzt komme ich nicht umhin, derlei peinliche Fragen auseinanderzulegen, weil Sie vermutlich hier sind, um 'Frauenmusik' zu genießen. […“ Es gibt keinen 'Penisneid', sehr geehrte Herren; es gibt aber einen Phantomschmerz aufgrund der Kastration im unkörperlichen Sinne. Und obendrauf gibt es Häme, sobald sich eine Frau ihren Teil zurückholt. Amouren und Eskapaden, die man männlichen Künstlern augenzwinkernd nachsieht oder bewundernd neidet, werden bei ihr zum Scheitern einer Unbescheidenen am Manne umgedeutet. […“ Falls Sie diesbezüglich allerdings mehr erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Für eine geschlechtsbedingte 'künstlerische Ader' existieren bisher keinerlei Beweise. Wenn es also etwas Beachtenswertes gibt an nicht von gesunden, weißen, halbwegs bemittelten Männern fertiggebrachten oder interpretierten Werken, so ist es vor allem ihr Entstehen und insbesondere Bestehen unter erschwerten Bedingungen. Zwar gibt es Gleichstellungsgesetze, aber die patriarchalen Strukturen wirken weiter: Geschlechtsrollenzuschreibungen und Verhaltenserwartungen, kritischere Bewertung und geringere Entlohnung der geleisteten Arbeit zementieren den altväterlichen Mahnruf, sich zurückzunehmen im Wettkampf um Macht und Einfluss. […““

Kerschbaum begeistert

„Wer je ein Buch von Anna Baar gelesen hat, wird davon verzaubert sein. Das Geheimnis dieser Faszination liegt nicht zuletzt in der wundervollen Poesie dieser Bücher. So zart diese auch scheinen mag, so wirkungsvoll erweist sie sich, hinter die Fassade der Wirklichkeit zu blicken und dort Zusammenhänge bewusst zu machen, die tief im Untergrund wirksam sind. Anna Baars sanfte Stimme wird gehört, auch außerhalb des Literaturbetriebs. Ich freue mich, dass diese großartige und mehrfach ausgezeichnete Autorin beim Internationalen Brucknerfest Linz 2023 die Festrede gehalten hat“, so Dietmar Kerschbaum, Künstlerischer Vorstandsdirektor LIVA, Intendant Brucknerhaus Linz.

Junge Musiker begeisterten

Für die musikalische Umrahmung des Festakts sorgten der Mozartchor des Musikgymnasiums Linz, der Chor des musischen Gymnasiums Bad Leonfelden sowie das Oberösterreichische Jugendsinfonieorchester, die unter der souveränen Leitung der aus Kalifornien stammenden Dirigentin Rebecca Miller dank der hohen Qualität ihrer Darbietungen einmal mehr dem oberösterreichischen Musikschulwesen ein hervorragendes Zeugnis ausstellten.

Am Programm standen Werke von Emilie Mayer, Louise Farrenc, Augusta Holmès und Ethel Smyth.

Prominente Gäste 

Unter den zahlreich erschienen Festgästen waren Alt-Bundespräsident Heinz Fischer und Alt-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein neben weiteren zahlreichen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Kultur.


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