Als die Tabakfabrik vor 90 Jahren ihren Betrieb aufnahm
LINZ. Vor rund neun Jahrzehnten öffnete die Linzer Tabakfabrik erstmals ihre Tore als Produktionsstätte für Tabakwaren. Heute ist sie weit mehr als ein Relikt industrieller Vergangenheit: Die Tabakfabrik hat sich im Lauf der Jahrzehnte umgewandelt – von der klassischen Tabakproduktion über Stillstand bis hin zu einem Zentrum für Kultur, Kreativwirtschaft und Innovation.
Die Tabakfabrik Linz – früher Teil der Austria Tabak – war eine der großen Fabriken, in der 8.000 Zigaretten pro Minute und Maschine produziert wurden. Über 350 Jahre lang wurde das Gebäude als Produktionsstätte genutzt. Zunächst für Textilien, später für Tabakwaren. 1850 als Notmaßnahme zur Nutzung der bankrotten Tuchfabrik gegründet, wurde die Tabakfabrik Linz zum Symbol für den Wiederaufbau durch Transformation. Das heutige Areal wurde während der Weltwirtschaftskrise 1929–1935 in Etappen errichtet, am 11. November 1935 wurde der Betrieb aufgenommen. Bereits in den frühen 1980er‐Jahren hat man den größten Teil der Gebäude unter Denkmalschutz gestellt.
Architektur und Bedeutung
Entworfen wurde die Tabakfabrik von Peter Behrens und Alexander Popp. Als Stahlskelettbau im Stil der Neuen Sachlichkeit gilt es als ein Zeugnis frühen industriellen Designs in Österreich. Der Mensch stand damals wie heute im Zentrum: das ursprüngliche Konzept sah nicht nur Produktion vor, sondern auch eine umfassende Gestaltung im Sinne des „Social Designs“, dem auch heute noch eine zentrale Bedeutung zukommt.
Wandel und Stilllegung
2009 stellte der Eigentümer – damals Japan Tobacco International – den Betrieb ein. Die Gründe lagen unter anderem in strengeren Auflagen durch den Denkmalschutz und wirtschaftlichen Veränderungen. Nach dem Produktionsstopp kaufte die Stadt Linz die Tabakfabrik samt dem benachbarten Donauparkstadion für 17 Millionen Euro.
Revitalisierung und heutige Nutzung
Seit dem Ankauf wurde das Areal schrittweise revitalisiert. Zwischen 2009 und 2022 erfolgte eine Phase intensiver „Zwischennutzung“, bei der ungenutzte Flächen flexibel belegt wurden. Diese Zwischenphase war wichtig für Qualitätssicherung, Öffentlichkeitswahrnehmung und die Vorbereitung auf dauerhafte Nutzung, wie betont wird.
Heute ist die Tabakfabrik ein lebendiges Zentrum: Rund 250 Organisationen verschiedenster Größe haben sich angesiedelt. Etwa 2.900 Arbeitsplätze wurden geschaffen. Die Nutzung reicht von Ateliers, Co‐Working‐Spaces und Büros über Veranstaltungsräume bis hin zu Werkstätten, Bildungseinrichtungen und kulturellen Projekten.
Ausblick
Mit dem 90. Jubiläum richtet sich der Blick auch in die Zukunft: Die Tabakfabrik setzt weiter auf Kreativität, Digitalisierung, Beteiligung und auf die Verbindung von Kultur und Arbeit. Neue Projekte wie das Quartier „Quadrill“ (mit Wohn‐, Büro‐ und Gastronomieflächen) zeigen, dass das Gelände noch mehr sein will als Produktionsstätte oder Veranstaltungsort – es soll ein urbaner, gemischter Lebensraum werden.
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