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„Luft nach oben“ bei der Umsetzung von Barrierefreiheit in der Stadt Linz

Redaktion Linz, 28.11.2017 17:00

LINZ. Am 3. Dezember ist Tag der Menschen mit Behinderung. Wie geht es eigentlich einem Rollstuhlfahrer, der durch die Linzer Innenstadt muss? Um dies herauszufinden, hat sich Tips Linz an der Seite von Richard J. Schaefer, der seit einem schweren Unfall an einer Querschnittslähmung leidet, auf den Weg gemacht... 

In der Straßenbahn ist es wichtig, dass der Polster hinter dem Rollstuhl ist.
  1 / 3   In der Straßenbahn ist es wichtig, dass der Polster hinter dem Rollstuhl ist.

Raus aus der barrierefreien Wohnung mitten in Linz und schon beginnen die ersten kleinen Schwierigkeiten. Richard Schaefer tut sich schwer beim Überqueren der Straße: „Einmal bin ich trotz der abgeschrägten Kanten an den Gehsteigen umgekippt, weil ich mit den kleinen Rädern in den Rillen hängengeblieben bin. Man muss so viel bedenken beim Thema Barrierefreiheit, leider geschieht das viel zu selten.“

Christkindlmarkt auf Rädern

Ist das Überqueren geschafft, geht's weiter zum Christkindlmarkt im Volksgarten. Auch hier wartet ein Hindernis nach dem anderen. Manche Standbetreuer haben an eine Rampe gedacht, für manche ist Barrierefreiheit kein Thema und wieder andere haben zwar dran gedacht, laut Schaefer lässt die Umsetzung jedoch zu wünschen übrig: „Manche Rampen sind viel zu hoch für Aktivrollstuhlfahrer. Jede Steigung über sechs Prozent ist für uns nicht zumutbar. Doch es gibt auch Standbetreuer, die mit gutem Beispiel vorangehen und vorbildliche Rampen bei ihren Ständen eingebaut haben.“

Auf zur Landstraße...

Nachdem der Christkindlmarkt-Besuch die weihnachtliche Stimmung teilweise getrübt hat, führt der Weg weiter auf die Landstraße. In Schlangenlinien zwischen den gehetzten Menschen gibt es hier keine großen Probleme. Die Probleme kommen erst, wenn man in ein Geschäft möchte. Die Kurzbesuche beim Optiker oder im Fast Food-Laden, wenn mal keine Zeit zum Kochen ist, scheinen fast unmöglich. „Viele Geschäfte, auch ganz neue, haben hohe Stufen vorm Eingang und keine Rampe – und das, obwohl Barrierefreiheit seit 1. Jänner 2016 eigentlich verpflichtend ist. Es sollte jeder selbständig durch die Stadt können. Natürlich ist das Umbauen von alten Gebäuden schwierig, wenn der Wille da wäre, gäbe es aber immer eine Lösung“, zeigt sich Schaefer traurig.

Einkauf mit Hindernissen

Nachdem der schnelle Burger zwischendurch nicht möglich ist, muss fürs selber Kochen eingekauft werden – auch dies führt zu einer Reihe von Problemen. Ohne Geld ist das Einkaufen schwierig: ab zum Bankomaten! „Bankomatgeräte und SB-Geräte sind meist viel zu hoch für Rollstuhlfahrer, auch hier bin ich auf Hilfe angewiesen“, schildert Schaefer. Ist diese Hürde dann doch gemeistert, geht's in einen Lebensmittelladen. Und schon steht das nächste Problem vor einem: Aktionsständer! In den ohnehin schon engen Gängen machen diese ein Durchkommen fast unmöglich. All die bisherigen Hindernisse kosten nicht nur Nerven, sondern auch Zeit!

In der Straßenbahn...

Um also keine Zeit mehr zu verlieren, geht's mit der Straßenbahn zurück zur Wohnung… Da sind wir auch schon wieder beim nächsten Problem. „Das Einsteigen ist an manchen Straßenbahn-Haltestellen in Linz schwierig. Bei der Goethekreuzung geht es ganz gut, die Haltestelle am Taubenmarkt ist der Horror und bei der Biegung ist ein Einsteigen mit dem Rollstuhl gar nicht möglich, weil die Straßenbahn zu weit weg vom Gehsteig ist“, spricht Schaefer aus Erfahrung. „Positiv ist jedoch, dass die Fahrer der Linz AG Linien einmal jährlich geschult werden, um beeinträchtigten Menschen besser helfen zu können.“

Rampen-Problem

Wenn man als Rollstuhlfahrer in der Straßenbahn nicht am vorgesehenen Platz steht, steigt die Versicherung aus, falls etwas passiert. „In den Straßenbahnen der Linz AG sind die Einstiegs-Rampen für Rollstuhlfahrer bei der dritten Türe eingebaut, obwohl sich der vorgesehene Stehplatz bei der zweiten Türe befindet“, erzählt Schaefer verärgert.

Reaktionen

Die Tatsache, dass die Rampen auch in den neuen Straßenbahngarnituren bei der dritten Türe eingebaut wurden, erklärt die Linz AG auf Tips-Anfrage so: „Diese Entscheidung fiel in Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden. Es soll verhindern, dass es bei Tür zwei zu eng wird.“ Auch die Linzer Sozialreferentin Karin Hörzing (SPÖ) versteht die Problematik: „Wir müssen in Zukunft mehr auf dieses Thema achten, es kann jeden betreffen. Um die Stufen beim Eingang müssen sich die Geschäftsinhaber jedoch selbst kümmern, das liegt nicht in den Händen der Stadt Linz.“

Netzwerk Querschnitt

Richard J. Schaefer bietet Hilfe rund ums Thema Querschnittslähmung. Hier geht's zur Webiste: quer-schnitt.net


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