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Selbstfahrende Autos und Maschinen, die Krebs heilen – die Künstliche Intelligenz der Zukunft

Leserartikel Marlene Lampl, 03.08.2018 10:12

Sepp Hochreiter ist Vorstand des Instituts für Bioinformatik an der JKU in Linz. Die Jugendredakteurinnen Carina Traxler und Marlene Lampl haben mit ihm telefoniert, und sich über Künstliche Intelligenz, selbstfahrende Autos sowie die Zukunft der Technik unterhalten.

Bildrechte JKU Linz
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„Um den Begriff Künstliche Intelligenz einem Nichtfachmann zu erklären, muss man ihn zerteilen in Künstlich  und Intelligenz. Ersteres beschreibt Maschinen, und Letzteres Maschinen, die kognitive Fähigkeiten besitzen, die man normalerweise einem Menschen zuschreiben würde“, erzählt Sepp Hochreiter. Der gebürtige Bayer begann Ende 1980er, Anfang der 90er an der TU München Informatik zu studieren. Anschließend absolvierte er ein Praktikum bei Jürgen Schmidhuber, einem deutschen Informatiker, der sich mit künstlicher Intelligenz befasst. „Das war das einzig Interessante am ganzen Informatikstudium für mich, denn da konnte ich meine eigenen Ideen einbringen. Zu diesem Zeitpunkt war in der Materie noch nicht alles klar oder vorgegeben“, so Hochreiter. Seine Diplomarbeit verfasste er über Long Short-Term Memory (LSTM), eine Technik, die zur Verbesserung der Entwicklung von künstlicher Intelligenz beigetragen hat. LSTM ist ein neuronales Netz, das sich etwas merken und speichern kann. Es selektiert Segmente aus, die man später wieder brauchen kann, etwa Wörter eines Satzes.

Sepp Hochreiter beschreibt die Leidenschaft zu seinem Beruf anhand zweier Facetten: „Nicht nur das maschinelle Lernen, wo ich neue Ideen einbringen kann, bereitet mir Freude, sondern auch die zahlreichen unterschiedlichen Anwendungsfelder, in denen man tätig ist, wie zum Beispiel in der Medizin und Medikamententwicklung, im Marketing, in Rechtsangelegenheiten sowie dem Entwickeln selbstfahrender Autos, und Drohnen.“

Um selbstfahrende Autos zu entwickeln, erfordert es Zeit und Geduld. Diese Verfahren lassen sich anhand sogenannter Levels einstufen. Bis jetzt befindet sich die Entwicklung in Level 2, Level 3 ist nach Hochreiter „noch nicht ganz freigeschaltet“. Vollständig autonomes Fahren wäre dann Level 5 und soll bis 2022, spätestens 2025 möglich sein. Level 5 bedeutet, dass das Fahrzeug Fußgänger, Verkehrsschilder und auch Verkehrssituationen von alleine erkennen und adäquat darauf reagieren kann. Wenn sich beispielsweise ein Fußgänger am Gehsteig befindet, soll das Auto die Absichten abschätzen können,  sprich ob die Person die Straße überqueren, oder einfach weitergehen möchte. Auch Gefahrensituationen, wenn sich eine Schulklasse in der Nähe befindet, sollen die selbstfahrenden Autos erkennen können, um Situationen einschätzen und das Unfallrisiko so gut wie möglich minimieren zu können. „Das Auto soll die Zeit, die es zur Verfügung hat, effizient nutzen“, meint Sepp. Ziel des Projekts wäre ein Fahrzeug, das tatsächlich autonome Fahrentscheidungen treffen kann.

Künstliche Intelligenz (KI) begegnet uns heutzutage bereits überall im Alltag. Jedes Handy, das eine Spracherkennung, eine Texterkennung und eine Texthilfe besitzt, beinhaltet KI. Der Bayer erzählt: „Selbst die Giganten Google und Amazon sind große KI-Firmen. Die Produkte von Amazon werden fast gänzlich von Maschinen hergestellt. Auch die Übersetzung in eine andere Sprache von Bewertungen bestimmter Produkten funktioniert anhand künstlicher Intelligenz, das machen keine Menschen.“ Ein soziales Medium, das mit einem textbasierten Dialogsystem Chatten mit einem technischen System erlaubt, sogenannten Chatbots, arbeitet, ist Twitter. Der Bot schreibt bestimmte Nachrichten automatisch und wird gerne vom US-amerikanischen Präsident Donald Trump verwendet, um die Menschen zu politisieren, und in ihrer Meinung zu beeinflussen. Auch der Moderiese Zalando hat bereits Gebrauch von künstlicher Intelligenz gemacht. Für automatisches Pricing und das Auswerten von Daten, um zu bestimmen, wann und in welcher Höhe Rabatte gemacht werden sollen, ist ebenfalls ein KI-System zuständig.

Auf die Frage, welche Aufgaben künstliche Intelligenz in Zukunft übernehmen kann, lacht Sepp Hochreiter und entgegnet: „Welche Aufgaben kann Künstliche Intelligenz einmal nicht übernehmen? Speziell Tätigkeiten, die immer wieder die gleichen Arbeiten sind, werden von KI übernommen. Auch Büroarbeiten, wie beispielsweise Akten sortieren, wird künftig keine Person, sondern eine Maschine erledigen. Ein Bereich, wo die Hilfe der Technik als große Unterstützung dienen wird, ist die Medizin. Haut- und Brustkrebs kann ein KI besser diagnostizieren, als ein Mensch. Die Maschine sieht mehr, besitzt die Speicherkapazität tausender Daten, und kann diese effektiv verknüpfen. Demnach ist sie besser in der Diagnostik, nicht aber in der Therapie. Diese wird auch in Zukunft noch von Ärzten durchgeführt, da sie ihre Patienten und deren Bedürfnisse kennen.“ Dank immer größerer Datenmengen, die die Künstliche Intelligenz speichern kann, ist es ihr möglich, Texte und Filmskripte zu schreiben, Filme zu rezipieren und diese in weiterer Folge auch zu beschreiben.

„Für die Jugend ist es sicher auch interessant zu wissen, dass wir derzeit Leute, sprich Gamer, suchen die gut im Spielen von Starcraft sind“, erzählt Sepp Hochreiter. Er und sein Forschungsteam sind gerade dabei, Strategien für das Echtzeit-Spiel Starcraft zu entwickeln, dafür soll sich nämlich eine Künstliche Intelligenz gut eignen. „Die Frage, die wir uns stellen, ist, ob die KI mit dem Menschen mithalten kann, wenn sie gegen ihn antritt. Sie soll strategische Pläne entwickeln können, Burgen bauen usw.“, so der Professor.

Feststeht, dass die Technik in den letzten Jahrzehnten immense Fortschritte gemacht hat. Nicht nur im Bereich mechanischer Technologien, sondern eben auch in der Hinsicht, dass die Maschinen uns Menschen immer ähnlicher werden, autonom handeln und Entscheidungen treffen können. Vielerlei Aufgaben werden der Menschheit definitiv erleichtert, sei es wenn uns die Künstliche Intelligenz von selbst ins Büro fährt, die mühselige Büroarbeit abnimmt, abends den Filmbericht liefert, um den Blockbuster nicht mehr selbst sehen zu müssen oder irgendwann auch unsere Krankheiten heilt. Die Zukunft der Technik beginnt jetzt, unter anderem an der JKU in Linz, wo Sepp Hochreiter und sein Team bereits intensiv tüfteln.


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