LINZ. Am 11.Dezember kommt Hundeprofi Martin Rütter mit seinem Programm „Freispruch!“ in die TipsArena nach Linz. Im Gespräch mit Tips sprach Rütter unter anderem darüber, was er sich von Hundehaltern wünscht.
Tips: Sie kommen seit einigen Jahren regelmäßig mit Ihren Shows nach Linz. Gibt es eine besondere Erinnerung, die Sie mit Linz verbinden?
Rütter: Ganz klar, die ans Linzer Publikum. Hier herrschte in der Vergangenheit immer eine super Stimmung und ich freue mich schon, wenn ich am 11. Dezember wieder ein bisschen von dieser schönen Mentalität aufsaugen kann.
Tips: In Ihrer neuen Show „Freispruch“ werden Sie als der Anwalt der Hunde bezeichnet: Wo müssen Ihrer Meinung nach Hunde und ihr Verhalten verteidigt werden?
Rütter: Da gibt es so einige. Nehmen wir das Schwanzwedeln. Die meisten Leute interpretieren das generell als Freude. Dabei kann dies sehr unterschiedliche Bedeutungen haben. Wenn etwa der Körper beim Wedeln ruhig ist, der Hund den Kopf leicht abgesenkt hat und sein Gegenüber fixiert, zeigt dies lediglich die Aufregung des Hundes kurz vor einem Angriff. In Linz werde ich mich beispielsweise der Dogge Rudi widmen, die wegen Betteln und Hausieren angeklagt ist.
Tips: In Österreich gab es zuletzt Diskussionen über eine generelle Beißkorbpflicht, nachdem der Rottweiler einer alkoholisierten Halterin ein Kind attackiert hatte und dieses darauf starb. Was halten Sie von so einer Idee?
Rütter: Zu allererst: Kein Hund wird plötzlich auffällig. Vermutlich hätte ich da vorher schon tausend Probleme gesehen. Dass so etwas Schlimmes passiert, ist natürlich tragisch. Aber selbst wenn ein Hund nur ein Kind auf dem Fahrrad umschubst, weil er sich wegen eines in der Ferne hoppelnden Kaninchens losreißt und diesem hinterher jagt, ist das Geschrei auch groß. Und das zu Recht. Ich bin der Meinung: Nicht der Hund macht die Probleme, sondern der Mensch. In diesem Fall hätten die Ämter viel eher eingreifen müssen, vielleicht hätte dieser schlimme Vorfall so verhindert werden können.
Wer alkoholisiert einen Hund ausführt, und wir reden jetzt nicht von zwei Gläsern Wein, sondern von Betrunkensein, ist genauso verantwortungslos wie ein Mensch, der unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnimmt. Wer mit einem Hund am öffentlichen Leben teilnimmt, mit ihm in der Öffentlichkeit spazieren geht, muss in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen. Er muss Situationen einschätzen können und in einem Notfall schnell und adäquat reagieren. Das alles hilft aber natürlich nur, wenn der Hund zuvor erzogen wurde und auf Signale wie den Rückruf oder ein Stoppsignal reagiert. Daher bin ich seit Jahren für einen Hundeführerschein.
Es gibt für alles einen Schein, selbst für das Angeln. Wenn ich angeln gehe, gefährde ich aber niemanden. Wenn ich einen Hund falsch erziehe, kann das jedoch ziemlich gefährlich werden. Viele Politiker sagen: Ach, so ein Schein ist nicht standardisierbar. Doch! Und das sogar in kürzester Zeit! Wenn Menschen bereits vor der Anschaffung des Hundes die Grundlagen über die Bedürfnisse eines Hundes erlernen und später dann in einigen praktischen Einheiten erfahren, worauf sie im Alltag achten müssen bzw. wie sie dem Hund die wichtigsten Grundsignale wie „Bleib“, „Hier“ oder das entspannte Laufen an der Leine beibringen, wird sich der generelle Ausbildungsstand unserer Hunde bereits in wenigen Jahren deutlich verbessern.
Tips: Gerade Unfälle mit sogenannten „Listenhunden“ stehen oft im Fokus. Sind diese Hunde wirklich so problematisch? Oder anders gefragt: Wo liegt Ihrer Ansicht nach das tatsächliche Problem?
Rütter: Ob ein Hund freundlich, ängstlich oder aggressiv ist, hängt vor allem davon ab, wie er aufgewachsen ist und welche Erfahrungen er in seinem Leben gemacht hat. Dabei spielen die Erziehung durch die Mutterhündin sowie die Aufzucht durch den Züchter eine genauso große Rolle wie das Leben beim Halter. Natürlich gibt es genetische und rassetypische Phänomene, die darf man nicht außer Acht lassen. Aber die pauschale „Kampfhund-Klassifizierung“ durch sogenannte Rasselisten ist absurd, sie zielt an der Kernproblematik vorbei. Wer meint, mit einer Tabelle ein fachlich fundiertes Urteil über die Charakteristika eines Hundes abgeben zu können, handelt fern jeglicher Realität.
Tips: Wenn Sie sich eine Sache von Hundebesitzern/zukünftigen Hundebesitzern wünschen könnten, was wäre das?
Rütter: Da habe ich einen ganz zentralen Wunsch. Und zwar den, dass die Menschen bereits vor dem Hundekauf wissen, worauf sie sich beim Abenteuer Hund einlassen. Dies fängt mit der Züchter- und Welpenauswahl an und endet bei den grundlegenden Kenntnissen der Hundesprache und artgerechten Haltung eines Hundes. Ein Wochenendseminar würde schon reichen, um die ganz groben Anfängerfehler zu vermeiden.
Man sollte sich im Vorhinein immer fragen: Welcher Hund passt zu mir und meinen Lebensumständen? Ich muss berücksichtigen, welche Bedürfnisse und Charaktereigenschaften habe ich, welche Bedürfnisse und Charaktereigenschaften hat der jeweilige Hund. Ist das miteinander vereinbar? Also unbedingt vor der Anschaffung eine Art Checkliste anfertigen. Und ganz wichtig: Für einen Hund muss man Zeit haben. Damit meine ich nicht nur die Zeit für die Pflege: Ein Hund ist kein Spielzeug, das man bei Bedarf rauskramt und dann wieder wochenlang verstauben lässt. Er ist ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, über die man sich gut informieren muss. Und: Ich bin ein Verfechter davon, dass alle, die sich einen Hund wünschen, immer auch im Tierheim vorbeischauen. Unsere Tierheime sind voll mit super Hunden, die es verdient haben, eine neue Chance zu bekommen.
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