Steigende Corona-Zahlen: OÖ Spitäler bereiten sich vor
OÖ. Seit 1. September hat sich die Zahl jener, die in OÖ im Spital betreut werden müssen, verdreifacht. Um trotz Covid-19 die Versorgung in den Spitälern aufrechterhalten zu können, haben die OÖ. Gesundheitsholding und die OÖ Ordensspitäler Maßnahmen vorgelegt, darunter die gleichmäßige Verteilung von Covid-Patienten auf die Spitäler. Auch geplante Eingriffe müssten reduziert werden. Gleichzeitig wird appelliert, kein unnötiges Risiko einzugehen und so Spitalsaufenthalte zu vermeiden.
Die Zahlen der Corona-Patienten in Spitälern steigen seit den letzten Wochen stark an: Am 1. September 2020 wurden in OÖ 22 Patienten, davon vier intensivpflichtig, in Spitälern betreut. Am 1. Oktober waren es 47, davon fünf intensivpflichtig. Am 15. Oktober stieg die Zahl auf 91, bei elf Intensivpflichtigen und knapp zwei Wochen später – also heute, am 27. Oktober (Stand 12 Uhr) werden mehr als dreieinhalb Mal so viele Patienten betreut - nämlich 332, 30 davon intensivmedizinisch.
Daher wurden heute Maßnahmen präsentiert, um die generelle medizinische Versorgung in den Spitälern aufrechterhalten zu können, von Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Uniklinikum, Jens Meier, Vorstand der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Kepler-Uniklinikum sowie Holger Rumpold, Leiter des Viszeralonkologischen Zentrums am Ordensklinikum Linz.
Gleichmäßige Verteilung auf Spitäler
Trotz der steigenden Zahl an Corona-Patienten ist es das klare Ziel, die sonstige stationäre und ambulante medizinische Versorgung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und andere akute oder dringliche medizinische Behandlungen etwa bei Schlaganfällen, Infarkten und Krebspatienten zu gewährleisten.
So werden Covid-19-Patienten nach einem bestimmten Schlüssel gleichmäßig und verhältnismäßig auf alle Spitäler in Oberösterreich zu verteilen. „Damit können wir sicherstellen, dass sowohl Covid-19 Patienten, als auch andere Patienten medizinisch weiterhin gut versorgt werden können“, so Primar Lamprecht.
Zudem werden in allen Spitälern in OÖ eigene Covid-Stationen und Isolierbereiche für Verdachtsfälle eingerichtet. Diese Stationen und Bereiche hat es bereits im Frühjahr gegeben - sie sind bereits wieder reaktiviert.
Weniger geplante Eingriffe
Durch die gleichmäßige Verteilung der Covid-19-Patienten müssten geplanten Eingriffe nicht zur Gänze zurückgefahren werden, wie in der ersten Welle geschehen. Eine drastische Leistungsanpassung werde allerdings aufgrund der viel höheren Infektionszahlen trotzdem erforderlich sein. „Diese wird unter der größtmöglichen Bedachtnahme auf die Dringlichkeit und die persönlichen Umstände der Patienten erfolgen“, so die Gesundheitsexperten. Aber: Sollte es mit den Infektionszahlen so weiter gehen wie bisher, drohe schon nächste Woche der Totalstopp von elektiven Leistungen, also planbaren Eingriffen.
Gemeinsames Intensivbettenmanagement tritt wieder in Kraft
Wie schon im Frühjahr wird in OÖ wieder das gemeinsame Intensivbettenmanagement gestartet. Das heißt, dass trägerübergreifend die Intensivbetten gemeinsam koordiniert werden. Unter der Leitung von Jens Meier, Vorstand der Universitätsklinik für Intensivmedizin am Kepler Uniklinikum erfolgt die Koordination. Selbst bei regionaler Überlastung können so kritisch kranke Patienten in OÖ behandelt werden.
Schätzungen zufolge brauchen derzeit ein bis zwei Prozent aller positiv Getesteten bzw. 15 bis 20 Prozent aller an Corona erkrankten und im Spital behandelten Patienten intensivmedizinische Betreuung. „Zumeist entwickeln Patienten am fünften Tag der stationären Aufnahme Symptome, die zu einer Übernahme auf die Intensivstation führen. Durchschnittlich verbringt ein Covid-infizierter Patient zwei Wochen auf der Intensivstation. Wenn man die stationären Aufnahmen der letzten Tage hochrechnet, so ist jetzt schon klar, dass alleine aus den stationären Aufnahmen der letzten Tage rund 120 Aufnahmen auf den Intensivstationen in Oberösterreich folgen werden, rechnet Meier vor.
In den Spitälern in OÖ stehen aktuell knapp 7.500 Normalbetten und 243 Intensivbetten zur Verfügung. Die Zahl der Intensivbetten kann, wenn nötig, ausgebaut werden, auf bis zu 420.
Problem Personalsituation
„Auch ein sehr gutes Gesundheitssystem kann an seine Grenzen geraten“, warnt Lamprecht. Großes Ressourcen-Problem sei aktuell das Personal in den Spitälern. Die Versorgung von Corona-Patienten erfordert sehr hohen Personaleinsatz. „Auf einer normalen Intensivstation ist eine Pflegekraft je nach Erkrankungsschwere für zwei bis drei PatientInnen zuständig. Bei Covid-Patienten ist oftmals eine 1 zu 1 Betreuung notwendig. Also zwei Intensivpfleger pro Patient in 24 Stunden. Diese können dann auch keinen zweiten Patienten mitbetreuen“, erläutert Bernd Lamprecht. Zudem: „Auch auf den Covid-'Normal'-Stationen haben Infizierte mit 1 zu 1,5 einen viel höheren Betreuungsschlüssel, alleine schon durch die extrem hohen Hygiene- und Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter. Wir werden also auch unsere Personalressourcen entsprechend gut planen müssen.“
Aktuell (27. Oktober) sind 4,7 Prozent der Belegschaft in den Spitälern nicht einsatzfähig, weil sie entweder an einer anderen Erkrankung leiden, selbst Covid-19 infiziert oder als Kontaktpersonen betroffen sind.
Akutfall: Hilfe in Anspruch nehmen
Auch wenn geplante OPs teils verschoben werden müssen: Die Akutversorgung für Schlaganfall- und Herzinfarkt-Patienten sei immer möglich und es gilt der dringende Appell an alle, in so einem Fall unverzüglich medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zu den dringenden Versorgungsbereichen zählt natürlich auch die gesamte Onkologie, unterstreichen die drei Experten. „Unsere Zielsetzung ist es, sowohl in der Diagnostik als auch in sämtlichen Therapieformen weiterhin voll leistungsfähig zu bleiben. Dafür bauen wir mit täglich angepassten Leistungsplanungen und Ressourcenverteilung auf den Erfahrungen aus dem Frühjahr auf.
„Sozialkontakte reduzieren, Spitalsaufenthalt vermeiden“
Und auch die Experten von KUK und Ordensklinikum appellieren: „Bitte reduzieren Sie Ihre Sozialkontakte, gehen Sie in Ihrem privaten Umfeld keine Risiken ein, die einen Spitalsaufenthalt zur Folge haben, wie etwa gefährliche Gartenarbeiten, Extremsport, etc. Zudem gelten die immer wieder kommunizierten Regeln: Halten Sie Abstand, tragen Sie die Masken und waschen Sie regelmäßig die Hände! Wenn Sie Symptome haben, bleiben Sie bitte zu Hause und wenden Sie sich an 1450. Damit tragen Sie aktiv dazu bei, dass unsere Spitäler nicht kollabieren und wir die medizinische Versorgung aufrechterhalten können“, so die drei Experten Lamprecht, Meier und Rumpold.
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