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"Unverständnis und Unmut": Kritik an Modalitäten der Covid-Zulage in Spitälern

Karin Seyringer, 15.01.2021 13:17

OÖ. Anfang Dezember hatte das Land OÖ eine Corona-Zulage für Mitarbeiter in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen auf Covid-Stationen fixiert, rückwirkend von November bis Jänner - Tips hat berichtet. Die Auszahlungen laufen, allerdings nicht zur Zufriedenheit aller. In einem Offenen Brief üben die Betriebsratsvorsitzenden und die Gewerkschafter in der OÖ. Gesundheitsholding und im Kepler Universitätsklinikum Kritik an den Modalitäten. Es gebe Unverständnis und Unmut in der Belegschaft.

foto: volker weihbold  corona intensivstation covid notfall krankenhaus (Foto: oberoesterreichische nachrichten/volker weihbold)
foto: volker weihbold corona intensivstation covid notfall krankenhaus (Foto: oberoesterreichische nachrichten/volker weihbold)

„Als Betriebsrätinnen und Betriebsräte sowie als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter beobachten wir die aktuelle Zuerkennung der angekündigten Corona-Belastungszulage in Höhe von 250 Euro mit Sorge, denn in den Oö. Krankenanstalten wird die Umsetzung unterschiedlich gehandhabt, was zu großem Unverständnis und Unmut in der Belegschaft führt. Eine wichtige, richtige und gute Initiative wird dadurch in ein schlechtes Licht gerückt. Wir fordern Sie daher auf, Ihren medialen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und die Umsetzungsrichtlinien für die Belastungs-Zulage für Bedienstete auf Covid-Stationen zu vereinheitlichen, an den Arbeitsalltag in den Krankenanstalten anzupassen und mit tatsächlichen 250 Euro monatlich umzusetzen“, so die Gewerkschafter.

Der Offene Brief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer!

Anfang Dezember haben Sie die Auszahlung einer Corona-Zulage in Höhe von bis zu 250 Euro monatlich für den Zeitraum November 2020 bis Jänner 2021 angekündigt. Diese sollten Mitarbeiter/-innen in den Oö. Krankenanstalten, in Alten- und Pflegeheimen, in der mobilen Pflege und in den Einrichtungen nach dem Chancengleichheitsgesetz erhalten, wenn sie in Schutzbekleidung und unter besonderer Belastung Corona-Patienten/-innen versorgen.

Corona-Zulage als Zeichen der Anerkennung

„Die Mitarbeiter/-innen in den Gesundheits- und Sozialeinrichtungen tragen dazu bei, dass Menschen in dieser herausfordernden Situation rund um die Uhr gut versorgt werden. Es ist eine Arbeit unter sehr hoher Belastung, die Dank und Anerkennung verdient. Die Corona-Zulage dient als ein Zeichen dieser Anerkennung“, haben Sie Anfang Dezember festgehalten.

Mittlerweile befindet sich die Auszahlung der Corona-Belastungszulage in den Oö. Krankenanstalten in Umsetzung, leider sehr zum Nachteil unserer Kolleginnen und Kollegen, die täglich auf Covid-Stationen in voller Schutzausrüstung Patienten/-innen pflegen sowie ärztlich betreuen. „Die Ausführungsregelungen, die in der OÖ. Gesundheitsholding und im Kepler Universitätsklinikum angewandt werden, entsprechen nicht der Arbeitsrealität unserer Kolleginnen und Kollegen. Hier werden viele Kolleginnen und Kollegen um die ihnen zustehende Belastungszulage gebracht!“, zeigen sich die unterzeichnenden Betriebsratsvorsitzenden empört.

Trotz Überstunden keine Zulage für Beschäftigte auf Covid-Stationen

Die volle Zulage in Höhe von 241,93 Euro monatlich erhalten laut unseren Erhebungen in einigen Krankenanstalten der OÖ. Gesundheitsholding alle Beschäftigten, die auf einer ausgewiesenen Covid-Station in voller Schutzausrüstung überwiegend beschäftigt waren. In anderen unserer Kliniken erhalten die volle Zulage nur jene Beschäftigten, die auf einer Covid-Station in voller Schutzausrüstung mindestens 14 Dienste absolvieren. Auch Teilzeit-Beschäftigte müssen dort zum Erhalt der pauschalen Belastungszulage 14 Dienste absolviert haben. Selbst wenn eine Teilzeitkraft diese 14 Dienste erreichen würde, würde ihre Zulage aber ihrem Beschäftigungsausmaß entsprechend aliquotiert. Dass diese Regelungen absolut nicht geeignet sind, zeigen Beispiele aus unseren Krankenanstalten.

In Freistadt erhält eine Kollegin einer Covid-Station nicht die volle Belastungszulage, obwohl sie fünf Überstunden geleistet hat. Da sich ihre Arbeitsstunden inklusive der geleisteten Überstunden aufgrund von langen zehn- bis 26-stündigen Diensten, wie sie in Krankenhäusern üblich sind, auf „nur“ zwölf Tage verteilen, erhält sie nicht die volle Zulage für die Belastung während der Dienste.

In Kirchdorf hat eine Teilzeit-Kollegin einer Covid-Station 15 Überstunden geleistet. Aufgrund der im Krankenhaus üblichen langen Dienste kann die Kollegin aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung nie 14 Dienste erreichen und die ihr zustehende Zulage für die belastende Arbeitssituation in voller Schutzausrüstung nie erhalten.

Krankenhaus-Mitarbeiter sind keine Maschinen

Die Beschäftigten in den Oö. Krankenanstalten, von der Reinigungskraft über die Pflege bis zum ärztlichen Personal, sind keine Maschinen. Seit fast einem Jahr steht die Behandlung und Pflege von Covid-Patienten/-innen in unserem Mittelpunkt. Auch wir und unsere Kolleginnen und Kollegen fürchten eine Covid-Infektion. Auch wir und unsere Kolleginnen und Kollegen haben betreuungspflichtige Kinder, für die wir aufgrund von notwendigen Einspringer-Diensten, ständig wechselnder Dienstplanung und Überstunden im letzten Jahr zu wenig Zeit hatten. Auch wir und unsere Kolleginnen und Kollegen haben ältere Menschen und Angehörige von Risikogruppen in unserem Umfeld, die wir nach der Arbeit noch betreuen. Jedes Mal kämpfen wir mit der Angst einer möglichen Ansteckung. Wir und unsere Kolleginnen und Kollegen arbeiten tagtäglich an der Grenze unserer Belastbarkeit.

Belastungszulage als spürbares Zeichen der Wertschätzung

Eine Zulage zur Abgeltung der Belastungen, denen alle unsere Kolleginnen und Kollegen auf Covid-Stationen ausgesetzt sind, wenn sie in voller Schutzausrüstung einen Zwöf-Stunden-Dienst versehen, lässt die Belastung nicht verschwinden. Anders als ein medial ausgerichteter Dank ist eine monatliche Zulage aber ein spürbares Zeichen der Wertschätzung. Es schmerzt uns, dass auch in Zeiten wie diesen das Land Oberösterreich seinen medialen Ankündigungen keine echten Taten folgen lässt, sondern dass sogar jetzt noch versucht wird, bei jenen zu sparen, die unser Gesundheitssystem momentan unter unbeschreiblichen Umständen am Laufen halten: unseren Kolleginnen und Kollegen in der Pflege, in der Ärz-teschaft und in den therapeutischen Bereichen, wenn sie in voller Schutzausrüstung Covid-Patienten/-innen behandeln, pflegen und Leben retten sowie in der Reinigung, der Technik oder im Patiententransport, wenn sie in voller Schutzausrüstung ideale Voraussetzung für die Pflege der Covid-Patienten/-innen schaffen.

Herr Landeshauptmann, wir fordern Sie auf, Ihren medialen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und die Umsetzungsrichtlinien für die Belastungs-Zulage für Bedienstete auf Covid-Stationen zu vereinheitlichen, an den Arbeitsalltag in den Krankenanstalten anzupassen und mit tatsächlichen 250 Euro monatlich umzusetzen.

Die Unterzeichner

  • Branko Novakovic, Zentralbetriebsratsvorsitzender Kepler Universitätsklinikum
  • Erich Linner, stv. Zentralbetriebsratsvorsitzender Kepler Universitätsklinikum
  • Gerald Engleitner, stv. Zentralbetriebsratsvorsitzender Oö. Gesundheitsholding
  • Werner Osterberger, stv. Zentralbetriebsratsvorsitzender Landespflege- u. Betreuungszentren
  • Helmut Freudenthaler, Betriebsausschuss-Vorsitzender Kepler Universitätsklinikum Med Campus
  • Gabriele Wagner, Angestellten-Betriebsratsvorsitzende Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf
  • Christian Buchner, Arbeiter-Betriebsratsvorsitzender Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf
  • Silvia Rentenberger-Enzenebner, Angestellten-Betriebsratsvorsitzende Klinikum Freistadt
  • Susanne Massow, Arbeiter-Betriebsratsvorsitzende Klinikum Freistadt
  • Heidemarie Schummel, Angestellten-Betriebsratsvorsitzende Salzkammergut Klinikum Bad Ischl
  • Roland Nagl, Arbeiter-Betriebsratsvorsitzender Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck
  • Brigitte Höller, Fraktionsvorsitzende gemeinsamer Betriebsrat Salzkammergut Klinikum Gmunden
  • Kathrin Parzer, Fraktionsvorsitzende Angestellten-Betriebsrat Klinikum Schärding

„Corona-Erschwerniszulage kommt bei den Beschäftigten nicht an“

Auch die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) in der younion Oberösterreich hat bereits Kritik geübt, die Corona-Erschwerniszulage komme bei den Beschäftigten nicht an. Das Konstrukt des Landes OÖ lasse viele Kollegen durch die Finger schauen.

„Wenn die Kollegen auf ihr Konto schauen, wird bei den meisten die Ernüchterung groß sein und sie werden sehen, dass die groß hinausposaunten 250 Euro nur ein Marketing-Gag gewesen sind“, so der Landessekretär der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) in der younion Oberösterreich, Mario Kalod. Durch eine komplizierte Berechnungsmethode würden nur sehr wenige tatsächlich die vollen 250 Euro pro Monat erhalten.

Auch kritisiert Malod, dass nicht nur Mitarbeiter, die unmittelbar mit Covid-Patienten arbeiten, höherer Belastung ausgesetzt seien, es gebe auch „in vielen anderen Pflege-Bereichen oder etwa in der Reinigung und in der Küche deutlich erschwerte Arbeitsbedingungen“, sagt Kalod.

Zudem sei der Zeitraum November bis Jänner für ihn willkürlich gewählt, in Alten- und Pflegheimen, die in diesen Monaten wenig Covid-Fälle gehabt hätten, würden die Mitarbeiter um die verdiente Zulage umfallen. „In zahlreichen Heimen gab es in den Monaten zuvor Corona-Ausbrüche, aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen und glücklicher Umstände allerdings in diesem willkürlich gewählten Zeitraum weniger Fälle. Wir verlangen von LH Stelzer eine faire Regelung im Sinne aller Beschäftigten, deren Arbeit durch die Corona-Maßnahmen erschwert worden ist“, fordert der FSG-younion-Landessekretär.

Und auch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft younion Christian Jedinger unterstreicht: „Die Erschwerniszulage, die wir auch gewerkschaftlich gefordert hatten, ist eine gute Sache. Nur die Umsetzung ist in Oberösterreich leider völlig daneben gegangen.“ Nicht nur, dass viele Kollegen weniger Geld bekommen – auch der Verwaltungsaufwand, um den Anspruch feststellen zu können, sei enorm. „Uns berichten Ärzte kopfschüttelnd, dass MitarbeiterInnen mit dem Erfassen der Daten für die Abrechnung stundenlang beschäftigt sind. In der Krise könnte man mit den Ressourcen ganz sicher schonender umgehen.“


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