"Vorsichtige Öffnung" für Schulen, Handel, Dienstleister und Museen
WIEN/OÖ/NÖ. Am 8. Februar wird „vorsichtig“ geöffnet – und zwar in den Schulen, beim Handel, bei den körpernahen Dienstleistern und auch bei Tiergärten und Museen. Die Regierung hat diese Öffnungsschritte nach Gesprächen mit Experten, Opposition und Landeshauptleuten - und mehrmaligen Verschiebungen der angekündigten Uhrzeit - am Montag erläutert.
„Vorweg – wir haben uns auf eine gemeinsame Vorgehensweise verständigt, obwohl die Ausgangslage alles andere als einfach ist“, so Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die gute Nachricht sei: Der Lockdown habe Wirkung gezeigt, die schlechte Nachricht: die Mutationen breiten sich aus, vor allem die britische, aber auch die südafrikanische, so Kurz. „Die fressen ein Stück weit den Erfolg des Lockdowns auf.“ Österreich sei bei einer Seitwärtsbewegung angelangt. Man sei von der gewünschten 7-Tage-Inzidenz von 50, also rund 700 Neuinfektionen pro Tag, weit entfernt.
„Sehr behutsame“ Öffnungsschritte werden mit 8. Februar aber gesetzt, „mit intensiven Sicherheits- und Begleitmaßnahmen“. Bund und Länder hätten sich einstimmig verständigt.
Rückkehr zum Präsenzunterricht
Die Schulen starten nach den Semesterferien wieder mit Präsenzunterricht, in Niederösterreich ist das der 8. Februar, in Oberösterreich der 15. Februar. Volksschüler kehren vollständig zurück, für die Unter- und Oberstufen wird es Schichtbetrieb geben. Teil der Rückkehr wird ein „ausgeklügeltes“ Testkonzept: Die Tests haben eine Gültigkeit von 48 Stunden, Volksschüler werden zweimal pro Woche getestet, bei den Unter- und Oberstufenschülern wird dies je nach Schicht der Montag oder der Mittwoch sein. Es sei aber klar, “dass am Präsenzunterricht nur Kinder teilnehmen können, die an den Tests teilnehmen.“ Verwendet werden die „Nasenvorraum-Tests“, wenn das jemand nicht möchte, „dann bleibt noch immer die Möglichkeit des Distance Learnings“, so Kurz. „Was wir nicht zulassen können ist, dass einige wenige alle anderen gefährden.“
Die Details werde Bildungsminister Heinz Faßmann am Dienstag mitteilen.
Handel, Dienstleister, Museen
Ebenfalls am 8. Februar werden Handel, körpernahe Dienstleister, Museen sowie Tierparks und Zoos öffnen können. „Selbstverständlich auch mit klaren Schutzmaßnahmen, verpflichtender FFP2-Maske, darüber hinaus wird die Quadratmeter-Begrenzung von zehn auf 20 Quadratmeter ausgedehnt. Das betrifft jetzt nicht den Bürger, aber den Unternehmer. Das ist einschneidend, aber notwendig erscheinend.“ Die 20 Quadratmeter gelten für den Bereich des Handels, der derzeit geschlossen ist.
Bei den körpernahen Dienstleistern wie Friseuren gilt ab 8. Februar das Konzept der Eintrittstest. Der Test darf maximal 48 Stunden alt sein. „Wir wissen, dass das natürlich eine gewisse Herausforderung ist, die Alternative wäre aber, die Dienstleister gar nicht zu öffnen“, so Kurz.
Überprüft werden müsse der Test vom Betrieb, genauso wie danach gezahlt werde, müsse vorher der Test vorgezeigt werden, „entweder per Zettel oder digital“. „Natürlich ist das eine Umstellung – aber es ist hoffentlich in ein paar Monaten wieder vorbei.“
Treffen zwischen zwei Haushalten
Ebenfalls wieder offiziell erlaubt werden im privaten Bereich Treffen zwischen zwei Haushalten, „zum Beispiel ein Ehepaar mit einem anderen Ehepaar, maximal vier Erwachsene aus zwei Haushalten“. Aber: „Je weniger private Treffen, desto besser.“
Ab 8. Februar gelten dann auch wieder die bekannten nächtlichen Ausgangssperren von 20 bis 6 Uhr.
Weitere Verschärfungen bei Strafen und Einreisen
Zeitgleich seien aber auch Verschärfungen nötig – so werden die Strafen bei Verstößen gegen die Maßnahmen „deutlich“ angehoben, so Kurz. „Wir haben vermehrt Verstöße gegen die Regelungen gesehen, das wäre nicht problematisch, wenn man damit nicht andere gefährden würde. Wer etwa bei Demos Passanten anspuckt, der gefährdet andere, das ist kein Kavaliersdelikt“, so der Bundeskanzler. Innenminister Karl Nehammer werde dazu am Dienstag die Details bekannt geben.
Zweitens wird auch bei den Reisebeschränkungen nachgeschärft.
Evaluierung in zwei Wochen
Am 15. Februar werden die Lockerungen evaluiert, kündigt Kurz an. Dabei werde über mögliche weiter Öffnungsschritte – wie bei Tourismus, Gastro, Sport- und Kulturbereich - gesprochen. Selbstverständlich werde aber auch beraten, wie reagiert werden müsse, sollte sich die Situation wieder verschlechtert. Es sei ein „realistisches Szenario“ dass die Zahlen wieder exponentiell steigen, „dann werden wir sofort wieder verschärfen müssen.“
Sollte es etwa in einem Bundesland wieder 7-Tage-Inzidenzen von über 200 geben, sei klar, dass man reagieren müsste, das sei auch mit den Ländern abgesprochen.
„Hängt von uns allen ab“
Zum Abschluss erlaube er sich, als persönliches Anliegen die „nicht unwesentliche Wahrheit“ auszusprechen: „Die Ansteckungszahlen hängen nur bedingt von den Entscheidungen der Politik ab, viel wichtiger ist es, wie sich jeder Einzelne privat verhält.“ Mit FFP2-Masken und 20 Quadratmetern im Handel werde man sich nicht anstecken, „aber bei privaten Treffen ist die Chance der Ansteckung irrsinnig groß. Wie lange es dauert, hängt von uns allen ab.“
Gesundheitsminister Rudi Anschober stellt Ostern, also noch acht Wochen, in Aussicht, in denen durchgehalten werden müsse. Es sei wichtig, neben der Perspektive auch die Sicherheit zu gewährleisten. „Es geht um eine Doppelstrategie, hier brauchen wir jetzt alle, jeder von uns entscheidet darüber, wie die Situation bis Ostern verläuft“, so der nochmalige Appell.
Von einem guten Mittelmaß und Kompromiss spricht Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Besonders wichtig sei der Schulbereich: „Wir haben gesehen, dass vor allem in der Volksschule, aber auch in den Unterstufen die Betreuungszahlen stark gestiegen sind, und der Unterschied der Prozentsätze der Betreuung zum normal laufenden Unterricht nicht mehr gegeben ist. Daher ist es wichtig für die Bildungsbiografie und auch, damit Schüler mit anderen Schülern zusammenzukommen. Und auch wenn man die Berichte der Kinder- und Jugendpsychologie ernst nimmt, dann kann man das nicht mehr als Kollateralschaden abtun.“
Auch Ludwig appelliert an die persönliche Verantwortung – „ich habe kein Verständnis, wenn bei Ausgangsbeschränkungen Leute im Urlaub in Südafrika Golf spielen und unter Umständen eine Gefährdung mit ins Land bringen.“
Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz spricht von einem „Ritt über die Rasierklinge“ bei den ersten Lockerungen. Es sei ein richtiger wenn auch vorsichtiger Weg, weitere Schritte könnten folgen, wenn sich alle an die Regeln halten würden. „Ich möchte allen, die sich bisher daran halten - und das ist die Mehrheit - einen herzlichen Dank sagen. Der Appell geht an die, die sich gar nichts gepfiffen haben, jetzt einzusteigen, sonst werden wir sehr viel schneller als wir glauben wieder Schritte zurückgehen.“
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