
LINZ. „Eine jüdische Gemeinde in Bad Ischl“ – so lautet der Titel des neuesten Buches der Theologin Verena Wagner, das im Oö. Landesarchiv erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die Autorin, die bereits mehrere Bücher zur Geschichte von Juden in Linz und Oberösterreich veröffentlicht hat, widmet sich in ihrem jüngsten Werk dem jüdischen Leben in der Kaiserstadt Bad Ischl.
Anhand des Schicksals einiger jüdischen Ischler Familien wie Basch und Sonnenschein stellt Wagner die Entwicklung und Problematik der jüdischen Gemeinschaft in der Diaspora von den Anfängen Mitte des 19. bis in die Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts dar.
Das Leben von Juden, die als Mitglieder der „Jüdischen Gemeinde“ Bad Ischl galten, war zunächst vom florierenden Fremdenverkehr der Kurstadt und einer Minderheitensituation inmitten der katholisch dominierten ländlichen Umgebung geprägt. Die geographische Entfernung zu ihrem rituellen Zentrum, der Israelitischen Kultusgemeinde für Oberösterreich mit Sitz in Linz, erforderte Selbstständigkeit, was glaubenstreue und tatkräftige Juden motivierte, Verantwortung für die Gestaltung des religiösen Lebens zu übernehmen.
Wagner beschreibt aber auch den tragischen Leidensweg der Ischler Juden, die schon lange vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten unter wachsendem Antisemitismus zu leiden hatten, unter dem NS-Regime. Für viele von ihnen mündete dies in die Arisierung ihres Vermögens, ihre Vertreibung und ihre Ermordung.
Nach 1945 bildete sich in Bad Ischl bald wieder eine kleine jüdische Gemeinde, die aber personell nichts mehr mit jener vor 1938 zu tun hatte, sondern vor allem aus neu zugezogenen Menschen, darunter einige KZ-Überlebende, bestand.
Eine Reihe von berührenden Biographien von Ischler Juden rundet das hervorragende Werk ab. Das Buch umfasst 327 Seiten und kann zum Preis von 35 Euro im Buchhandel oder im Oö. Landesarchiv erworben werden.