50 Jahre Zivildienst: „Damals gehörte Mut dazu, sich für den Zivildienst zu entscheiden“
OÖ/STEYR. Vor 50 Jahren, im April 1975, rückte mit Franz Neuhauser der erste Zivildiener im OÖ. Roten Kreuz ein. Musste er noch um Anerkennung kämpfen, gelten Zivildiener wie Bernhard Lehner heute als unverzichtbare Säulen der Gesellschaft. Was sie damals und heute eint: Menschen helfen zu wollen.
Vier junge Männer haben 1973 bei der Stellung den Wehrdienst verweigert. Einer davon war der gebürtige Sierninger Franz Neuhauser. „Keiner hat gewusst, was uns erwartet. Alle anderen haben den Kopf gebeutelt, 'die sind verrückt, die werden eingesperrt'“, erzählt der 70-Jährige.
Folgend wurde am 6. März 1974 das Zivildienstgesetz beschlossen, als Ersatz für den Wehrdienst. Am 1. Jänner 1975 trat es in Kraft und im April 1975 trat der erste Zivildiener seinen Dienst beim OÖ. Roten Kreuz an: Franz Neuhauser.
Der Kampf um Anerkennung
„Ich wusste innerhalb von acht Wochen, dass das mein Zukunftsberuf wird“, erzählt der gelernte Tischler. Auch wenn der Anfang alles andere als leicht war. Denn die Gesellschaft begegnete jungen Männern wie Franz Neuhauser damals mit Misstrauen. „Damals gehörte Mut dazu, sich für den Zivildienst zu entscheiden“, sagt er: „Im Rettungswagen fuhren wir viele ältere Menschen, die im Zweiten Weltkrieg waren, die haben uns beflegelt, dass sie mit Landesverrätern nicht mitfahren wollen.“ Auch sein Vater, ebenfalls Soldat im 2. Weltkrieg, war anfangs wenig begeistert. „Erst als ich dann als erster Zivildiener in den Medien war, war er sehr stolz“, schmunzelt Franz Neuhauser, der dem Roten Kreuz Steyr hauptamtlich bis zur Pension treu blieb und auch heute noch ehrenamtlich mithilft. „Ich kümmere mich immer noch um die Technik im Notarztwagen. Das ist eigentlich mehr ein Hobby, denn ich liebe Autos“, so der 70-Jährige, der natürlich immer auch ein offenes Ohr für Fragen jüngerer Kollegen hat.
630 Zivildiener jährlich
Vieles hat sich seit 1975 gewandelt: allen voran das Ansehen von Zivis. Sie gelten heute als unverzichtbare Säule der Gesellschaft. Im OÖ. Roten Kreuz sind Zivildiener bei einem Drittel der Rettungseinsätze dabei und essenziell, um flächendeckend rasche Hilfe zu garantieren.
Jedes Jahr absolvieren 630 junge Männer ihren Zivildienst beim OÖ. Roten Kreuz. Einer davon ist Bernhard Lehner aus Christkindl. Der 22-Jährige absolviert seit Juli 2024 seinen Zivildienst beim Roten Kreuz Steyr. „Ich helfe gerne anderen Menschen, will was für mein Leben lernen und mich sinnvoll in unsere Gesellschaft einbringen“, erzählt der Zivi, der den Dienst als echte Bereicherung empfindet: „Das Menschliche wird heutzutage oft vergessen. Wenn man bei einem Transport von einem älteren Menschen dann ein ehrliches Danke hört, ist das einfach schön.“
Acht von zehn Zivildiener bleiben freiwillig dabei
Noch bis Ende März ist Bernhard Lehner, der aus dem Technikbereich kommt, als Zivildiener im Einsatz. Danach will er dem Roten Kreuz Steyr als Freiwilliger treu bleiben - und ist damit nicht allein.
OÖ. Rotkreuz-Präsident Gottfried Hirz trat seinen Zivildienst am 1. Februar 1980 in Kirchschlag an. „Es war das erste Mal, dass ich mit dem Roten Kreuz in Verbindung kam und es hat mein Leben in positiver Form verändert.“ Auch er ist danach ehrenamtlich dabei geblieben.
Generell bleiben acht von zehn Zivildienern als Freiwillige beim Roten Kreuz. Neun von zehn würden sich zudem wieder für den Zivildienst entscheiden. Hauptsächlich, weil er sinnvoll ist.
Auch die Bevölkerung hat was vom Zivildienst. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität zeigt, dass der finanzielle Mehrwert des Zivildienstes österreichweit bei 500 Millionen Euro liegt.
Und: Viele junge Männer kommen durch den Zivildienst zum ersten Mal intensiv mit dem Gesundheitswesen in Kontakt. Das führt oft dazu, dass sie sich auch beruflich für diesen zukunftssicheren Bereich entscheiden.
Die Krux mit dem demografischen Wandel
Bis dato absolvierten 17.160 junge Männer ihren Zivildienst beim OÖ. Roten Kreuz. „Ich möchte aber nicht verhehlen, dass der demografische Wandel die Suche nach Zivildienern erschwert“, so Hirz. Sprich: Die Zahl junger Menschen geht sukzessive zurück. Dementsprechend schwieriger wird es genügend Zivildiener zu finden – besonders für den Einrücktermin im April, der für 2025 mittlerweile besetzt werden konnte. Für den Juli-Termin gibt es aber noch freie Stellen – vor allem in Linz und Wels.
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