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Plötzlich kollektiv krank: Freisprüche für Rumänen

Steiner Christoph, 24.04.2025 12:47

LINZ. In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Dieser Grundsatz bewahrte einen aus fünf Rumänen bestehenden Putztrupp am Landesgericht Linz vor einer Verurteilung, nachdem sie nach einer ausgesprochenen Kündigung am nächsten Tag kollektiv aufgrund von Krankenstands nicht mehr zur Arbeit erschienen waren. Alle fünf hatten sich beim gleichen Arzt eine Krankschreibung geholt.

Am Schluss des Prozesses gab es Freisprüche. (Foto: OÖN/Weihbold)
Am Schluss des Prozesses gab es Freisprüche. (Foto: OÖN/Weihbold)

Der Vorwurf daher: Schwerer Betrug durch die Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit, da sie ja Entgeltfortzahlungen erhielten. Erschienen waren letztendlich nur drei der fünf Angeklagten, dem nicht erschienenen Brüderpaar wird später noch der Prozess gemacht. „Krankenstand-Missbrauch ist kein Kavaliersdelikt“, betont der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.

Nachtschicht in Fleischereibetrieb

Die eigentlich fünf Angeklagten arbeiteten alle gemeinsam für einen oberösterreichischen Fleischereibetrieb in der Reinigung in der Nachtschicht. Eines Tages im August 2023 offenbarte ihnen die Personalleitung, dass die Reinigung nun extern vergeben wird und sie dorthin wechseln könnten, teilweise allerdings mit Tagschicht. Nur einer hätte im Unternehmen bleiben können. Der Wechsel wurde von allen abgelehnt und es erfolgte die Kündigung. Daraufhin wollte auch jener, der eigentlich bleiben hätte können, die Kündigung.

„Dann gehe ich in Krankenstand“

Diese wurde ihm von der Personalleitung allerdings verwehrt, woraufhin der folgenschwere Satz „Dann bin ich morgen in Krankenstand“ gefallen sein soll. Dass dieser wirklich so gefallen ist, daran hegt auch die Richterin bei der Urteilsverkündung Zweifel. Aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse des Angeklagten könnte er nur gesagt haben, dass er sich krank fühle und zum Arzt gehe, wie es der Beschuldigte schildert.

Keine Begutachtung durch Arzt

Woraufhin sich die fünf am nächsten Tag (Mittwoch) in der Früh auf zum Arzt machten. Dort nannte man Durchfall und Magenbeschwerden den Assistentinnen als Grund des Besuchs, die Bestätigung des Krankenstands bis Ende der Woche erfolgte prompt. Eine Begutachtung durch den Arzt erfolgte nicht. Am kommenden Montag erschienen die fünf wieder bei besagtem Arzt und schilderten diesmal unterschiedlichste Krankheitsbilder, von Hämorrhoiden bis Rückenleiden. Auch hier erfolgte die Krankschreibung.

Entlassung

Hier wurde es dem Arbeitgeber zu bunt, er sprach die Entlassung aus und erstattete Anzeige. Die Verantwortung vor der Richterin ist hinsichtlich des ersten Krankenstands bei allen in etwa gleich. Sie seien schon mit Magenbeschwerden in die Arbeit gekommen, aber „wir Rumänen arbeiten auch krank, wenn es sein muss“, gibt man sich pflichtbewusst. Für die später folgenden Krankenstände wegen Hämorrhoiden und Rückenleiden werden dann auch noch Atteste für Vorerkrankungen bzw. später diagnostizierte Nierensteine vorgelegt.

Freispruch im Zweifel

Der Richterin reichen die Ausführungen und Vorhalte des Staatsanwalts letztendlich nicht. Sie gesteht dem Ankläger zu, dass die Zufälligkeiten und Auffälligkeiten groß sind. Allerdings könne man nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass sich die Angeklagten nicht tatsächlich etwa bei der gemeinsamen Busfahrt in die Arbeit mit einem Virus angesteckt haben. Daher setzt es einen Freispruch für die drei anwesenden Angeklagten. Ein mögliches Verfahren gegen den Arzt wegen Gefälligkeitsattest wird auch nicht weiter verfolgt.

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