Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Linzer Ballettlegende Johanna Wilk: Aufgeben gehörte nie zur Choreografie

Kerschbaummayr Bernadette, 10.06.2025 18:00

LINZ. Prof. Johanna Wilk-Mutard wird demnächst 90 Jahre alt. Seit 70 Jahren unterrichtet die Grand Dame der Ballett-Kultur Tanz in Linz und steht noch immer täglich im Studio. Auch ihr Ballettabend am Samstag, 21. Juni, gibt Anlass zum Feiern: Er findet zum 50. Mal im Brucknerhaus statt.

  1 / 3   Johanna Wilk wird bald 90 und gibt ihren Schülerinnen noch täglich Tanzunterricht. (Foto: TEAM FOTOKERSCHI / WERNER KERSCHBAUMMAYR)

Sie ist mit Peter Alexander vor der Kamera gestanden, hat sich schon als Kind mit kleinen Rollen an der Oper ihre Ausbildung zum Teil selbst finanziert und wollte immer wieder etwas Neues ausprobieren: Johanna Wilk-Mutard ist eine Institution. Seit Jahrzehnten unterrichtet sie als Tanzlehrerin Schülerinnen aller Altersklassen, mit 90 Jahren immer noch mit klarer Haltung und wachem Blick. Was hält so fit? „Ich trainiere nicht mehr wie früher, ich habe auch keine fixen Routinen, die ich empfehlen könnte, aber ich gebe jede Woche rund 20 Stunden Unterricht“, erzählt sie. „Und ich bewege mich sehr bewusst – achtsam stehen, gehen, atmen. Das hält mich fit. Im Körper und im Kopf.“

Leben für den Tanz

Geboren 1935 in Wien, stand Johanna Wilk schon mit fünf Jahren auf der Bühne der Grazer Oper. „Ich war eigentlich ein sehr schüchternes Kind, sehr leise. Meine Mutter hat mir meine erste größere Schauspielrolle an der Grazer Oper gar nicht zugetraut. Sie ist übertrieben gesagt vor dem Auftritt 1000 Tode gestorben, doch alles hat geklappt. Ich bin auf der Bühne total aufgeblüht.“ Die großen Häuser waren aber nie ihr Ziel. „Ich wollte einfach nicht irgendwo das 26. Schwänchen in einer Produktion sein, sondern immer wieder neue Stücke machen und auch verschiedene Tanzrichtungen ausprobieren. Auch viele moderne Stücke.“ Ob sie auch Hip-Hop ausprobiert hat? „Nein, das war mir dann zu modern,“ lachtJohanna Wilk.

Wahlheimat Linz

Engagements als Tänzerin und Schauspielerin führten sie durch Österreich und Deutschland und sie war Teil des ersten ORF Fernsehballetts. „Damals war alles live, es gab noch keine Aufzeichnungen. Die Aufregung war jedes Mal dementsprechend groß. Wilk drehte auch zahlreiche Spielfilme – sie war unter anderem im „Weißen Rössl am Wolfgangsee“ zu sehen – bis sie schließlich in den 1950iger Jahren dem Ruf des Ballettmeisters und Choreografen Andrei Jerschik folgte und ein Engagement am Linzer Landestheater annahm. Vor 70 Jahren gründete sie die Erste Linzer Ballettschule in einer Wohnung am Linzer Pfarrplatz – eine Entscheidung, die ihr Leben prägen sollte. War das so easy wie es sich jetzt vielleicht anhört? „Nein sicher nicht, aber ich habe nie an meinem Weg gezweifelt“, sagt sie heute. „Es gab schwierige Zeiten, ja. Aber aufgeben? Das kam nie infrage.“

Herz und Disziplin

Wilk gilt bei ihren Schülerinnen als streng – und steht dazu. „Ja, ich bin konsequent. Aber nur, weil ich zeigen will, wie es richtig geht. Ohne Korrektur gibt es keinen Fortschritt.“ Genau das vermisst sie aber heute bei der Jugend öfters: „Die Jugend heute ist oft abgelenkt. Es gibt viele Optionen – aber wenig Zeit, wenig Ausdauer. Klassisches Ballett braucht Jahre. Wer glaubt, er steht nach zwei Monaten auf Zehenspitzen, täuscht sich. Es braucht einfach Disziplin, Geduld, Durchhaltevermögen“. Ihre Schule hat tausende Schülerinnen geprägt, manche sind heute Tänzerinnen und Tanzpädagoginnen in Deutschland oder den USA, mit vielen ist sie heute noch in Kontakt und freut sich jedes Mal sehr darüber.

Körpergefühl und Elternrolle

Trotz aller Strenge setzt Wilk auf Langsamkeit – und Individualität. „Man muss das Training dem Alter und dem Körper anpassen. Nur so bleibt man langfristig gesund.“ Und auch die Eltern nimmt sie in die Pflicht: Es braucht Talent, und Unterstützung. „Die bloße Frage „Hat dir der Unterricht gefallen?“ ist oft zu wenig. Natürlich soll es auch Freude machen, aber es geht nicht immer nur um den Spaß, sondern auch darum, was man gelernt hat, woran man gearbeitet hat. Wie bei so vielem im Leben, das müssen auch Eltern vermitteln. Die richtige Dosis von Strenge und Motivation ist ein Spagat.“

Nächte mit Nadel und Faden

In ihrer wenigen Freizeit, und vor allem in den Nächten, näht Johanna Wilk Kostüme für die Tänzerinnen in ihren Produktionen – mit derselben Akribie, mit der sie unterrichtet. Sogar ihr Hochzeitskleid hat sie selbst genäht.

Ruhestand? Nein danke!

Ihre Söhne haben ihr zum 60er geraten, sich langsam zurückzuziehen. Beim 70er noch einmal. Sie meinte: „Nein, was soll ich denn sonst machen?“ Seitdem haben sie das Thema bei keinem Geburtstag mehr anklingen lassen. „Sie haben wohl akzeptiert, dass ich weitermache und sie unterstützen mich dabei sehr. Ich bin noch da, solange ich gebraucht werde.“

Und so steht sie nun wieder an der Spitze der Vorbereitungen für den kommenden Ballettabend am Samstag, 21. Juni, im Brucknerhaus. Diesmal hat sie sich „Dornröschen“ gewünscht. Wie jedes Jahr muss sie sich erst einmal durchsetzen – gegen ihre eigenen Schülerinnen. „Das ist manchmal ein Kampf: dass mein Vorschlag akzeptiert wird“, schmunzelt sie. Dass der Abend seit 70 Jahren stattfindet – seit 50 Jahren im Brucknerhaus – ist eine Geschichte für sich.

Ballettabend im Brucknerhaus:

Am Samstag, 21. Juni wird das Ballett „Dornröschen“ gezeigt. Alle Infos dazu: 1. Linzer Ballettschule zeigt „Dornröschen“ im Brucknerhaus

Weitere Infos unter: www.ballettschule-linz.at

Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden