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180 Jahre Dornröschenschlaf: Wie die Maximilianische Turmlinie einst das Kaiserreich sichern sollte

Baumgartner Anna, 02.09.2025 08:12

LINZ/LEONDING/PUCHENAU. Viele kennen sie, die aus Stein gebauten Türme rund um Linz. Die bekanntesten sind wohl der Turm am Freinberg, der heute zum Kollegium Aloisianum gehört, und die Türme am Pöstlingberg. Zwischen 1831 und 1835 entstand um die Stadt ein Verteidigungssystem aus insgesamt 32 Türmen, die im Abstand von jeweils 600 bis 800 Metern angelegt waren. Kaum jemanden ist jedoch bekannt, wer für den Bau verantwortlich war: Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este.

  1 / 8   Adeodato Malatesta. Porträt des Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este. Ca. 1835.(Rittratto del‘ arciduca Maxximiliano Giuseppe d’Asburgo-Este. Inv. 6968). (Foto: Modena, Galleria Estense.)

Ein Museum, ein Sommertheater, ein Wohnhaus – heute werden die Türme der ehemaligen Maximilianischen Befestigungsanlage vielseitig genutzt. Als sie vor rund 200 Jahren gebaut wurden, sollten sie zur Verteidigung der Stadt Linz und somit des Kaiserreichs dienen. Thekla Weissengruber, Leiterin der Abteilung Volkskunde und Alltagskultur der OÖ Landes-Kultur GmbH, gibt einen Einblick in das bewegte Leben des Namensgebers der Verteidigungsanlage, Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este.

Hochwohl geboren

Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este war eine vielseitige und bemerkenswerte Persönlichkeit. Geboren am 14. Juli 1782 in Modena, war er der dritte Sohn von Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich, zweitjüngster Sohn von Maria Theresia, und Maria Beatrice d'Este, Herzogin von Modena, Massa und Carrara.

Maximilian erhält eine gediegene schulische Ausbildung, die jesuitisch geprägt war, seine persönliche Frömmigkeit förderte, in ihm aber auch ein zeitlebens bestehendes Interesse für Technik und Naturwissenschaft begründet. „Ich denke, dass hier die Ausbildung des Erzherzogs vom Ex-Jesuiten, Religions- und Philosophieprofessor P. Andrea Draghetti zielführend war. Dieser war auch Professor für Metaphysik und setzte einen ganzheitlichen Ansatz in der Erziehung des Erzherzogs an“, erklärt Thekla Weissengruber.

Die Liebe zur Artillerie

Erzherzog Maximilian Joseph entwickelte seine Expertise in den Bereichen der Artillerie und des Festungsbaus bereits in jungen Jahren. Nachdem seine Familie 1796 vor den Franzosen nach Wiener Neustadt fliehen musste, erhielt er dort eine militärische Ausbildung an der Militärakademie.

„Der Lebensweg des Erzherzogs war schon zu seiner Geburt vorgezeichnet. Taufpate wurde der Hoch- und Deutschmeister Maximilian Franz, damit war die kirchliche Karriere vorbereitet. Die militärische Ausbildung wurde gemeinsam mit seinen Brüdern mit dem Eintritt in die Militärakademie in Wiener Neustadt zur höheren Ausbildung im Fache der Kriegswissenschaft ab 1797 festgelegt. Hier bekam Maximilian Joseph, der sich schon in Jugendjahren für die Technik interessierte, Privatunterricht in Befestigungskunst und Artilleriewesen“, so Weissengruber.   

Später stand er dem 10. Artillerieregiment vor und befasste sich stets mit der technischen Verbesserung von Waffen. Sein umfassendes Wissen in diesem Bereich floss schließlich in die Linzer Turmlinie und deren Geschütze, wie etwa der von ihm entwickelten Lafette mit Laufrahmen, ein.

Militärische Karriere

Bereits im Jahr 1801 wurde Maximilian zum Oberst befördert. 1808 bekam er die „unlösbare Aufgabe“ der Organisation der Formierung der nieder- und oberösterreichischen Landwehr- und Freiwilligentruppen übertragen.

Im selben Jahr konnte Napoleon mit seinen Truppen fast ungehindert Richtung Wien marschieren. Das musste bei künftigen Angriffen verhindert werden. Maximilian scheiterte bei der Verteidigung der Haupt- und Residenzstadt Wien in seinen Aufgaben und fiel daraufhin in Ungnade. Er wurde von Wien nach Siebenbürgen versetzt, wie Weissengruber darlegt.

Hochmeister und Verteidiger

Nach seiner aktiven Militärzeit widmete sich Maximilian zunehmend dem Deutschen Orden, dessen Hochmeister er 1835 wurde. Er reformierte den Orden und führte ihn in eine neue geistliche Ära. Parallel dazu setzte er sich stark für das Bildungswesen ein und förderte die Gründung von Ordensschulen, Krankenhäusern und Waisenhäusern. „Wichtig erscheint mir auch, darauf hinzuweisen, dass Maximilian schon früh davon überzeugt war, dass auch Frauen/Mädchen eine umfassende Bildung bekommen sollten. Die Gründung des Schwesterninstituts im Deutschen Orden ist auch als Initiative zur Stärkung der weiblichen Ordensgemeinschaften zu sehen“, ergänzt Weissengruber.

Zudem widmete sich Maximilian eigenen Projekten im Bereich der Verteidigung. Ein besonderes Projekt war die Planung und Finanzierung der Linzer Turmlinie, einem einzigartigen Festungsring aus 32 Türmen und einem Fort. Nach der Zusage des Kaisers zur Errichtung der Verteidigungsanlage in Linz (1829 Schießversuche am Probeturm in Linz) erwarb der Erzherzog 1831 ein Haus in Linz (Landstraße 24/Spittelwiese 1), das er 1839 wieder verkaufte.

Innovatives Turmsystem

Die Türme unterschieden sich von anderen Befestigungstürmen durch die Absenkung auf das Bodenniveau, die Anfertigung eines Grabens und eines Glacis (Erdwall). „Die Auswahl der Standorte mit eigener Wasserversorgung und die Idee, mittels eines Mittelschachtes die Waffen schnell in Stellung bringen zu können, war sehr durchdacht. Hier haben verschiedene zeitgemäße Erfindungen auch von anderer Seite Niederschlag gefunden. Die Schaffung eines Fortifikationssystems sah er als eine seiner Hauptaufgaben an“, so Thekla Weissengruber.

Das Wissen eignete er sich unter anderem im Zuge seiner Reisen nach England, Schottland und Irland mit zahlreichen Fabriksbesichtigungen an. Auch seine Festungsbesuche in Basel, Frankreich, die Festung Hüningen, Galizien, Ungarn, Siebenbürgen waren Teil seiner Ausbildung. „Wir wissen heute, dass es für die Rundanlagen Vorbilder in anderen Regionen Europas gab“.

Von kurzer Dauer

Der Nutzen der Türme sollte jedoch nicht von langer Dauer sein. Der Erzherzog war bereits bei der Errichtung über das Publikumsinteresse und auch die Berichterstattung 1832 sehr enttäuscht. Die Presse schrieb damals mehr über die Eröffnung der Pferdeeisenbahn Budweis-Linz als über das „bahnbrechende“ Verteidigungssystem.

1866 erfolgte letztmals eine Reaktivierung der noch intakten Objekte am Nordufer. Dann wurden die Türme, Warten und Klausen schrittweise verkauft.

„Der Festungsring hat sich durch technische Neuerungen selbst überholt und war durch Bodennässe schon wieder sanierungsbedürftig. Außerdem fanden im eigenen Land keine Kriege statt, die eine derart aufwändige Verteidigungslinie benötigt hätten. Die Türme wurden schon ab den 1860er-Jahren zum Teil verkauft und auch abgetragen (z.B. macht die Wienerstraße in Linz an der Stelle von Turm 1 eine Ausbuchtung, die den Straßenverlauf bis heute prägt)“, legt Weissengruber dar.

Vermächtnis

Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este hinterlässt ein großes Erbe. So werden nicht nur einige seiner Türme rund um Linz bis heute genutzt, auch als Hochmeister hat er nachhaltig gewirkt.

„Man kann wohl behaupten, dass der Verbleib der Redemptoristen und Jesuiten in Oberösterreich und auch in anderen Regionen Österreichs bis heute auf das Engagement des Erzherzogs zurückgeht. Hätte er sich nicht so intensiv für die Ordensgemeinschaften eingesetzt, so gäbe es diese heute nicht in dieser Form“.

Der Erzherzog ist in Altmünster begraben, was eine Ausnahme für Mitglieder des Kaiserhauses darstellt. Hier gab es wohl eine große persönliche Vorliebe für die Region.


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