Mit Blick über die Stadt: Linz verliert nach 32 Jahren sein Dachcafé
LINZ. Nach 32 Jahren geht eine Ära zu Ende: Mit dem Dachcafe an der Ecke Landstraße/Magazingasse verliert Linz bald sein vielleicht schönstes Café. Betreiberin Michaela Durstberger geht mit 60 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand. Am 7. November wird das letzte Mal aufgesperrt. Bis dahin kann man bei Schönwetter noch die Sonnenterrasse und die Aussicht genießen, bei Cafe und Kuchen oder einfach bei herzhaftem Frühstück.
Bis zuletzt war es trotz des langen Bestehens eigentlich noch immer ein Geheimtipp. Gegenüber der ehemaligen Sport Eybl-Filiale im sechsten Stock über den Dächern von Linz gelegen, war das Cafe vor allem bei Stammgästen sehr beliebt, aber vielen Linzern auch unbekannt.
Ins Abenteuer gestürzt
Der Beginn war eine Hauruckaktion, wie Durstberger im Gespräch mit Tips erzählt. „Ein Freund hat mir gesagt, das Dachcafé wäre zu haben. Ich habe da eigentlich gar nicht viel überlegt. Kann ich mir das leisten? Geht sich das aus? Kommen da Leute rauf?“, so die Absolventin der Fremdenverkehrsschule in Bad Ischl. „So ein Literaturcafé war immer mein Traum. Das stand schon in der Maturazeitung“; war der Weg aber wohl vorgezeichnet. „Am 9. März vor 32 Jahren habe ich dann aufgesperrt“, erinnert sie sich.
Selbstgemachte Kuchen und Torten
Großer Beliebtheit erfreuten sich immer die selbstgemachten Kuchen und Torten. Schon bei der Eröffnung gab es selbst gemachten Gugelhupf. „Die Kuchen sind Tradition. Die gibt es immer. Noch nie in den 32 Jahren habe ich einen gekauften Kuchen verkauft. Wir haben alles selber gemacht“, ist Durstberger auf ihre Eigenkreationen stolz.
„Ja, also die Mohntorten und die Eiernockerl, das war so das Dachcafé“, blickt sie zurück. „Ich habe auch Gäste aus Salzburg. Wenn die nach Linz fahren, dann kommen sie immer zu mir, wegen der Mohntorte. Und sie sind schon sehr traurig, weil wenn sie das nächste Mal kommen, wird es halt keine mehr geben“, wirkt auch Wehmut mit vor dem Abschied.
90 Prozent Stammgäste
Die heimelige Atmosphäre und die selbst gemachten Speisen schätzen auch die Stammgäste. „Rund 90 Prozent sind Stammgäste. Teilweise auch schon sehr lange. Als ich aufgesperrt habe, war unten noch das Kleiderhaus Mühlberger, das war sehr bekannt. Das wissen meine alten Stammgäste. Die Damen sagen immer noch, sie sitzen beim Mühlberger“, hat sich manches in den mehr als 30 Jahren nicht verändert. Wie auch, dass man nur bar zahlen kann.
Rockstars im Dachcafé
Aber nicht nur Stammgäste frequentierten das Dachcafé, auch sehr illustre Besucher fanden sich ein. „Die bekanntesten Gäste waren gleich einmal ziemlich am Anfang „Die Ärzte“, glaube ich. Ich habe die aber nicht gekannt. Die sind gekommen, und ich habe mir gedacht, soll ich die überhaupt hereinlassen? Weil sie haben irgendwie doch so arg ausgeschaut. Und dann sind auf einmal zwei Mädchen gekommen und wollten Autogramme haben. Das war eine gute Geschichte, jetzt kenne ich sie auch“; lacht Durstberger.
Immer wieder Lehrlinge ausgebildet
In den 32 Jahren wurden auch rund 20 Lehrlinge im Dachcafé ausgebildet. „Das hat immer super funktioniert. Mein bester Lehrling war der Nasir. Der ist damals noch vor der großen Flüchtlingskrise mit 14 allein aus Afghanistan geflüchtet, hat sich drei Monate bis nach Österreich durchgeschlagen. Jetzt ist er verheiratet und hat zwei Kinder“, waren auch besondere Schicksale dabei.
Wie es mit den Räumlichkeiten weitergeht, ist unklar. Man suche nach einem geeigneten Nachfolger, heißt es bei der Ärztekammer,die Eigentümerin ist.
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