Warum Männer im Kindergarten wichtig sind: Linzer Pädagoge räumt mit Vorurteilen auf
LINZ. Wolfgang Schwaiger leitet seit September den Pfarrcaritas-Kindergarten St. Leopold in Urfahr. Als Elementarpädagoge übt der 24-Jährige einen Beruf aus, der von manchen immer noch als klassisch weiblich abgestempelt wird. In seiner Ausbildung bekam er das durchaus zu hören. Umso wichtiger ist es ihm heute, mit Vorurteilen aufzuräumen, denn „Fürsorge und Empathie haben nichts mit dem Geschlecht zu tun“.
Der Kindergarten war für Wolfgang Schwaiger schon in seiner eigenen Kindheit ein sehr positiver Ort. Genau dieses Gefühl möchte er nun weitergeben: „Ich will den Kindern ein Umfeld bieten, in dem sie sicher sind, wachsen können und gesehen werden.“
Besonders schätzt der 24-jährige Linzer an seiner Arbeit die „ehrliche, neugierige und wunderbare Art der Kinder. Sie kommen wie ein unbeschriebenes Blatt zu uns und wir dürfen sie ein Stück ihres Weges begleiten. Ich sehe meine Arbeit so: Wir Erwachsene helfen mit, dass aus diesem Blatt ein einzigartiges Kunstwerk entsteht. Zu sehen, wie ein Kind sich entwickelt, selbstbewusst wird, Neues lernt, das ist etwas unglaublich Schönes.“
Diversität, aber auch Bewegung und Gesundheit liegen Wolfgang Schwaiger besonders am Herzen: „Kinder sollen spüren, wie gut Bewegung tut. Dieses Jahr waren wir zum Beispiel gemeinsam bouldern, was für viele Kinder ein riesiges Erlebnis war. Dabei geht es nicht nur um Sport, sondern auch um Mut, Selbstvertrauen und Teamgeist.“
Überholtes Rollenbild
Dass der Linzer liebt, was er tut, hat ihn nicht vor überholten Rollenbildern verschont. „Während meiner Ausbildung habe ich oft Kommentare gehört wie ,Du bist sicher nur wegen der vielen Mädchen dort‘ oder ,Als Mann wirst du das ja eh nicht lange machen‘. Es wurde selten ernst genommen, dass ein Mann diesen Beruf aus Überzeugung wählen kann. Heute, wo ich bereits im Beruf stehe, reagieren die meisten Eltern positiv. Doch viele Vorurteile habe ich davor oft gehört und erlebt. Das zeigt, dass unser Bild von pädagogischer Arbeit immer noch stark mit weiblichen Rollen verbunden ist.“
Vielfalt als Chance für Kinder
Der 24-Jährige sieht es als Vorteil, wenn Kinder unterschiedliche Vorbilder erleben dürfen. Auch wenn es als Mann manchmal vielleicht ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl braucht. „Es gibt Situationen, in denen es etwas länger dauert, bis Kinder Vertrauen fassen. Zum Beispiel, wenn sie kaum männliche Bezugspersonen kennen, etwa bei Kindern, die bei einer alleinerziehenden Mutter aufwachsen. Auf der anderen Seite merke ich, wie gut es vielen Burschen tut, einen Mann im Kindergarten zu erleben. Sie sehen dadurch ein anderes Bild von Männlichkeit.“ Wolfgang Schwaiger versucht, aktiv Klischees zu brechen: „Ich spreche offen darüber, dass meine Lieblingsfarbe Rosa ist, erzähle Geschichten von starken Mädchen und einfühlsamen Jungen. Jeder Mensch trägt Stärke und Sensibilität in sich. Und Kinder verdienen es, beide Seiten im Umfeld sichtbar zu haben.“
Besonders bestärken ihn Momente wie dieser: „Vor Kurzem hat mir ein Junge aus meiner Gruppe erzählt, dass er später auch im Kindergarten arbeiten möchte, so wie ich. Solche Momente zeigen, wie wichtig es ist, dass Kinder Männer in pädagogischen Rollen erleben. Sie orientieren sich daran, was sie sehen. Und wenn sie Vielfalt sehen, wachsen auch ihre Vorstellungen von Möglichkeiten. Und gerade weil noch so wenige Männer in diesem Bereich arbeiten, kann jeder einzelne Mann einen großen Unterschied machen.“
Pädagogische Arbeit braucht mehr Anerkennung
Wenn Wolfgang Schwaiger einen Wunsch äußern dürfte, dann jenen nach mehr Wertschätzung für die pädagogische Arbeit: „Die Anforderungen steigen ständig. Wir betreuen nicht nur Kinder, wir begleiten Familien, beraten Eltern, planen pädagogisch, dokumentieren und tragen große Verantwortung. Gleichzeitig bleibt das Bild in der Öffentlichkeit oft bei ,Die spielen ein bisschen mit den Kindern‘.“ Die Rahmenbedingungen und die Bezahlung würden in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Verantwortung stehen.
Für Männer komme dazu, dass sie in diesem Beruf kaum sichtbar sind: „Es gibt wenige Vorbilder und kaum gesellschaftliche Ermutigung. Das müsste sich dringend ändern – durch bessere Arbeitsbedingungen, realistische Gehälter und eine klare Darstellung, wie wertvoll und anspruchsvoll pädagogische Arbeit ist“, so der 24-jährige Elementarpädagoge abschließend.
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