OÖ. Hörverlust ist ein wachsendes Problem in Europa. Dennoch tragen 85 Prozent der Betroffenen kein Hörgerät und sind nur schwer davon zu überzeugen, dass sie schlecht hören. Die Oberösterreichische Landesinnung der Hörakustiker klärt über die wichtigsten Mythen auf. Ein Unternehmen der ersten Stunde, das ein offenes Ohr für das Thema Hören hatte, war vor 20 Jahren Hartlauer.
So mancher kennt den folgenden Dialog: „Jetzt geh doch endlich zum Hörtest“, beschwert sich der Nachwuchs. „Aber ich höre doch gar nicht schlecht – ihr redet nur alle so undeutlich!“, protestiert der Angesprochene. „Während Brillen als modische Accessoires gesehen werden, gibt es gegen das Tragen von Hörgeräten leider noch viele Vorbehalte. Man befürchtet, damit als alt zu gelten“, schildert Peter Gumpelmayer – als Oberösterreichischer Landesinnungsmeister der Hörakustiker mit solchen Argumenten wohlvertraut. „Stattdessen verschwenden Menschen viel Energie damit, zu überspielen, dass sie nicht alles verstehen – und verlieren dadurch immer mehr den Anschluss. Das ist schade!“
Hohe Dunkelziffer
Mehr als 800.000 Menschen in Österreich geben an, dass sie schlecht hören. Bis zum Jahr 2050 soll diese Zahl rund 1,5 Millionen betragen. „Die Dunkelziffer ist aber vermutlich viel höher“, sagt Gumpelmayer. Der Hörverlust erfolgt schleichend. Bei über siebzigjährigen haben Tests ergeben, dass mehr als die Hälfte schlecht hört. Geschätzte 85 Prozent der Betroffenen besitzen kein entsprechendes Hörgerät. Das ist problematisch: Wer seine Umgebung schlecht wahrnimmt, für den wird es schwerer, im Alter ein unabhängiges Leben zu führen und an der Gesellschaft teilzuhaben. Die Gefahr von Unfällen, Folgeerkrankungen und Depressionen steigt. Studien zufolge betragen die Kosten des unbehandelten Hörverlusts inklusive arbeitsmarktrelevanter Kosten europaweit rund 178 Milliarden Euro.
Dennoch sind Betroffene oft schwer zu überzeugen, sich untersuchen zu lassen. „Es gibt sehr viele Vorurteile und Mythen rund um das nachlassende Hörvermögen, die sich aber leicht entkräften lassen“, sagt Gumpelmayer.
Schluss mit Mythen – das stimmt wirklich:
Hörverlust fängt bei bestimmten Tönen an. „Schleichender Hörverlust bedeutet nicht, dass alles insgesamt leiser wirkt. Er äußert sich als erstes darin, dass man bestimmte, meist hochfrequente Töne nicht mehr hört“, erklärt der Landesinnungsmeister. Pfeifen und Zischen werden nicht mehr erfasst und die Unterschiede z.B. zwischen Buchstaben wie „s“ und „f“ und den Worten „reißen“ und „reifen“ nicht mehr erkannt. Dann sollte man dringend einen Hörtest machen. Selbst dann, wenn man prinzipiell auch leise Geräusche wahrnimmt.
Das Gehirn hilft oft, sich über schlechtes Gehör „hinwegzumogeln“ – Erstaunlicherweise verstehen die meisten Menschen nur einen Teil der Worte, die ihnen ihr Gegenüber sagt, tatsächlich. „Das Gehirn hat die fantastische Fähigkeit, aus dem Kontext heraus Worte nachträglich zu entschlüsseln“, erklärt Gumpelmayer. Je weniger Worte aber tatsächlich vom Ohr erfasst werden, oder je müder das Gehirn ist, desto schwerer fällt diese Entschlüsselung. Wer abends schlechter hört, sollte seine Ohren daher von einem Spezialisten kontrollieren lassen.
Nebengeräusche wirken störender. Die Gesprächspartner reden nicht undeutlicher, aber Nebengeräusche werden für Menschen mit wachsendem Hörverlust bei Gesprächen wesentlich störender. Dazu gehören Straßenverkehr, Partylärm und die Geräuschkulisse in Restaurants. „Wenn man diese Umgebungen als zunehmend unangenehm empfindet, kann das mit dem Gehör zu tun haben“, so Gumpelmayer.
Moderne Hörgeräte sind dezent. Die neuesten Hörgeräte verschwinden vollkommen im Gehörgang und sind kaum als solche zu erkennen. Auch das früher störende „Pfeifen“ aufgrund von Rückkopplungseffekten ist längst Geschichte. Dank Richtmikrofonen und digitaler Filterfunktionen kann sich das Gerät an eine Vielzahl von Situationen diskret anpassen.
Ein erster Hörtest ist innerhalb von Minuten erledigt. Die erste Untersuchung, bei der festgestellt wird, ob eine Unterstützung notwendig ist, kostet nur wenige Minuten. „Wer also befürchtet, wahnsinnig komplizierte Tests über sich ergehen lassen zu müssen, kann beruhigt sein – es geht schnell und unkompliziert“, verspricht Gumpelmayer. Erst zur Anpassung des Gerätes werden komplexere Messungen durchgeführt, etwa zum Sprachverständnis.
Schleichender Hörverlust ist „normal“. Die berühmte „Altersschwerhörigkeit“ hängt bei den meisten Menschen nicht mit Traumata zusammen, wie etwa einem lauten Knall, der dem Innenohr schadet. Sie ist oft eine Folge der lebenslangen Lärmkulisse, von der man umgeben ist und in diesem Sinne schwer zu verhindern. Wer aber aufgrund seines Berufs oder seiner Hobbies viel mit Lärm zu tun hat, kann mit einem vom Hörakustiker individuell angepassten Gehörschutz Vorsorge betreiben.
„Es ist uns anlässlich des Tag des Hörens besonders wichtig, zögernden Menschen die Scheu vor dem Verwenden von Hörgeräten zu nehmen“, sagt der Landesinnungsmeister. „Wer lebhaft an der Gesellschaft teilnimmt und sich mit anderen frei austauschen kann, bleibt innerlich jung. Das wollen wir allen Menschen ermöglichen.“
Besser hören seit 20 Jahren
Seit 1999 bietet Hartlauer Hörgeräte an und brüllte von Beginn an auch in der Werbung sehr laut. Dadurch hat das Unternehmen als eines der ersten in Österreich Hörbeeinträchtigungen und deren Linderung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Ende der 1990er-Jahre wagte Franz Josef Hartlauer gemeinsam mit drei Akustik-Experten aus Graz den Einstieg in die Produktion von Hörgeräten in einer kleinen hauseigenen Fertigung. „Damals war das Thema noch mit sehr viel größeren Tabus behaftet als heute. Wir waren schon so etwas wie Pioniere. Gleich zum Start im April 1999 haben wir als erste in Österreich ein digital programmierbares Hörgerät zum Kassentarif angeboten“, erinnert sich Martin Huber, einer der drei Männer der ersten Stunde. Er leitet heute noch den Bereich Hörgeräte bei Hartlauer. Als Hörgeräte-Träger weiß er: “Die Fähigkeit zu hören ist die Basis, um mit anderen Menschen kommunizieren zu können. Sie ist unser Sprachrohr zur Welt, das uns aktiv am Leben teilnehmen lässt.“
Als Robert F. Hartlauer 2000 das Unternehmen übernimmt, lebt er den Pioniergeist seines Vaters weiter. Der Hörgeräte-Bereich wird Schritt für Schritt ausgebaut, im Fokus steht dabei die Qualität der Produkte: Die Elektronik für die Hörgeräte stammt von Technologieführern in den USA und in der Schweiz. Darüber hinaus ermöglicht ab 2001 die Erweiterung der eigenen Hörgeräteproduktion in Graz, damals wie heute eine der modernsten Fertigungen Europas, die individuelle Maßanfertigung für die Ohren der Kunden. „Die 20-jährige Erfolgsgeschichte unserer Hörgeräte freut mich natürlich sehr. Was mich noch viel mehr freut: Dass wir mit unserer Arbeit seit 1999 über 175.000 Österreichern helfen konnten, ihre Hörfähigkeiten entscheidend zu verbessern“, so Robert Hartlauer.
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