Drei Prozent der Oberösterreicher sind "Gurtmuffel"
OÖ. Ein Sicherheitsgurt erhöht die Überlebenschance bei Unfällen um das Achtfache. 2021 besteht die Gurtpflicht in Österreich seit 45 Jahren. Mit drei Prozent zwar nur gering, aber dennoch zu hoch ist der Anteil der „Gurtmuffel“ in Oberösterreich. Um auch diese noch zu bekehren, startet das Infrastruktur-Ressort des Landes OÖ gemeinsam mit den OÖ Transporteuren der Wirtschaftskammer OÖ die neue Kampagne „Jeder Klick rettet Leben“.
„Gurte im Auto retten Leben“, unterstreicht Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner. Das zeige alleine die Unfallstatistik 2015 bis 2019. Der Prozentsatz der ums Leben gekommenen Unfalllenker, die nicht angeschnallt waren, ist gravierend. Rund ein Drittel der tödlich verunglückten Auto-Insassen waren laut Statistik nicht angeschnallt, beinahe jeder dritte Unfall mit Todesfolge wäre demnach vermeidbar gewesen.
Steinkellner verdeutlicht: „Bei einem Aufprall mit 30 km/h Geschwindigkeit ohne Gurt ist das wie ein freier Fall aus vier Metern Höhe, bei 64 km/h endet der Aufprall trotz Airbag wahrscheinlich tödlich, wenn man nicht angeschnallt ist. Daher ist es wichtig, auf die Verpflichtung zum Gurt hinzuweisen. Es geht vor allem um den Selbstschutz, aber auch um den Schutz der Liebsten“, so der Landesrat, der appelliert, sich auch nur für kurze Strecken immer anzuschnallen.
Neue Kampagne
Gemeinsam mit den OÖ Transporteuren der Wirtschaftskammer OÖ startet das Infrastruktur-Ressort des Landes die neue Kampagne „Jeder Klick rettet Leben“. „Bei unserem gemeinsamen Appell steht einen kurzer und wichtiger Klick, der im Ernstfall leben retten kann, im Fokus“, so Steinkellner.
„Wir wollen auch als Verkehrswirtschaft einen Beitrag leisten, Berufskraftfahrer sollen hierbei eine Vorbildfunktion übernehmen“, so auch Wolfgang Schneckenreither, WKOÖ Obmann Sparte Transport und Verkehr.
Kommuniziert wird die Botschaft vor allem auf Bussen des OÖ Verkehrsverbundes, auf Fahrzeugen der Transporteure, entlang der Oö. Landesstraßen, mittels Plakaten und an Videowall-Standorten, sowie im Hörfunk und Print.
45 Jahre Gurtpflicht: Maßnahme zu Beginn umstritten
Vor 45 Jahren wurde in Österreich die Gurtpflicht gesetzlich verankert, „die Maßnahme war bis vor 30 Jahren noch so umstritten wie heute wahrscheinlich die Gesundheitsmaßnahmen“, so Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV).
Waren es bei der Einführung noch 100 Schilling Mindeststrafe, werden aktuell 35 Euro fällig, wen ohne Gurt gefahren wird. Höher fällt die Strafe aus, wenn die Sicherung des mitfahrenden Kindes nicht berücksichtigt wird.
Der KFV fordert aber schon lange, das Gesetz anzupassen: Derzeit wird nur gestraft, wenn man während der Fahrt bzw. unter dem Anhalten nicht angeschnallt ist – sehr schwierig allerdings für die Polizei, dass auch zu kontrollieren. „Es wäre an der Zeit, das zu ändern, damit auch die 3 Prozent erfasst werden könnten. So eine gesetzliche Regelung gibt es nur in Österreich“, kritisiert Thann.
Motive von „Gurtmuffeln“
Das KFV erhebt seit Jahren die Gurtensicherungsquoten in Österreich. Laut letzter Erhebung 2020 unter 50.000 PKW-Insassen zeigt sich, dass 97 Prozent der Lenker die Gurte anlegen, das entspricht auch den OÖ-Zahlen. Drei Prozent der Lenker schnallen sich also nicht an.
Bei den Beifahrern in Oberösterreich zeigt sich, dass zwei Prozent dieser keinen Gurt nehmen, besondere „Gurtmuffel“ finden sich auf der Rückbank: Rund neun Prozent der Oberösterreicher sind hier nicht angeschnallt (Vergleichswert Österreich: acht Prozent).
Gleichzeitig wurden die Zahlen aber auch für mitfahrende Kinder erhoben: Hier zeigen die Zahlen 2020, dass ebenfalls drei Prozent der Kinder in Oberösterreich nicht angeschnallt waren, wofür die Erwachsenen verantwortlich sind.
Ob Bequemlichkeit, Vergesslichkeit, oder „weil man nur schnell wohin muss“ – die Ausreden, keinen Gurt anzulegen, sind vielseitig. Thann nennt weitere Motive: „Das brauche ich nicht“, „das glaube ich nicht“, „meine persönliche Freiheit wird eingeschränkt.“
Er unterstreicht, dass solche „Verweigerer“ leider auch oft generell Hochrisikolenker seien. „Die Verkehrsunfallstatistik belegt, das Gurtverweigerer in deutlich höherem Maße Unfallhauptverursacher sind bzw. alkoholisiert ein Fahrzeug lenken. Die drei Prozent sind eine Minderheit, aber die haben es in sich.“
Ausnahmen von der Pflicht
Es gibt aber grundsätzlich auch gesetzliche Ausnahmen der Gurtpflicht: Sie gilt nicht, wenn der Fahrer einparkt oder nur sehr langsam rückwärts fährt, ausgenommen sind auch Businsassen im Linienverkehr oder Fahrer von Einsatzfahrzeugen, die im Einsatz sind, genauso wie die Müllabfuhr und Taxilenker, aufgrund des Sicherheitsrisikos von Überfällen.
Ebenfalls Ausnahmen gibt es wegen schwerster körperlicher Beeinträchtigung des Benützers, zum Beispiel wenn eine frische Operationsnarbe im Bereich des Gurtverlaufs ist. Ein Sonnenbrand, eine Schwangerschaft oder ein Schlüsselbeinbruch reichen aber nicht als Grund. Ausnahmen gibt es ebenfalls für Oldtimer-Fahrzeuge.
Tipps zum richtigen Anlegen
„Gut gemeint ist nicht gut gemacht“, so Thann, wenn es um das richtige Anlegen des Gurtes geht, vor allem auch bei der Sicherung der Kinder im Auto. „Bei einem Verkehrsunfall können Sicherungsfehler tragische Konsequenzen haben.“
Peter Aumayr, der Leiter der Abteilung Verkehr des Landes OÖ, hat die richtigen Tipps:
Erwachsene: Der Gurt sollte auf der richtigen Höhe sitzen, er kann auf die Körpergröße angepasst werden. Der Gurt sollte in Schulterhöhe anliegen, der Beckengurt sollte möglichst tief unten auf den Hüftknochen sitzen, nicht über dem Bauch. „Das körpernahe Anlegen ist wichtig, damit der Körper beim Unfall nicht unnötig viel Weg zurücklegen muss, bis der Gurt ihn fängt“, so Aumayr.
Dicke Jacken unter dem Gurt, aber auch Gegenstände wie Handy, Kugelschreiber oder Schlüssel sollten vermieden werden. Zudem sollte die Rückenlehne möglichst aufrecht gestellt sein.
Schwangere: Der Beckengurt sollte auch hier auf dem Hüftknochen aufliegen. Der Sitz sollte weit nach hingen geschoben werden. Experten empfehlen einen Abstand von 20 bis 30 Zentimeter zwischen Babykugel und Lenkrad, damit vom auslösenden Airbag keine Gefahr ausgeht.
Kinder: Für Kinder bis 14 Jahre und unter 135 cm Körpergröße braucht es entsprechende Kindersitze. Die Gurte sollten immer möglichst straff am Körper liegen, dicke Kleidung sollte vermieden werden. Die Gurte sollen nicht verdreht werden.
Aumayr appelliert auch, vor allem im Internet erhältliche Gurtschnallenimitate nicht zu verwenden, um das Warnsystem der Autos zu umgehen. „Mit einem solchen Dummy betrügen Fahrzeuginsassen sich letztendlich selbst“, so Steinkellner und Aumayr.
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