„Es ist wirklich wichtig auch mit den Gewalttätern zu Arbeiten“
LINZ. Bereits sieben Frauenmorde mussten in Österreich 2021 bisher verzeichnet werden. Um die Gewaltspirale zu vermeiden, die dorthin führt ist auch Täterarbeit wichtig.
„Frauenmorde sind die schlimmst mögliche Eskalation. Mindestens jede fünfte Frau ist in Österreich von häuslicher Gewalt betroffen. Wir vermuten, dass die Dunkelziffer noch viel höher ist. Die aufgrund der Corona-Pandemie notwendigen Ausgangsbeschränkungen und die wirtschaftliche Krisensituation erhöhen gerade jetzt die Gefahr“, beschreibt Frauenstadträtin Eva Schobesberger die aktuelle Situation. Dabei betrifft Gewalt betrifft alle Schichten und viele Gesichter. Meist sogar das eines geliebten Menschen. Dies ist – neben Abhängigkeitsverhältnissen – mit ein Grund warum es Frauen oft schwer fällt sich aus Gewaltbeziehungen zu lösen. „Der Gewalttäter hat auch positive Seiten. Jeder Mensch ist nicht nur böse oder nur gut“, so Eva Schuh, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums OÖ. Ein weiteres Problem: Täter werden oft in neuen Beziehungen wieder gewalttätig. Eine neue Kooperation zwischen dem Gewaltschutzzentrum OÖ und dem Familienzentrum Pichling zielt nur darauf ab durch opferschutzorientierte Täterarbeit Gewaltverhalten zu verhindern und zu beenden.
Mangelndes Bewusstsein
„Der Unterschied ist der, dass wir in Bereichen vernetzt arbeiten“, erklärt Markus Kraxberger, Leiter des Familienzentrums Pichling. Dies sei nicht automatisch der Fall, für eine effektive Täterarbeit aber besonders wichtig. „Denn es sind die Blickwinkel oft sehr unterschiedlich. Wenn wir das vergleichen, dann hat man den Eindruck, Opfer und Täter kommen nicht aus der gleichen Familie“, schildet Kraxberger. Oft hätten die Täter kein Bewusstsein, wie ihre Handlungen ankommen. „Es kann sein, dass ein Täter eine Drohung ausstößt, und er selber sich gar nicht bewusst ist, wie bedrohlich diese Aussage ankommt.“ Auch mangle es an Selbstverantwortung. Die Täter suchen die Schuld für ihr Verhalten bei der Frau. „Es ist ein Verhaltensmuster, dass man über Jahrzehnte erlernt hat, dass kann man nicht von heute auf morgen ändern“, erklärt Schuh. „Deshalb ist es wirklich wichtig mit Gewalttätern zu arbeiten. Dann geht es darum, dass sich die Täter kontrollieren lernen.“ Es gilt Mitgefühl zu entwickeln und zu lernen eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu führen. Respekt für die Partnerin und Gleichberechtigung sind grundlegende Ziele.
Gewalt vermeiden
„Wir leben aber in einer Gesellschaft, wo wir in eine Schieflage haben. Das ist ein strukturelles Problem“, bedauert Schobesberger. Dementsprechend gibt es auch Angebote, die schon vor der Gewalteskaltion ansetzten. Dazu wurde im Familienzentrum Pichling ein spezielles Beratungssystem entwickelt: Ein Berater arbeitet mit dem Mann und die Beraterin mit der Frau. Dies erhöht die Erfolgschancen der Beratung massiv.Noch früher setzten die Väter-Kurse des Familienzentrums an. „Die meisten Männer, nehmen sich vor, dass sie aktive Vaterschaft leben“, schildert Kraxberger. Dies wird den Männern nicht unbedingt leicht gemacht, so auch im Fall eines Schlossers der in Karenz gehen wollte. „Der hat so viel blöde Sprüche in der Arbeit anhorchen müssen, dass er dann irgendwann aufgegeben hat und gesagt hat, er macht dass doch nicht.“ Diese Ungleichheit könne auch zu Spannungen und somit Gewaltverhalten führen.
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