Künstliche Blase bewahrt Achtjährige vor Dialyse
LINZ. Angeborene Fehlbildungen der Nieren und der Harnwege erfordern von Anfang an die intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten der Kindernephrologie sowie der Kinderurologie. Das Ordensklinikum Linz bietet genau diese Kooperation, um komplexe Erkrankungen dieser jungen Patienten mit einer hohen Expertise zu behandeln. Und dies über die Grenzen Österreichs hinaus, wie das Beispiel einer jungen Patientin aus Bulgarien zeigt.
Die Kinderurologische Abteilung am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern ist als nationales Referenzzentrum für Kinderurologie weit über Österreichs Grenzen hinaus anerkannt und eine der größten Abteilungen für seltene kinderurologische Erkrankungen in Europa. Die Voraussetzung dieser Entwicklung liegt in der gemeinsamen Infrastruktur der Abteilungen Pädiatrie, Kinderanästhesie und -urologie. Die dadurch entstehende interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen reicht für die Patienten von der pränatalen Diagnose über die Betreuung des Neugeborenen, des Säuglings sowie des Kindes bis hin zur Übergabe an die Erwachsenenmediziner von Urologie und Nephrologie nach dem 18. Geburtstag.
Gemeinsame medizinische Versorgung
Kinder mit einer angeborenen urologischen Erkrankung werden am Ordensklinikum Linz ganzheitlich betreut. Josef Oswald, Vorstand der Abteilung Kinderurologie am Ordensklinikum Linz: „Um den jungen Patientinnen und Patienten die beste medizinische Betreuung zu bieten, sind gemeinsame Visiten und Besprechungen, sowie der rege Meinungsaustausch zwischen der Kinder- und Jugendheilkunde und der Kinderurologie, fix im klinischen Alltag verankert.“
„Bis zum 18. Lebensjahr kümmern sich die Expertinnen und Experten der Kinder- und Jugendheilkunde sowie die der Kinderurologie um die jungen Patienten, wodurch auch eine enge Bindung zur ganzen Familie aufgebaut wird. Leichte Fälle von Fehlbildungen des Urogenitaltraktes können gut medikamentös behandelt werden und im Idealfall weisen die Patienten keine Beschwerden auf“, sagt Martin Henkel, Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Ordensklinikum Linz. Bei schweren Fehlbildungen benötigen Patienten chirurgische Korrektureingriffe an Harnröhre, Blase, Harnleiter oder Niere, bei schweren angeborenen Fehlbildungen ist im Verlauf der Erkrankung eine Dialyse und später eine Nierentransplantation nötig.
Diagnostik von Fehlbildungen bereits vor der Geburt
„Festgestellt werden angeborene Fehlbildungen von Niere und Harntrakt bereits vor der Geburt, in einem pränatalen Ultraschall“, erklärt Henkel. „Sobald eine Fehlbildung diagnostiziert wurde, erfolgt die gemeinsame Planung von Geburtshilfe, Neonatologie, Kindernephrologie und Kinderurologie.“
Direkt nach der Geburt wird das Neugeborene sowohl von den nephrologisch spezialisierten Kinderärzten als auch den Kinderurologen betreut. Aus kinderärztlicher Sicht steht dabei die Behandlung der verminderten Nierenfunktion im Vordergrund: ausreichendes Gedeihen und die Gewichtszunahme des Säuglings sind das oberste Ziel. Dafür ist auch oft eine spezielle Zusatznahrung notwendig. Zudem muss auf Störungen des Säure-Basen-Haushaltes, der Blutsalze und des Knochenstoffwechsels geachtet werden. „Problematisch wird es immer, wenn beide Nieren von der Fehlbildung betroffen sind“, betont Primar Henkel.
Die Kinderurologen gewährleisten die nötigen Korrekturen angeborener Harntransportstörungen bzw. Fehlbildungen von Niere, Harnleiter, Blase und Harnröhre. „Am Wichtigsten ist der Erhalt der Nierenfunktion der jungen Patienten. Notwendige chirurgische Eingriffe müssen deshalb so schnell wie möglich erfolgen, um spätere Nierenschäden zu verhindern“, erklärt Oswald.
Künstliche Blase bewahrt junge Patientin vor Dialyse
Ein solcher Eingriff wurde zum positiven Wendepunkt im Leben einer jungen Patientin aus Bulgarien. Die achtjährige Yoana Balabanova aus Sofia leidet an einer neurogenen Blasenfunktionsstörung. Betroffene haben Probleme bei der Blasenentleerung, neigen zu unkontrolliertem Urinverlust und leiden nicht selten unter Blasenhochdruck. Die sogenannte „neurogene Blase“ bedeutet einen enormen Leidensdruck für die kleinen Patienten und kann zu lebensgefährlichen Schäden an den Nieren führen. Bei Nichtbehandlung oder zu später Behandlung müssen Kinder oft in jungen Jahren bereits zur Dialyse.
An der Kinderurologischen Abteilung des Ordensklinikum Linz wurde der Achtjährigen nun in einem siebenstündigen Eingriff eine künstliche Blase aus Dünndarm eingesetzt. Eine Operation, die die junge Patientin vor der Dialyse bewahrt. „Im Fall von Yoana waren die Nieren aufgrund der Blasenfunktionsstörung schon beschädigt. Ohne Operation wäre sie in den kommenden Jahren auf eine Dialyse angewiesen“, betont Abteilungsleiter Josef Oswald.
An der „Blasenschule“ der Kinderurologie des Ordensklinikum Linz lernt Yoana nun gemeinsam mit der Urotherapeutin Anita Silye ihre neue Blase mittels Selbstkatheterismus ohne fremde Hilfe und vor allem schmerzfrei zu entleeren. „Wir sind sehr begeistert und dankbar für die Behandlung, die Yoana erleben durfte. Wenn wir einen Preis vergeben könnten, dann ginge der an Primar Oswald und sein Team“, freut sich Svetlana Mavrova über die gelungene Behandlung ihrer Tochter.
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