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"Geht's dem Kind gut, geht's auch den Eltern gut, in jedem Fall besser als vor der Therapie"

Nora Heindl, 13.10.2021 18:05

LINZ. Wenn ein Kind am Knie blutet, liegt es auf der Hand, die Wunde mit einem Pflaster zu verarzten. Doch wann braucht ein psychisch belastetes Kind professionelle Hilfe? Gibt es Warnsignale? Und wie sehr nimmt Corona Einfluss auf die psychische Gesundheit der Kinder? Anlässlich des Internationalen Tages der psychischen Gesundheit (10. Oktober) hat Tips beim Verein Kinderhilfswerk nachgefragt.

Für die Kindertherapie stehen in der Beratungsstelle Spielsachen, (Therapie-) Puppen, Brettspiele, Mal- und Bastelmaterialien sowie eine Schutzhöhle zur Verfügung. Auch ein Tischfußball- sowie ein Tischtennistisch, ein Boxsack und ein kleines Trampolin kommen zum Einsatz, besonders bei lebhaften Burschen. (Foto: Kinderhilfswerk)

„Die Folgen der Corona-Maßnahmen wirken sich unmittelbar auf unsere Arbeit in der Beratungsstelle aus“, berichtet Rudolf Fessl, der fachliche Leiter des Vereins Kinderhilfswerk mit Beratungsstelle in Linz. Seit Mai 2020 hat sich die Nachfrage nach Beratung und Therapie verdreifacht. „Wir verzeichnen rund 100 Anfragen pro Monat“, so Fessl. Insgesamt wurden im Vorjahr 5.200 kostenlose Therapieeinheiten mit Unterstützung der Gesundheitskasse oberösterreichweit abgehalten.

Ängste haben zugenommen

„Bei den jüngeren Kindern nehmen wir eine deutliche Zunahme bei Ängsten und Zwangsstörungen wahr. Bei den Jugendlichen haben depressive Symptome, Essstörungen sowie Suizidgedanken und -versuche zugenommen“, weiß der Familien-, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut.

Hauptauslöser sind neben der Sorge, dass ein Familienmitglied schwer an Corona erkranken oder versterben könnte, etwa der drohende Arbeitsplatzverlust der Eltern und die damit verbundene Angst vor Armut, „denn alles, was die Eltern fühlen, überträgt sich auch auf das Kind“, macht Fessl deutlich.

Warnsignale für Eltern

Grundsätzlich ist der Weg zu professioneller Hilfe immer dann angebracht, wenn problematische Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum anhalten. Also wenn ein Kind über Wochen traurig und antriebslos wirkt, Ein- oder Durchschlafprobleme hat, seine Freunde nicht treffen möchte und sein geliebtes Hobby aufgibt, dann müssen bei den Eltern die Alarmglocken läuten. Auch anhaltende körperliche Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen sind ein Warnsignal dafür, dass es sich nicht nur um eine „schlechte Phase“ handelt.

„Eltern haben in der Regel ein gutes Gespür dafür, wann der Punkt gekommen ist, Hilfe von außen zu holen“, weiß Rudolf Fessl. „Ich kann jede Mutter und jeden Vater nur ermutigen, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und nicht zu glauben, man könne eine psychische Krise gemeinsam mit dem Kind aussitzen. Wartet man zu lange ab, können Belastungen, die mit Psychotherapie relativ rasch abgefangen werden, chronisch werden.“

Eltern mit an Bord holen

Neben der Therapiearbeit mit den Kindern setzen die Psychotherapeuten auch auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern. „Die funktionierende Eltern-Kind-Beziehung hat maßgeblichen Einfluss auf die psychische Gesundheit von Kindern“, erklärt Rudolf Fessl. „Viele Eltern berichten uns, dass sich die Beziehung im Laufe der Zeit deutlich verbessert und das Familienleben harmonischer verläuft. In der Elternberatung lernen sie, seelische Belastungen und damit einhergehende Verhaltensweisen zu verstehen, einzuordnen und besser damit umzugehen. Man könnte sagen: Geht es dem Kind gut, geht es auch den Eltern gut, in jedem Fall besser als vor der Therapie!“


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