Welttag der Freiwilligkeit (5. Dezember): Freiwillige sind unverzichtbar
OÖ/GMUNDEN/LINZ. Wachsende Armut, Gesundheitskrisen, die Folgen der Klimaerwärmung, mangelnde Chancengerechtigkeit und zunehmende Vereinsamung. Krisen stellen uns vor große Herausforderungen – Freiwillige sind für deren Bewältigung unverzichtbar.
Abends an der Dienststelle Gmunden: Michael Grininger bereitet sich mit seinen Kollegen auf den heutigen Dienst vor. Ein Verkehrsunfall, ein Krankentransport oder vielleicht eine Geburt. Er und sein Team sind gespannt, was sie in dieser Nacht erwartet. „Ich engagiere mich gerne im OÖ. Roten Kreuz und mache in der Regel einmal die Woche einen Dienst“, erzählt Grininger, der sich trotz vieler Termine immer gerne Zeit für sein Engagement im Roten Kreuz nimmt. Beruflich leitet er die Bereiche Human Resources, Recht und Versicherung bei der Firma ENGEL, ein Unternehmen das weltweit ca. 7.000 Mitarbeiter beschäftig.
Seit 1994 engagiert sich der Gmundner freiwillig im Rettungsdienst, ist seit 20 Jahren im Ortsstellenausschuss vertreten, davon mehr als 15 Jahre stellvertretender Ortsstellenleiter. „Das Rote Kreuz ist bedeutender Baustein in meinem Leben, den ich nicht missen möchte. Mein Zivildienst vor über 30 Jahren entfachte meine Verbundenheit und begeisterte mich für die Werte der Menschlichkeit, die im Roten Kreuz täglich gelebt werden. Jeder Dienst bringt auch positive Herausforderungen mit sich, die mich motivieren.“
Ähnlich sieht das auch Sandra Aigelsreiter aus Linz, die sich seit 2018 freiwillig im OÖ. Roten Kreuz engagiert. Sie leitet Ersthelfer-Kurse, managt als Ortsstellenleiterin mit einem hervorragenden Team den Betrieb an der Dienststelle Linz-Süd und ist Inhaberin eines Elektrofachhandels mit acht Mitarbeitern in Linz. „Ich übernehme gerne Verantwortung und will mich mit meinem Engagement unsere Gesellschaft mitgestalten. Die erlebte Dankbarkeit der Menschen motiviert mich, genauso wie die vielen Freundschaften, die durch das gemeinsame Engagement im Roten Kreuz entstehen.“
Freiwilligkeit ist nicht selbstverständlich und hat einen unschätzbaren Wert
Ob beim Roten Kreuz, bei der Feuerwehr, im Sportverein, in der Gemeinde, im Kulturbereich, in der Nachbarschaftshilfe und bei Rettungs-, Hilfs- oder Zivilschutzorganisationen. Sechs von zehn Oberösterreichern engagieren sich freiwillig - 23.200 davon beim OÖ. Roten Kreuz.
Die Freiwilligen kommen aus allen Teilen der Bevölkerung und sind der Motor einer gerechten, gemeinwohlorientierten Gesellschaft. Ihr gemeinsames Engagement macht Mut, Krisen bestmöglich zu begegnen. Gleichzeitig vermittelt es Sinn, gibt Sicherheit, bereichert die persönliche Entwicklung, erweitert den persönlichen Erfahrungsschatz und macht Menschen zu systemrelevanten Persönlichkeiten in einer solidarischen Gemeinschaft.
Krisen wie Corona, Fluchtbewegungen, Hochwässer und andere Großschadensfälle wären ohne viele freiwillige Helfer kaum zu bewältigen. „Nur, wenn wir füreinander da sind, geht es uns allen besser“, sagt OÖ. Rotkreuz-Präsident Walter Aichinger mit Hinblick auf das unermüdliche Engagement unzähliger Freiwilliger in Oberösterreich: „Freiwillige halten unsere Gesellschaft am Laufen, sichern ein Hilfe-Netzwerk und profitieren auch selbst von ihrem Engagement.“
Hilfe sicherstellen heißt, Zivilgesellschaft neu denken
Zunehmender Zeitdruck, der rasante digitale Wandel und immer neue Herausforderungen beeinflussen jedoch die Strukturen für freiwilliges Engagement. Eine Folge: „Für die Menschen wird es herausfordernder, zeitlich verfügbar zu sein. Gleichzeitig merken wir, dass das Anspruchsdenken in unserer Gesellschaft steigt“, sagt Aichinger. „Wir müssen uns fragen, ob wir Hilfe auch in Zukunft gewährleisten können. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass sich Menschen freiwillig engagieren.“
Um Hilfe nachhaltig zu sicherzustellen, müsse der Wert der Freiwilligkeit und der einzelne Mensch im Mittelpunkt von Zukunftsentscheidungen stehen. Bei näherem Betrachten des Freiwilligenwesens in Oberösterreich, zeigt sich vieles im Wandel.
Nur einige Beispiele: Um nachhaltig Hilfe zu gewährleisten wird es künftig noch entscheidender sein, neue Freiwillige zu finden und zu halten. Eine weitere Herausforderung wird sein, die Bedürfnisse aller Generationen zu berücksichtigen. Es ist auch wichtig, Menschen mit Migrationshintergrund noch stärker für ein freiwilliges Engagement zu motivieren und sie so noch besser in die Gesellschaft einzubinden. Zum anderen gewinnt die Frage nach Sinn im Leben immer mehr an Bedeutung. „Freiwilliges Engagement stiftet Sinn und liefert Menschen Energie für ein erfülltes Leben“, so Aichinger.
Freiwilligkeit ist entscheidend, um Krisen bestmöglich entgegenzutreten
„Wir müssen gemeinsam auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren, die Kraft der Freiwilligkeit stärken und das Bedürfnis des Menschen nach sinnstiftender Tätigkeit berücksichtigen“, betont der OÖ. Rotkreuz-Präsident. „Dazu braucht es eine laufende Anpassung der Rahmenbedingungen für das Freiwilligenwesen“, appelliert er an die Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft.
Beispiele dafür sind:
- eine stärkere Berücksichtigung freiwilligen Engagements bei Bewerbungen und Aufnahmetests in öffentlichen Unternehmen und Institutionen
- ein Fonds zur Förderung der Freiwilligen-Strukturentwicklung von Freiwilligenorganisationen. Die zu schaffenden Strukturen ermöglichen es, genügend Freiwillige zu gewinnen, zu begleiten und zu halten. So kann man in Notsituationen handeln und Krisen entgegentreten.
- das Schaffen von Fördermodellen für Unternehmen, um die Freiwilligkeit zu unterstützen und eine Auszeichnung von Betrieben, die sich besonders für das freiwillige Engagement ihrer Mitarbeiter einsetzen sowie günstige Rahmenbedingungen für Freiwilligkeit schaffen.
- Vergünstigungen für Freiwillige (z.B. vergünstigte Eintritte in Kommunalbetrieben wie Hallen- oder Freibäder, öffentliche Verkehrsmittel, Museen und Kultureinrichtungen).
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