Weniger Insolvenzen in OÖ im ersten Quartal 2020, aber gravierende Auswirkungen erwartet
OÖ/LINZ. Die Unternehmensinsolvenzen in Oberösterreich sind im ersten Quartal 2020 im Vorjahresvergleich um 20,8 Prozent auf 126 Pleiten gesunken, zeigt die Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbandes KSV1870. Stark zurückgegangen sind auch die Privatinsolvenzen. Aufgrund der aktuellen Situation wird für das dritte Quartal 2020 aber ein gravierender Anstieg prognostiziert.
Um 20,8 Prozent weniger Unternehmensinsolvenzen in Oberösterreich wurden gezählt von Jänner bis März 2020, 126 Firmen mussten Insolvenz anmelden. Die eröffneten Privatinsolvenzen sind in Oberösterreich gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 20,2 Prozent auf 263 Fälle gesunken.
Mehr betroffene Arbeitnehmer
Mit 790 von Insolvenzen betroffenen Arbeitnehmern liegen die negativen Auswirkungen der Insolvenzen des heurigen Jahres jedoch deutlich über dem Vergleichswert des Vorjahres von 290 betroffenen Arbeitsplätzen, dies bedeutet ein Plus von über 172 Prozent. Dieser statistisch hohe Wert resultiere aus personalintensiven Großinsolvenzen wie Wick Fenster & Sonnenschutz GmbH (Linz) oder P.M.T. Personalmanagement & Handelsagentur GmbH (Linz), erläutert Petra Wögerbauer, Insolvenzexpertin des KSV1870 am Standort Linz.
Drei Branchen besonders stark betroffen
In Oberösterreich besonders stark betroffen waren das Gastgewerbe und die unternehmensbezogenen Dienstleister mit jeweils 25 Insolvenzen, gefolgt von der Bauwirtschaft mit 18 Insolvenzfällen. Die Branche der unternehmensbezogenen Dienstleister umfasst Tätigkeiten, die von Unternehmen in Anspruch genommen werden, wie zum Beispiel in den Bereichen Immobilien, Finanzen, Reinigungs- und Wachdienste sowie Werbeagenturen.
Wirtschaft: Prognose für 2020
Derzeit unternimmt die Regierung große Anstrengungen, um eine Insolvenzwelle hintanzuhalten bzw. hinauszuzögern. Bis dato waren betroffene Unternehmer verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen eine Insolvenz zu beantragen, wenn entsprechende Insolvenzvoraussetzungen vorliegen und gleichzeitig auch eine negative Zukunftsprognose besteht. Diese Frist wurde auf 120 Tage ausgeweitet. Finanz und Gesundheitskassen haben eine Form des Moratoriums auf Konkursanträge vorgesehen, sodass in den nächsten Wochen diese Anträge ausbleiben werden.
„Aus heutiger Sicht ist im 2. Quartal 2020 mit keinem signifikanten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen zu rechnen. Gravierende Auswirkungen auf die in den letzten Jahren auf Tiefstand befindlichen Insolvenzzahlen erwarten wir ab dem dritten Quartal 2020“, analysiert Wögerbauer.
Die Hilfspakete der Regierung seien absolut notwendig, um einen Insolvenz-Tsunami zu verhindern. Aber man dürfe nicht übersehen, dass es auch bei Unternehmen so etwas wie Vorerkrankungen gibt, die in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten zu besonderen Risikofaktoren werden und das wirtschaftliche Ende bedeuten können.
263 Privatkonkurse, kein seriöser Ausblick möglich
263 Privatkonkurse wurden in den ersten drei Monaten des heurigen Jahres bei den oberösterreichischen Bezirksgerichten eröffnet. Das sind um 20,5 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die angemeldeten Verbindlichkeiten sinken von 41 Millionen Euro auf 27 Millionen Euro, das bedeutet einen Rückgang um 34 Prozent.
„Ein seriöser Ausblick auf das gesamte Jahr ist heute noch nicht möglich. In den letzten drei Wochen sind die Eröffnungen in Oberösterreich nahezu völlig eingebrochen. Dies hat damit zu tun, dass die Schuldenberatung im Bereich privater Schuldner weitgehend einen persönlichen Kontakt braucht und diese Beratungen vorübergehend stark reduziert worden sind. Im zweiten Quartal könnte der Andrang bei Schuldenberatern steigen, denn die Arbeitslosenzahlen sind massiv gestiegen. Einkommensverminderung wegen Arbeitsplatzverlust oder nunmehr auch wegen Kurzarbeit ist bei Konsumenten, die hart an der Leistungsfähigkeit verschuldet sind, eine der häufigsten Ursachen für die Privatinsolvenz. Nicht zu vergessen sind die ehemals Selbstständigen mit hohen Schuldenbergen aus Haftungen für unternehmerische Verbindlichkeiten. Ob es im Bereich des Privatkonkurses zu einer Insolvenzwelle kommt, die im dritten und vierten Quartal einsetzen könnte - wenn die Bezirksgerichte die einlangenden Anträge abarbeiten - hängt weitgehend davon ab, wie schnell ein Normalniveau an wirtschaftlicher Aktivität und Beschäftigung wieder hergestellt werden kann“, erläutert Wögerbauer.
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