Streit um Notvergabe: Zugverbindungen auf Weststrecke sollen drastisch ausgedünnt werden
WIEN/OÖ/NÖ. Die ÖBB und auch die WESTbahn reduzieren ab 8. Februar die Zahl der Verbindungen zwischen Wien und Salzburg, teilen die Unternehmen mit - bei den ÖBB schrittweise um bis zu 50 Prozent. Die Notvergabe ist mit Sonntag, 7. Februar ausgelaufen, sie hat besagt, dass der Bahnverkehr auf der Weststrecke auch während der Pandemie umfassend aufrechterhalten werden muss. Breite Kritik folgt umgehend, auch aus Oberösterreich.
Um den Bahnverkehr zwischen Wien und Salzburg auch während der Covid-19 Pandemie umfassend aufrechtzuerhalten, gab es bis einschließlich Sonntag, 7. Februar 2021 auf der Weststrecke im Rahmen einer Notvergabe Zugverbindungen, die vom Bund bei den ÖBB und der WESTbahn bestellt und finanziert wurden. 45 Millionen Euro wurden dafür im November 2020 zur Verfügung gestellt.
Wie die WESTbahn und die ÖBB informiert wurden, erfolgt keine weitere Verkehrsdienstebestellung ab 8. Februar, teilt die WESTbahn in einer Aussendung mit. Mit dem Auslaufen dieser Notvergabe werden die ÖBB ihr Verbindungsangebot zwischen Wien und Salzburg nach dem 8. Februar schrittweise um bis zu 50 Prozent reduzieren, teilen die Bundesbahnen mit.
ÖBB: Derzeit 30 Prozent Auslastung
Derzeit hätten die Verbindungen zwischen Wien und Salzburg eine Auslastung von 30 Prozent, „die ÖBB können ihr bisheriges, umfassendes Verkehrsangebot aufgrund der sehr schwachen Auslastung eigenwirtschaftlich nicht weiter aufrechterhalten. Mit dem reduzierten Angebot ab 8. Februar wird die aktuelle Kundennachfrage auf der Weststrecke gedeckt und weiterhin sicheres Reisen mit der Bahn ermöglicht“, so in der Mitteilung.
Entsprechend den weiteren Lockerungsschritten in der Covid-Prävention würden die ÖBB ihr Verkehrsangebot in den nächsten Wochen und Monaten dann ebenfalls aber schrittweise auch wieder hochfahren.
Gegenseitige Ticketanerkennung endet
Zusätzlich endet ab 8. Februar auch die gegenseitige Ticketanerkennung zwischen ÖBB und WESTbahn - somit sind dann in den Zügen der ÖBB nur mehr ÖBB-Tickets gültig.
Die WESTbahn sieht die Absage der Verlängerung gesundheitspolitisch kritisch: „Mit der Öffnung des Handels ab 8. Februar und dem Vor-Ort-Unterricht der Schulen nach den Semesterferien ist mit einer steigenden Nachfrage in den Taktzügen der Weststrecke zu rechnen. Um den Anforderungen an die Abstandsregeln einigermaßen gerecht werden zu können, müssten in dieser Situation sogar noch mehr Zugverbindungen bestellt werden. So aber muss der Zugverkehr umgehend reduziert werden.“
Gewessler und Blümel schieben Ball umher
Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) fordert von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), die Notvergabe zu verlängern. Laut Gewessler brauche es die Zustimmung des Finanzministeriums. Blümel spielt den Ball dagegen wieder zurück. Er sieht die Zuständigkeit beim Verkehrsministerium.
Scharfe Kritik aus Oberösterreich: „Faustschlag ins Gesicht der Pendler“
Von einem „Faustschlag ins Gesicht der Pendler“ spricht Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ). Er bittet alle handelnden Akteure, schnell Gespräche aufzunehmen, um Lösungen vorlegen zu können. Ab morgen drohe zahlreichen Pendlern das sprichwörtliche „im Regen stehen gelassen zu werden“. Steinkellner: „Oberösterreich hat mit der Umstellung der Ferienpläne großen Aufwand betrieben, um den Schulbeginn bestmöglich gestalten zu können. Dass man eine Woche vor Schulbeginn nun das Fernverkehrsangebot so rigide dezimiert ist an Skurrilität kaum mehr zu überbieten. Vonseiten der Länder hat man den regionalen Zugverkehr in gewohnter Qualität aufrechterhalten“, so Steinkellner. Er verweist darauf, dass der Fahrplan der Weststrecke eng mit dem Regionalverkehr verzahnt sei. „Kurzum dieses Vorgehen ist für die Fahrgäste der Bundesländer Salzburg, Niederösterreich und Oberösterreich ein Faustschlag ins Gesicht“, so Steinkellner.
Sein Parteikollege, LH-Stellvertreter und stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ Manfred Haimbuchner spricht von „innerkoalitionären Machtspielchen auf dem Rücken der Bevölkerung. Bundesfinanzminister Blümel dreht den Geldhahn zu, um die Grünen für ihre öffentliche Kritik an der ÖVP in Asylfragen abzustrafen“, wirft Haimbuchner der Bundesregierung vor. Zudem sei insbesondere für ein privates Unternehmen wie die WESTbahn, die nur die Weststrecke befährt, sei ein plötzliches Kappen der Notvergabe eine Katastrophe. „Wenn die Bundesregierung Einsparungen vornehmen will, dann soll sie den Rotstift bei der überbordenden öffentlichen Verwaltung und Bürokratie ansetzen. In der Krise Hilfsgelder zu streichen, ist jedenfalls der grundfalsche Weg“, so der LH-Stellvertreter.
Kaineder fordert breiten „OÖ-Schulterschluss“
„Die Bahn und ganz besonders die Westbahnstrecke ist das Rückgrat des Öffentlichen Verkehrs in Österreich. Jetzt ist Pragmatismus und Weitsicht gefragt. Wir brauchen starke und leistungsfähige Bahnunternehmen für die Zeit nach der Pandemie. Die Bahn ist unverzichtbar für eine klimafreundliche Mobilität und darf jetzt nicht zusätzlich in Bedrängnis gebracht werden. Wenn Zugverbindungen einmal gestrichen werden, bleibt vielen Pendlern nur mehr das Auto. Ich fordere einen breiten OÖ-Schulterschluss für die Westbahn, damit Pendler und das Klima nicht unter die Räder kommen. Herr Landeshauptmann Stelzer machen wir uns gemeinsam beim Finanzminister stark, für eine Lösung mit Hausverstand und Weitsicht“, so Klima-Landesrat und Stv. Bundessprecher der Grünen Stefan Kaineder.
Ruf nach Zuständigkeiten
SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger fordert ebenfalls die rasche Verlängerung der Notvergabe, „ÖBB und Westbahn brauchen Planungssicherheit, um die Mobilität der Pendler sicherstellen zu können.“ Er fordert den Finanzminister auf, die Zustimmung zur Notvergabe sofort zu erteilen.
Das Verkehrsministerium müsse eine Lösung im Sinne der Pendler finden, meint hingegen OÖVP-Klubobmann Christian Dörfel. „In Zeiten wachsender Arbeitslosigkeit ist es absolut unverständlich, den Pendlern den Weg zu Arbeitsplätzen jetzt zu erschweren“, so Dörfel. „Wir gehen davon aus, dass der Bund und insbesondere das Verkehrsministerium eine rasche Lösung herbeiführt.“
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